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Tate-Brüder: Weitere Anklagen gegen frauenfeindliche Influencer

Nachdem sie 2022 schon in Rumänien verhaftet wurden, offenbart nun auch die britische Justiz 21 Anklagepunkte gegen die Tate-Brüder – darunter Vergewaltigung, Menschenhandel und Körperverletzung. Das Frauenbild der Tate-Brürder spiegelt sich konsequent in den Anschuldigungen wider. – Ein Kommentar von Alexandra Baer.

Schon im vergangenen Jahr sorgte die Verhaftung der Tate-Brüder in Rumänien für Aufsehen, nachdem sie durch einen Schlagabtausch mit Greta Thunberg viral ging. Nun liegen auch in England neue Vorwürfe vor: Die Influencer Andrew und Tristan Tate sind in 21 Punkten von der Staatsanwaltschaft angeklagt, darunter Vergewaltigung, Körperverletzung und Menschenhandel.

Andrew Tate, ein ehemaliger Kickboxer, erlangte durch seine provokativen und frauenverachtenden Äußerungen in sozialen Medien enorme Bekanntheit (über 10 Millionen Follower auf X). Zusammen mit seinem Bruder gilt er als Galionsfigur der sogenannten „Mannosphäre“, die ein extrem patriarchales Männerbild propagiert. So bezeichnete Andrew Tate Frauen als das „Eigentum von Männern“, deren Job es sei, Männer glücklich zu machen. Trotz zeitweiliger Social Media-Sperren behielt er großen Einfluss.

Die Brüder, die beide die doppelte Staatsbürgerschaft in den USA und England haben, hatten ihren Lebensmittelpunkt vor den Ermittlungen nach Rumänien verlegt. Dort laufen seit 2022 Ermittlungen gegen die Brüder wegen Menschenhandels und Profits durch Prostitution. Sie werden beschuldigt, eine kriminelle Bande zur sexuellen Ausbeutung von Frauen gebildet zu haben, darunter auch Minderjährige. Mindestens 35 mutmaßliche Betroffene wurden identifiziert. Andrew Tate wird in Rumänien außerdem Vergewaltigung vorgeworfen.

Sexualisierte Gewalt kennt keine Hautfarbe

Anklagen in Großbritannien

In England muss sich Andrew Tate nun wegen 10 Straftaten im Zusammenhang mit drei mutmaßlichen Opfern verantworten. Die Vorwürfe umfassen Vergewaltigung, vorsätzliche Körperverletzung, Menschenhandel und die Kontrolle von Prostitution mit finanziellem Gewinn. Tristan Tate wird in 11 Punkten angeklagt, die sich auf ein mutmaßliches Opfer beziehen, darunter ebenfalls Vergewaltigung, vorsätzliche Körperverletzung und Menschenhandel.

Die Ermittlungen gegen die Tate-Brüder in England beziehen sich auf Straftaten, die zwischen 2012 und 2015 passiert sein sollen. Es wurde ein internationaler Haftbefehl erlassen, jedoch müssen die laufenden Strafverfahren in Rumänien zuerst abgeschlossen werden, bevor eine Auslieferung in das Vereinigte Königreich erfolgen kann.

Mischt die Trump-Regierung mit?

Eine überraschende Wendung in den Tate-Fällen gab es Anfang 2025: Rumänische Staatsanwälte hoben eine seit 2022 bestehende Ausreisesperre auf. Dies ermöglichte es den Brüdern, im Februar 2025 per Privatjet in die USA (Florida) zu reisen. Sie kehrten im März 2025 nach Rumänien zurück und betonten gegenüber Medien: „Unschuldige Männer laufen vor nichts weg.“

Ihre Ausreise hat jedoch zu Spekulationen geführt, dass die rumänische Staatsanwaltschaft unter politischem Druck der Trump-Regierung stand. Der US-Präsident gab an, dass er nichts davon wisse, dass die Tate-Brüder aus Rumänien entlassen wurden. Der Anwalt der Brüder, Joseph McBride, erklärte hingegen, sie fühlten sich in den USA sicher, „vor allem, weil Donald Trump Präsident ist“.

Trumps erste Maßnahmen: Weichenstellungen für den Staatsumbau

Anklage gegen Tate-Brüder: Wen wundert’s denn wirklich?

Für alle diejenigen, welche die Videos der Tate-Brüder kennen, ist es sicherlich keine Überraschung, von Vorwürfen wie diesen gegen sie zu hören. Immerhin bezeichnete sich Andrew Tate in einem Video als „Mann, der macht, was er will“ und wirft Frauen vor, schwache Männer und dadurch die Gesellschaft zu kontrollieren. Das größte Problem der Gesellschaft sei nach Andrew Tate, dass es nicht genug Männer gäbe, die machten, was sie wollen. Frauen sollen dabei still und fügsam sein und auf ihren Vater oder ihren Ehemann hören.

Es wäre wenig überraschend, wenn sich die Vorwürfe gegen die Tate-Brüder als wahr erwiesen. Wer Frauen als Eigentum von Männern betrachtet und sich selbst als Mann bezeichnet, der sich nimmt, was er will, der wird im Zweifel auch nicht die Grenzen von Frauen beachten. Wer denkt, dass Frauen das „schwächere Geschlecht“ sind, ihr ganzes Leben lang nicht für sich selber denken dürfen – und auch gar nicht in der Lage dazu seien –, der wird auch nichts auf das geben, was Frauen sagen. Wer Frauen als „leere Gefäße“ („empty vessels“) bezeichnet, hat wahrscheinlich keine Probleme damit, Frauen auch im echten Leben herabzuwürdigen und sich herauszunehmen, was immer er will.

Leider wird kein Gerichtsprozess der Welt das wiedergutmachen, was den mutmaßlichen Betroffenen widerfahren ist. Der Schmerz und die Erniedrigung, die sexualisierte Gewalt oder Zwangsprostitution mit sich bringen, begleitet uns alle ein Leben lang. Und auch, wenn die Tate-Brüder verurteilt werden sollten und im besten Fall ein paar Jahre hinter Gittern sitzen, wird es neue Andrew Tates in der Welt geben, die Frauen auf Social Media und real erniedrigen oder andere ermutigen, dasselbe zu tun.

Frauenfeindlichen (Online-)Trends den Kampf ansagen

Also was bleibt uns als Frauen, als Betroffene von sexualisierter Gewalt? Wir haben keine andere Wahl, als gemeinsam gegen das Patriarchat zu kämpfen: jeden Tag, jederzeit, überall.
Jeder sexistische Kommentar, jeder „Angrabscher“ ist der Samen von patriarchaler Gewalt und Unterdrückung. Für uns ist nichts anderes sinnvoll, als die Pflanze mitsamt der Wurzeln aus dem Boden zu reißen.

Alexandra Baer
Alexandra Baer
Autorin Seit 2023. Angehende Juristin, interessiert sich besonders für Migration und Arbeitskämpfe. Alexandra ist leidenschaftliche Fußballspielerin und vermisst die kalte norddeutsche Art in BaWü.

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