Der französische Staat will die antifaschistische Jugendgruppe Jeune Garde (Junge Garde) verbieten. Jeune Garde rief deshalb am 1. Mai dazu auf, gegen den aufkommenden Faschismus kämpferisch auf die Straße zu gehen und als Antifaschist:innen zusammen zu stehen.
Die Jeune Garde (Junge Garde) wurde 2018 von Raphaël Arnault in Lyon gegründet. Arnault ist der Sprecher für Jeune Garde und ein antifaschistischer Politiker der Partei La France Insoumise. Die Jeune Garde ist derzeit in zahlreichen Großstädten in ganz Frankreich aktiv. Ziel der antifaschistischen Gruppe ist es, gegen faschistische Aufmärsche und Gewalt durch Faschist:innen vorzugehen.
In den letzten Jahren war die Jeune Garde auch gegen die Rentenreformen in Frankreich, gegen einen möglichen Wahlsieg des Rassemblement National (RN) und gegen den Genozid in Gaza auf der Straße. Bei ihren Aktionen konzentriert sich die Jeune Garde auf Proteste auf der Straße und hält regelmäßig Kundgebungen ab.
Dieser Antifaschismus ist dem französischen Staat offensichtlich ein Dorn im Auge. Denn der französische Innenminister Bruno Retailleau (Partei: Les Républicains) hat am Dienstag, dem 29. April, ein Verbotsverfahren gegen Jeune Garde eingeleitet. Am Tag darauf, am Vorabend des 1. Mai, setzte er zwei weitere Verbotsverfahren in Gang. Zum einen gegen die rechte Gruppierung Lyon Popular und zum anderen gegen die palästina-solidarische Gruppe Urgence Palestine.
Die Jeune Garde solidarisierte sich umgehend mit Urgence Palestine und stellte sich geschlossen gegen die Auflösung der Gruppe.
„Lasst uns am 1. Mai alle Jeune Garde sein!“
Auf Instagram veröffentlichte Jeune Garde eine Stellungnahme zu dem eingeleiteten Verbotsverfahren. Darin fordern sie alle Gruppen, Parteien und Einzelpersonen, welche die Aktionen der Jeune Garde für legitim erachten, dazu auf, Stellung zu beziehen und aktive Solidarität zu üben.
Sie schreiben, dass sie ihre Organisation gegründet hätten, um etwas gegen die Gewalt, die Faschist:innen in ihrer Nachbarschaft und in ihren Schulen verüben, tun zu können. Der französische Staat setze sich nicht dafür ein, diese Gewaltverbrechen angemessen zu bestrafen. Ihr Ziel dabei sei es, sich dem Faschismus und dessen politischen Konsequenzen entgegenzustellen.
Zu ihrer drohenden Auflösung schreiben sie, dass man die Funktion des Verbotsverfahren verstehen müsse: Das Verfahren solle die kollektive Hoffnung auf das Recht auf Selbstverteidigung auslöschen. Der Staat inszeniere sich als allmächtig, obschon er heute eher zur Unterdrückung als zum Schutz neige. Um ihre These zu untermauern, beziehen sie sich auf die Gelbwesten-Bewegung, auf die Aufstände in Sainte-Soline oder Urgence Palestine.
Denn es ist bekannt, dass der Staat in all diesen progressiven Bewegungen nicht auf der Seite der fortschrittlichen Kräfte, sondern eher auf der Seite des Kapitals steht und Faschist:innen schützt. Deshalb ruft Jeune Garde in ihrer Erklärung dazu auf, am 1. Mai eine Kampagne gegen den Faschismus zu starten. Der Kampf gegen den Faschismus, so schreiben sie, gehe weiter – mit der Jeune Garde oder ohne sie. Indem sie den Kampf ihrer Klasse fortsetzen, verstehen sie ihre Organisation in der Linie einer langen antifaschistischen Tradition. Zum Schluss rufen sie dazu auf: „Lasst uns heute mehr denn je alle Jeune Garde (Junge Garde) sein!“.
Diesen kämpferischen Worten ließ die Jeune Garde dann auch unmittelbar Taten folgen: Denn trotz der drohenden Auflösung gab die junge Organisation in Lyon am 1. Mai klar den Ton an. Allein dort waren etwa 6.500 Menschen auf der Straße und vermittelten ein klares Bild. Man zeigte sich entschlossen, den Repressionen des französischen Staat zu trotzen.
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Der Staat legt harte Bandagen an
Nun besteht für die antifaschistische Gruppe die Möglichkeit, in Berufung zu gehen. Die Chancen stehen nicht schlecht, denn 2023 hatte die französische Regierung versucht, die Umweltorganisation Soulevement de la terre in einem ähnlichen Verfahren zu verbieten. Die Aktivist:innen der Umweltorganisation legten daraufhin Berufung ein, und das Auflösungsverfahren konnte umgangen werden.
Das ist zwar ein kleiner Lichtblick, doch auch wenn die Jeune Garde nicht aufgelöst werden sollte, so ist klar zu erkennen, dass die Repressionen deutlich zunehmen.
Dabei ist Frankreichs Regierung kein Einzelfall: Auch in Deutschland werden immer wieder revolutionäre sowie palästina-solidarische Gruppen verboten, aber auch Klimaaktivist:innen wurden verfolgt. Es gibt Fälle von Berufsverboten, Inhaftierungen und Auslieferungen in autokratische Staaten, wie derzeit im Fall der Antifaschist:in Maja – aufgrund von politischem Aktivismus.