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Ukraine-Krieg: Verhandlungen doch nicht so direkt

In Istanbul finden am Freitag erstmals seit drei Jahren direkte Gespräche zwischen Russland und der Ukraine statt. Erwartungen an eine Lösung des Konflikts bleiben gering – weder Putin noch Selenskyj nehmen an den Verhandlungen teil.

Seit nunmehr drei Jahren tobt in der Ukraine ein erbitterter Krieg. Dabei geht es vor allem um die geopolitischen Interessen verschiedener Akteure. So wird die Ukraine seit Beginn des Kriegs von den USA und europäischen Staaten durch immense Waffenlieferungen unterstützt.

Seit Donald Trump wieder Präsident der USA ist, hat er jedoch eine Kehrtwende in der Ukraine-Strategie eingeleitet und begonnen, im Gegenzug für Waffenlieferungen und Geheimdienstaufklärungen Zugriff auf die großen Vorkommen an Seltenen Erden in der Ukraine zu verlangen.

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Im Streit um das Abkommen kam es zeitweise zu einem Stopp der Waffenlieferungen und der Informationsweitergabe. Gleichzeitig drängen die USA Kiew an den Verhandlungstisch mit Russland. Viele europäische Länder, darunter auch Deutschland, sicherten der Ukraine daraufhin ihre Unterstützung zu.

Verhandlungen auf äußeren Druck hin

Nun hatten vergangene Woche die USA und die sogenannte Group of Five Russland zu einer 30-tägigen Waffenruhe ab Montag aufgerufen und mit Sanktionen gedroht. Putin antwortete mit einem Angebot zu direkten Verhandlungen in Istanbul am Donnerstag, lehnte eine Waffenruhe allerdings ab.

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In den Reaktionen auf diese Ankündigung werden bereits die verschiedenen Interessen der beteiligten Parteien deutlich: So hatte die Group of Five, darunter auch Deutschland, erklärt, dass es keine Verhandlungen geben könne, während weiter gekämpft werde. Die USA auf der anderen Seite begrüßten die direkten Verhandlungen, beteiligten sich aber selbst nicht daran.

Putin bleibt fern, Selenskyj reist ab

Dabei ist insgesamt fraglich, ob es bei dem Treffen zu ernst zu nehmenden Ergebnissen kommen wird. So hat Putin bereits im Vorfeld klargemacht, dass weder er noch der russische Außenminister Teil der Delegation sein werden. Als Reaktion verließ der ukrainische Präsident am Donnerstag wieder die Türkei und bestimmte stattdessen eine ukrainische Delegation.

Nun sollen am Freitag – einen Tag später als geplant – trilaterale Gespräche geben: Auf der einen Seite zwischen der Ukraine und Russland, auf der anderen Seite zwischen der Ukraine und den USA. In beiden Fällen soll die Türkei vermitteln, ein Gespräch zwischen allen vier Parteien ist bisher nicht geplant.

Die Erwartungen bleiben gering

Keine der Parteien scheint derweil sonderlich große Fortschritte in den Verhandlungen zu erwarten. Das zeichnet sich nicht nur am Fernbleiben von Putin und Selenskyj ab, auch US-Außenminister Marco Rubio gab an, die USA habe „keine hohen Erwartungen daran, was morgen passieren wird“. Zudem verkündete er wirkliche Bewegung in den Verhandlungen könne es erst bei einem Treffen zwischen US-Präsident Trump und Putin geben. Dass Trump selbst zu den Verhandlungen erscheint, ist ihm zufolge nicht geplant, aber auch nicht ausgeschlossen.

Das Treffen scheint sich viel eher in das seit Monaten andauernde Taktieren einzuordnen, bei dem alle Beteiligten versuche, sich angesichts einer sich anbahnenden Pause des Kriegs eine möglichst günstige Ausgangslage zu verschaffen.

Brüchige Osterwaffenruhe in der Ukraine

So wäre es für Russland unvorteilhaft, sich auf eine 30-tägige Waffenruhe einzulassen. Seit Anfang des Jahres wurden seine Angriffe verstärkt, um sich mit neuen Geländegewinnen in eine bessere Verhandlungsposition zu bringen. Derzeit ist die russische Regierung scheinbar noch gut in der Lage, Verluste an der Front zu verkraften, und nimmt diese dementsprechend auch für geringe Landgewinne in Kauf, um Druck aufzubauen.

Durch eine Waffenruhe hätte die strapazierte ukrainische Armee wiederum eine Pause, um sich besser auf die weitere Verteidigung vorzubereiten. Die Ukraine hat nämlich bereits mit Truppenmangel zu kämpfen – doch ist auch ohne Waffenruhe ein Zusammenbruch der ukrainischen Armee mittelfristig nicht absehbar.

Die Ukraine als Schnittstelle imperialistischer Interessen

Das Interesse einer schnellen Beisetzung des Krieges seitens der USA lässt sich dadurch erklären, dass ihr größter geopolitischer Konkurrent nicht in Osteuropa, sondern Ostasien liegt. Die aufstrebende Supermacht China könnte die Hegemonie der USA ins Wanken bringen.

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Anders sieht es auf der anderen Seite des Atlantiks aus. So wollen die militärischen Führungsmächte Europas – Frankreich, Großbritannien, Italien, Polen und allen voran Deutschland – sich unabhängig von den USA für einen Krieg mit Russland in Stellung bringen.

Dafür pochen sie mit einer sogenannten „Koalition der Willigen” auf ein „Friedenstruppen“-Kontingent von 30.000 Soldat:innen in der Ukraine. Ganz unabhängig von dieser Frage bringt sich Deutschland bereits mit einer Brigade in Litauen gegen Russland in Stellung. Klar ist also: Ein Ende des Krieges in der Ukraine kann nicht von Dauer sein, sondern höchstens eine Feuerpause bis zum nächsten Krieg bedeuten.

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