Das fortschrittliche Medienprojekt red.media beendet seine Arbeit. Es sieht sich als Opfer einer gezielten politischen Kampagne, durch die auch die Sicherheit seiner Mitarbeiter:innen gefährdet sei. red.media wird unter anderem Nähe zu russischen Staatsmedien sowie die Verleumdung eines pro-israelischen Journalisten vorgeworfen.
Das Medienprojekt red.media hat seine Schließung bekannt gegeben. Die Schließung sei das Ergebnis einer koordinierten Kampagne, „angeführt von einem fragwürdigen Bündnis aus deutschen Medienhäusern, Journalist:innen, Gewerkschaftsfunktionär:innen und NGOs, von denen einige direkt vom deutschen oder israelischen Staat gegründet oder finanziert“ würden. Das Medienprojekt sieht sich aufgrund der Repression und damit verbundener direkter Bedrohung seiner Mitarbeiter:innen – „einschließlich Lebensgefahr“ – gezwungen, den Betrieb einzustellen.
red.media und die angebliche Nähe zu russischen Staatsmedien
red.media wurde 2023 von Hüseyin Dogru gegründet. Nach eigener Angabe sei es das Ziel gewesen, Aufmerksamkeit für soziale und politische Kämpfe gegen Kapitalismus, Imperialismus und Rassismus zu schaffen. Dogru und einige andere Mitarbeiter:innen hatten zuvor Beiträge für den Medienkanal redfish verfasst, der von der in Berlin ansässigen Ruptly GmbH betrieben wird. Diese wiederum ist ein Tochterunternehmen des russischen Staatsenders RT (bis 2009 Russia Today).
2022 wurde RT in Deutschland verboten. Bereits im Februar sprach die für die Zulassung bundesweiter privater Sender zuständige Kommission ein Verbot aus, da RT in Deutschland keine TV-Lizenz beantragt habe. Nach dem russischen Angriff auf die Ukraine wurden darüber hinaus EU-weite Sanktionen gegen RT beschlossen.
Während es zwar eine personelle Überschneidung zwischen den Projekten redfish und red.media gab, sei letzteres Medienprojekt nie vom russischen Staat finanziert gewesen. Vielmehr sei red.media ein Projekt der AFA Medya A.Ş gewesen, das seinen Sitz in Istanbul hat. Die Finanzierung sei aus unterschiedlichen Quellen gekommen, inklusive Spenden. Auch wird in der Stellungnahme von red.media darauf hingewiesen, dass man durchaus Beiträge veröffentlicht habe, die den russischen Angriff auf die Ukraine oder die Verfolgung Oppositioneller in Russland kritisieren.
Dennoch hatte unter anderem der Tagesspiegel das fortschrittliche Medienprojekt als Teil eines „russischen Propagandanetzwerk[es]“ bezeichnet – eine Anschuldigung mit weitreichenden Konsequenzen: So bezog sich im September letzten Jahres der damals amtierende US-Außenminister Antony Blinken in einer Presseschau auf den Artikel des Tagesspiegels und bezeichnete red.media als Nachfolger von redfish. Als Konsequenz löschten sowohl Google als auch Meta die Social-Media-Kanäle des Projekts.
„Wir müssen tausende Stimmen schaffen“ – Interview mit zensiertem red. media
Repression wegen palästina-solidarischer Berichterstattung
Die angebliche Nähe zu russischen Staatsmedien ist jedoch nur ein Teil der Vorwürfe gegen red.media. Ein Großteil der Anschuldigungen dreht sich um die Berichterstattung über den palästinensischen Widerstandskampf und zum palästina-solidarischen Aktivismus in Deutschland. So veröffentlichte das Projekt auch Interviews mit Personen, die von der EU als Mitglieder von Terrororganisationen angesehen werden.
Beispielsweise sprach red.media mit einem Repräsentanten der Volksfront zur Befreiung Palästinas (PFLP). Auch über die Besetzung der Humboldt Universität in Berlin durch palästina-solidarische Gruppen berichtete das Projekt. Der Tagesspiegel warf in diesem Zusammenhang red.media vor, in die Planung der Besetzung involviert gewesen zu sein.
Vorwurf der Verleumdung gegen Nicholas Potter
Darüber hinaus wurde ein Strafverfahren gegen Hüseyin Dogru gestartet mit dem Vorwurf der Verleumdung des britisch-deutschen Journalisten Nicholas Potter. Potter schreibt unter anderem für die taz Artikel, in denen er einen von ihm vermuteten Antisemitismus der palästina-solidarischen Bewegung kritisiert. Er berichtete mehrfach auch über red.media selbst, die er unter anderem beschuldigte, eine „Bühne für Terror“ zu schaffen. Die Redaktion antwortete mit einem Beitrag, in dem sie den beruflichen Werdegang Potters und dessen israel-freundliche Berichterstattung hervorhob. Potter sah sich daraufhin als Opfer einer von red.media koordinierten Diffamierungskampagne.
Aufgrund des Strafverfahrens und laut red.media auch direkten Bedrohungen gegen seine Mitarbeiter:innen stellt das Medienprojekt nun seine Arbeit ein. Seine Kanäle auf X und Telegram blieben jedoch noch aktiv, „um die fortgesetzte Kriminalisierung von red.media und anderen zu dokumentieren“. Die Repression gegen red.media bezeichnen diese als „Teil eines erbitterten Kriegs gegen abweichende Stimmen – Stimmen, die wir heute dringender brauchen denn je“.