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Proteste gegen ESC 2025: „Kein Glitzer kann einen Völkermord überdecken“

Der Eurovision Song Contest 2025 wurde vom Völkermord an den Palästinenser:innen überschattet – und von Protest und Boykottaufrufen begleitet. Der Versuch, die Veranstaltung zu entpolitisieren, ist somit nicht vollständig gelungen. Daran konnte auch ein Verbot der Pride-Flagge nichts ändern. – Ein Kommentar von Felix Zinke.

Der 69. Eurovision Song Contest (ESC), der dieses Jahr in Basel in der Schweiz stattgefunden hat, wurde überschattet von dem andauernden Völkermord in Gaza. Denn trotz Protesten und Boykott-Aufrufen nahm Israel erneut an dem Wettbewerb teil. Zudem fand das Finale des ESC zwei Tage nach dem 77. Jahrestages der „Nakba“ statt und parallel zu den Vorbereitungen einer erneuten Bodenoffensive Israels in Gaza. Diese hat das Ziel, Gaza vollständig zu besetzen und die palästinensische Bevölkerung zu vertreiben.

Israel: Angriffe aufs Hilfsgüter und Ausweitung des Krieges

Der österreichische Künstler JJ gewann den Wettbewerb mit dem Song „Wasted Love“. Mit seinem Auftritt überzeugte er vor allem die Fachjurys und staubte insgesamt 436 Punkte ab. Auf dem zweiten Platz landete die israelische Sängerin Yuval Raphael, deren Auftritt vor allem durch die politische Bedeutung auffiel. Raphael wurde in den Medien im Vorfeld stark inszeniert – als Überlebende des Angriffs auf ein Festival bei Gaza im Oktober 2023. In der öffentlichen Abstimmung konnte sie auch die höchste Punktzahl abstauben. Die Jurys reagierten hingegen mit Zurückhaltung.

Proteste gegen den ESC

Unter diesen aktuellen Entwicklungen kam es in Basel zu vermehrtem Protest innerhalb und außerhalb des ESC. Bei der Generalprobe für das Halbfinale am 15. Mai zeigten z.B. Aktivist:innen die Palästina-Fahne und Schilder mit der Aufschrift „no glitter can cover genocide“ (dt. „Kein Glitzer kann einen Völkermord überdecken“). Am Vorabend während der öffentlichen Generalprobe kam es außerdem zu „Buh“-Rufen und dem Zeigen der Palästina-Flagge.

Während des Finales hatten zudem zwei Aktivist:innen versucht, die Bühne zu stürmen und eine Farbattacke während der israelischen Performance durchzuführen. Dabei wurde jedoch nur ein Crew-Mitglied mit Farbe getroffen. Der Angriff auf die Sängerin konnte von der Security im Saal gestoppt werden.

Aber auch außerhalb des ESC gab es eine palästina-solidarische Demonstration, an der laut Medienberichten bis zu 1.000 Protestierende teilnahmen. Diese rief die Veranstalter:innen unter anderem unüberhörbar dazu auf, gegen den ESC zu protestieren und ihn zu boykottieren. Dabei kam es auch hier wie gewohnt zu Polizeigewalt in Form von Gummigeschossen, Tränengas und der Drohung, mit einem Wasserwerfer vorzugehen. Obendrein wurden mindestens 400 Personen von der Polizei kontrolliert. Wie viele Demonstrierende dabei verletzt wurden, ist unklar.

Vergangenes Jahr war es in Malmö ebenfalls zu Protesten gekommen. Dort hatten sich über 10.000 Menschen einer Demonstration angeschlossen. Die Aktivistin Greta Thunberg hatte sich ebenfalls beteiligt und wurde von der Polizei festgenommen.

Flaggenverbot für Künstler:innen

Neben den Protesten aus dem Publikum und auf der Straße gab es dieses Jahr jedoch eine Besonderheit: den Künstler:innen wurde die Benutzung jeglicher Flaggen außer ihrer Landesflagge verboten. Dies schloss damit auch die diversen Pride-Flaggen der LGBTI+-Bewegung ein – wie auch die Flagge Palästinas.

Auch wenn diese Regelungen nicht für die Zuschauer:innen galten, sorgten sie dennoch dafür, dass vor allem diejenigen, die beim ESC im Rampenlicht stehen, sich immer weniger politisch äußern konnten und können. Der Hintergrund sind laut Kukkis die Massenproteste im letzten Jahr gegen die Teilnahme Israels. Das Ziel war dementsprechend, den ESC dieses Jahr möglichst zu entpolitisieren.

Israel: Angriffe aufs Hilfsgüter und Ausweitung des Krieges

Westliche Doppelmoral

Wurde Russland im Jahr 2022 noch wegen seines Angriffs auf die Ukraine ausgeschlossen, darf Israel trotz fortlaufendem Völkermord und ethnischer Säuberungen weiter auftreten. Dies sorgte jedoch umso mehr dafür, dass der ESC auch in diesem Jahr trotz der Zielsetzung, möglichst „unpolitisch“ zu sein, eine Bühne für die politischen Auseinandersetzungen bot.

Die andauernden palästina-solidarischen Proteste haben die Veranstalter:innen dazu gezwungen, ihre nach außen hin fortschrittliche und auf Diversität bedachte Maske ein Stück weit abzunehmen und politische Symbolik der Künstler:innen, die nicht im Interesse der Geldgeber:innen waren, zu unterbinden. Parallel wurde sich mit allen Mitteln von Seiten des Gastgeberlandes bemüht, den Protest auf der Straße klein zu halten – dies auch mit dem Einsatz von Polizeigewalt.

In Anbetracht der aktuellen Entwicklungen in Gaza ist Protest jedoch wichtiger denn je. Den Tätern und Kollaborateuren zu zeigen, dass sie mit Widerstand zu rechnen haben, sollte auch in Zukunft fortgeführt werden.

Felix Zinke
Felix Zinke
Perspektive Autor seit 2024. Berlin Informatikstudent und Werki in der IT. Schwerpunkte: internationale Kämpfe und Imperialismus.Begeisterter Radfahrer.

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