Außenminister Johann Wadephul unterstützt Donald Trumps Forderung nach fünf Prozent NATO-Verteidigungsausgaben. Finanzminister Lars Klingbeil will deutsche Eigenständigkeit, Kanzler Friedrich Merz die Bundeswehr zur „stärksten Armee Europas“ aufrüsten und Kriegsminister Boris Pistorius die Wehrpflicht.
Bei einem NATO-Außenministertreffen in der Türkei signalisierte Bundesaußenminister Johann Wadephul (CDU) Zustimmung zum Vorstoß des US-Präsidenten Donald Trump, dass NATO-Staaten künftig fünf Prozent ihrer Wirtschaftsleistung für Verteidigung ausgeben sollen. Wadephuls Vorschlag: 3,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) für klassische Verteidigung und 1,5 Prozent für die militärische Infrastruktur ( Straßen, Stromnetze oder IT-Projekte). Im Ergebnis käme man somit auf die „fünf Prozent“, die Präsident Trump gefordert hat, so Wadephul nach Gesprächen mit US-Außenminister Marco Rubio.
SPD-Chef Klingbeil möchte sich indes nicht so schnell dem US-Kurs unterordnen. „Wir lassen uns unseren Weg nicht von anderen diktieren, sondern definieren ihn selbst“ und „während andere über theoretische Zielvorgaben philosophieren, handeln wir ganz konkret. Das halte ich für den besseren Weg.“ erklärte er dem RedaktionsNetzwerk Deutschland.
Alle sind sich einig: Bundeswehr soll zur „stärksten Armee Europas“ werden
Die Debatte um die NATO-Ausgaben ist Teil einer umfassenden Aufrüstungsstrategie der Bundesregierung. Frischgebackener Kanzler Friedrich Merz (CDU) betonte wiederholt, die Bundeswehr solle „konventionell zur stärksten Armee Europas“ werden.
Kriegsminister Boris Pistorius (SPD) sagte vor einigen Monaten, die Steigerung der Kriegstüchtigkeit sei das „Gebot der Stunde“. Dafür wurden bereits im Koalitionsvertrag massive Finanzspritzen vereinbart, darunter ein 500-Milliarden-Euro-Sondervermögen für Infrastruktur und unlimitierte Schuldenaufnahmemöglichkeiten für die Aufrüstung.
Merz Regierungserklärung: „konventionell zur stärksten Armee Europas“
Zudem intensiviert die neue Bundesregierung die Wiedereinführung der Wehrpflicht – möglicherweise auch für Frauen – und hält Verfassungsänderungen für den „Schutz kritischer Infrastruktur“ für notwendig. Ex-Minister Thomas de Maizière (CDU) fordert unterdessen weniger „Vetorechte“ aus Umwelt- und Datenschutzgründen, um staatliche Aufrüstungsprojekte nicht unnötig zu verlangsamen.
Kriegsminister Boris Pistorius (SPD) bekräftigte im Bundestag, dass die vereinbarte Freiwilligkeit beim neuen Wehrdienst an die Grundbedingung ausreichender Personalstärke geknüpft ist. Soll heißen: Wenn sich nicht genügend melden, zieht der deutsche Staat wieder verpflichtend junge Männer für den Krieg ein. Bis 2031 will die Bundeswehr über mindestens 200.000 aktive Soldaten und Soldatinnen verfügen. Derzeit hat die Bundeswehr gut 180.000 Aktive. Betrachtet man die aktuelle Truppenstärke, liegt Deutschland im internationalen Vergleich auf Rang 31.
Bundeswehr im Aufwind: Kriegstüchtigkeit zeigt erste Wirkung
Was das Geld angeht, so hat Pistorius die Losung „Bedrohungslage geht vor Kassenlage“, ausgegeben. Die Sicherheit dürfe nicht durch „Haushaltszwänge“ geschwächt werden. Dabei mahnte Pistorius zur Eile: Das „Tempo der Krisen“ verlange auch von uns „neues Tempo.“
Aktuell gibt Deutschland rund zwei Prozent des BIP für Verteidigung aus – jedes zusätzliche Prozent würde laut Kanzler Merz 45 Milliarden Euro pro Jahr kosten. Fünf Prozent würden einem Umfang von 225 Milliarden Euro entsprechen. Ulrich Kühn (Institut für Friedensforschung und Sicherheitspolitik, Universität Hamburg) hält dies für „ausgeschlossen“. Deutschland hat seit NATO-Gründung „nie mehr“ als 4,9 Prozent (1963) ausgegeben.
Geld für die Aufrüstung heißt Sozialkürzung und Verarmung
Eine Frage, die sich weiterhin stellt: Woher sollen diese 225 Milliarden Euro kommen? Die Politik der Bundesregierung der letzten Jahre zeigt, am Ende trifft es die große Mehrheit der Bevölkerung: Im Bundeshaushalt 2025 wurden bereits Sozialausgaben im Gesundheitswesen, bei Inklusion und Arbeitslosenhilfe gekürzt.
Die Regierung streicht Pläne für höhere Erbschafts- und Vermögenssteuern, möchte flexiblere Arbeitszeiten ohne Lohnausgleich einführen, plant härtere Sanktionen für Arbeitslose, während Unternehmenssteuern gesenkt werden.