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Mali: Militärregierung verbietet alle politischen Organisationen

In den Jahren 2020 und 2021 putschte das Militär in Mali. Es folgte eine Abwendung von der ehemaligen Kolonialmacht Frankreich und dem Einfluss europäischer Staaten. Durch eine engere Kooperation mit Russland und China folgt das Land dabei einer Tendenz in der Region: Statt versprochener Wahlen wurden nun politische Organisationen verboten. In der Hauptstadt Bamako gibt es hiergegen erste Proteste.

Nach den Militärputschen in den Jahren 2020 und 2021 übernahm in Mali eine Militärregierung unter General Assimi Goïta die Regierung. Das Land war in den Jahren davor durch ständige Zusammenstöße mit islamistischen Fundamentalisten geprägt.

Auch die 2013 begonnene UN-Friedensmission MINUSMA schaffte es hierbei nicht, die Lage zu stabilisieren. Im Einsatz waren in dieser Mission vor allem Soldat:innen aus europäischen Staaten, allen voran aus Frankreich, der ehemaligen Kolonialmacht Malis. Auch die Bundeswehr war mit einem starken Kontingent vertreten.

Loslösung von europäischem Einfluss

Das Land Mali ist reich an Bodenschätzen, vor allem Uran – zuvor wichtig für die französische Atomindustrie – und neu erschlossenen Goldvorkommen. Gleichzeitig besitzt das Land kaum eigene Industrie zur Verarbeitung und war wirtschaftlich stark von europäischen Staaten und insbesondere Frankreich abhängig.

Der Militärputsch richtete sich damit auch gegen den Einfluss europäischer Staaten in Mali. So setzte die neue Militärregierung erst die Überflugrechte der MINUSMA-Militärmission außer Kraft, beendete die wirtschaftliche Zusammenarbeit mit Frankreich und beendete schlussendlich auch den gesamten MINUSMA-Einsatz zum Jahresende 2023 – französischen Truppen wurde bereits die Stationierung im Land untersagt.

Trotz Versuchen – unter anderem der deutschen Bundesregierung – den Einsatz noch bis Ende 2024 zu verlängern, um das Schwinden des eigenen Einflusses in der Region aufzuhalten, mussten schließlich alle ausländischen Soldat:innen abziehen.

Hinwendung zu Russland und China

Im Zuge dieser Loslösung fand gleichzeitig eine Annäherung der Militärregierung an Russland statt. Teilweise übernahm die berüchtigte – und mittlerweile in in die russische Armee integrierte – Sölderarmee Wagner unmittelbar die Stützpunkte der MINUSMA-Mission. Verbunden ist dieser Einsatz mit einer umfangreicheren wirtschaftlichen Kooperation der Länder und russischen Zugriffsrechten auf malische Rohstoffe.

Gleichzeitig ist China bereits im Jahr 2019 als zweitgrößtes Land für malische Importe an Frankreich vorbei gezogen. Aktuellere Zahlen liegen nicht mehr vor – es kann jedoch davon ausgegangen werden, dass sich dieser Trend fortgesetzt hat.

Mit einer wirtschaftlichen wie militärischen Loslösung von seinen ehemaligen Kolonialstaaten und dem Einfluss eines transatlantischen Machtblocks ist Mali dabei nicht allein in der Region.

Im Jahr 2023 kam es in Burkina Faso und in Niger ebenfalls zu Militärputschen und der Beendigung einer militärischen und wirtschaftlichen Kooperation. In beiden Ländern ging dies ebenfalls einher mit einer Annäherung an Russland und dem Einsatz russischer Wagner-Söldner.

Alle drei Länder verließen in diesem Kontext auch die westafrikanische Staatengemeinschaft ECOWAS. Diese, unter dem starken Einfluss Nigerias stehende, Gruppe orientiert sich stärker an einer wirtschaftlichen Anbindung an die USA und europäische Staaten, vor allem an Frankreich.

Ausstehende Wahlen, verbotene Organisationen, ausbleibende Stabilität

Die Hinwendung vor allem zu Russland hat der Bevölkerung, die anfangs aufgrund der Loslösung von der alten Kolonialmacht Frankreich noch positiv gegenüber der Militärregierung stand, weder Frieden, noch eine Verbesserung der wirtschaftlichen Lage gebracht.

Die Kämpfe mit islamistischen Fundamentalisten gehen unvermindert weiter und die Region bleibt weiter instabil. Hinzu kommen immer wieder Berichte von Übergriffen russischer Söldner auf die Zivilbevölkerung und Flüchtlinge in Mali.

Für Februar 2022 angekündigte Neuwahlen wurden mit Verweis auf die Sicherheitslage immer wieder verschoben, bis die Militärregierung vergangene Woche ein neues Dekret erließ. Dieses verlängert die Amtszeit von General Goïta bis ins Jahr 2030 – womit Neuwahlen vorerst ausgesetzt sind – und verbietet alle politische Parteien und Organisationen.

Damit bröckelt die Unterstützung der Militärregierung Malis immer stärker. In Reaktion auf das Verbot politischer Organisationen und das Aussetzen der Wahlen kam es in der Hauptstadt Bamako zu ersten Protesten, die ein Ende der Militärdiktatur und Neuwahlen fordern.

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