Im Mai wurde erneut der Trans Rights Index der NGO Transgender Europe (TGEU) veröffentlicht. Das erste Mal seit seinem 13-jährigen Bestehen gibt es in Europa und Zentralasien mehr Rückschläge als Fortschritte in Sachen Rechte für trans Personen.
Der Trans Rights Index der NGO Transgender Europe (TGEU) wurde das erste Mal im Jahr 2013 veröffentlicht. In diesem Jahr zeigt er das erste Mal mehr Rückschläge als Fortschritte bei der Entwicklung von Rechten für trans Personen in Europa und Zentralasien.
„Die Daten bestätigen, was Trans-Menschen gesagt und gefühlt haben. Er zeigt einen historisch geringen Fortschritt und ein historisch hohes Maß an Stagnation. Im Jahr 2025 haben wir auf unserer Karte mehr als doppelt so viele Rückschritte wie Fortschritte gesehen. Dies ist das erste Mal in der 13-jährigen Geschichte des Projekts, dass deutlich mehr Rechte weggenommen als gewonnen wurden.“, kommentiert Freya Watkins, Senior Research Officer bei TGEU.
Diskriminierungsschutz für trans Personen stark zurückgefahren
Die Studie verzeichnet für dieses Jahr einen Rückschritt beim Diskriminierungsschutz für trans Personen in mehreren zentralen Lebensbereichen: Der rechtliche Schutz vor Diskriminierung in Beschäftigung, Gesundheit, Bildung, Gütern und Dienstleistungen sowie Wohnen hat in fast allen Bereichen abgenommen. Die Anzahl der Länder mit Mandaten für Gleichstellungsstellen ist ebenfalls gesunken (von 31 auf 30). Die Zahl der Länder mit Gleichstellungsaktionsplänen bleibt zwar gleich, aber es gibt keine nennenswerte Ausweitung – stattdessen wurde ein Plan beendet, ein anderer neu eingeführt. Der Schutz auf Basis des Geschlechtsausdrucks stagniert (weiterhin 17 Länder).
Insgesamt zeigt sich ein alarmierender Trend: Während im Jahr 2024 gewisse Fortschritte sichtbar waren, geht 2025 in vielen Bereichen wieder ein Stück rechtlicher Schutz für trans Personen verloren. Beispiele für den Rückgang des Antidiskriminierungsschutzes sind Georgien und Ungarn: beide Staaten änderten im vergangenen Jahr ihre Verfassung. Auch Großbritannien formte seine Antidiskrimnierungsgesetze um. In der Republik Srpska (Bosnien) wurde der Schutz vor Hassverbrechen und Hassreden ebenfalls aufgehoben.
Rechtliche Anerkennung des Geschlechts von trans Personen leicht rückläufig
Darüber hinaus ist die rechtliche Anerkennung des Geschlechts von trans Personen in vier von 54 Ländern komplett verboten. Dagegen haben 39 von 54 Ländern in Europa und Zentralasien gesetzliche oder verwaltungstechnische Regelungen, die eine rechtliche Anerkennung des Geschlechts für trans Personen ermöglichen (2024: 40). Und ein Land in Zentralasien (Kasachstan) bietet derzeit rechtliche Geschlechtsanerkennung an. Die Zahl der Länder, die eine rechtliche Anerkennung des Geschlechts von trans Personen ermöglichen, ist damit leicht gesunken.
Während Fortschritte in Richtung Selbstbestimmung und inklusiver Verfahren erkennbar sind (z. B. mehr Verfahren auf Basis der Selbstbestimmung), bleiben medizinische und rechtliche Hürden wie psychische Diagnosen, Sterilitätsanforderungen und Scheidungspflichten noch immer weit verbreitet.
Konversionstherapie in den meisten untersuchten Staaten erlaubt
Im Bereich der Gesundheitspolitik stagniert die Lage eher: In der Studie wird hier unter anderem untersucht, wo Konversionspraktiken erlaubt sind. Diese sind weiterhin in nur zehn der untersuchten Länder verboten. Auch in der Frage der Pathologie gab es nur wenige Fortschritte, lediglich in Island und Malta konnte Transgeschlechtlichkeit effektiv entpathologisiert werden.
Pathologisierung bedeutet, dass eine bestimmte Eigenschaft oder ein Merkmal – hier die Transgeschlechtlichkeit – als Krankheit oder Störung angesehen und medizinisch behandelt wird. Entpathologisierung heißt, dass Transgeschlechtlichkeit nicht mehr als Krankheit betrachtet wird.
Wenige Erfolge – Hohe Rückschläge
Im vergangenen Jahr konnten trotz vieler Misserfolge auch einige Erfolge verzeichnet werden: Unter anderem müssen EU-Länder die Entscheidungen des jeweils anderen Landes über die Anerkennung der Geschlechtszugehörigkeit anerkennen. Auch in Ungarn konnte ein solcher Erfolg über ein Gerichtsverfahren erkämpft werden.
Dieser Fall betrifft einen trans Mann, dem in Ungarn aufgrund begründeter Furcht vor Verfolgung in seinem Herkunftsland wegen seines Geschlechts der Flüchtlingsstatus gewährt wurde. Der trans Mann beantragte die Korrektur seines Geschlechtseintrags und Namens im nationalen Asylregister (da diese seinen Geburtsnamen und sein bei der Geburt zugewiesenes Geschlecht widerspiegelten) gemäß Artikel 16 der EU-Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) mit der Begründung, dass die Daten nicht korrekt seien. So konnte er sein Recht auf Anerkennung seines Geschlechts durchsetzen.
Transfeindlichkeit in den USA: Die bunte Maske der bürgerlichen Demokratie fällt
Insgesamt zeigt der Bericht jedoch zahlreiche Rechtseinschränkungen auf, die im vergangenen Jahr durchgesetzt wurden, und kaum Verbesserungen. Es wurden zwar nur 54 Länder untersucht, die Ergebnisse stehen aber symptomatisch für Entwicklungen auf der ganzen Welt. Denn über die 54 Länder hinaus ist bekannt, dass sich auch in den USA und anderen Ländern eine repressivere Politik gegen Transpersonen durchsetzt.
Der amerikanische Staat übte nach der Zurücknahme seiner eigenen Antidiskriminierungsgesetze zuletzt sogar Druck auf europäische Konzerne aus. Als Reaktion auf und auch als Teil des Rechtsrucks haben in Deutschland einige Konzerne bereits angekündigt, ihre Antidiskriminierungsleitlinien zu überarbeiten und ihre finanzielle Unterstützung für die CSDs zurückzuziehen.