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Ukraine: Merz will Waffenstillstand – und geheime Rüstungsexporte

Die Group of 5 fordert von Russland einen 30-tägigen Waffenstillstand – bis Montag. Putin will stattdessen direkte Verhandlungen mit der Ukraine. Derweil versucht Merz, deutsche Waffenlieferungen an die Ukraine zukünftig geheim zu halten.

Die sogenannte „Group of 5“ – bestehend aus Großbritannien, Frankreich, Polen, Deutschland und Italien – traf sich zuletzt zu viert ohne Italien. Am 9. Mai richteten sich die größten europäischen Waffenlieferanten und Unterstützer:innen der Ukraine an Russlands Staatsoberhaupt Wladimir Putin. Vorausgegangen war ein Telefonat mit US-Präsident Donald Trump und dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj.

Sie fordern Putin auf, bis Montag einen bedingungslosen Waffenstillstand zu unterschreiben, der Luftraum, Boden und Angriffe über das Meer umfasst. Ihr Druckmittel sind Drohungen, die Sanktionen gegen Russland zu verstärken, sowie erhöhte Waffenlieferungen an die Ukraine. Nur einen Tag zuvor verkündete Moskau einen dreitägigen Waffenstillstand, der Vermutungen zufolge ukrainischen Angriffen während des 8. Mai in Russland vorbeugen sollte.

Das Ultimatum der europäischen Allianz läuft bis Montag. Von Putin hieß es zuerst, man werde einen westlichen Vorschlag durchdenken, jedoch lasse man sich nicht unter Druck setzen. Am Samstag waren Bundeskanzler Friedrich Merz, Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, der britische Premierminister Keir Starmer und Polens Regierungschef Donald Tusk zudem nach Kiew gereist, um sich mit Selenskyj zu treffen und ihren Vorschlag zu untermauern.

Putin reagierte am Sonntag mit einem eigenen Vorschlag, der direkte Verhandlungen zwischen Russland und der Ukraine vorsieht – ohne Ukraines Unterstützer:innen am Tisch.

Die Group of 5

Deutschland, Großbritannien, Frankreich, Italien und Polen positionieren sich als militärische Führungsmächte Europas. Dazu treiben sie die gemeinsame Aufrüstung sowie die Unterstützung der Ukraine voran, um angesichts eines möglichen Rückzugs der USA mehr Eigenständigkeit zu gewinnen.

Trotz Bekenntnissen zum Frieden deuten ihre Maßnahmen auf eine militärische Vorbereitung bei zukünftigen Konflikte mit Russland hin, einschließlich möglicher „Friedenstruppen“ in der Ukraine. Mit über einem dutzend anderer Staaten planen sie im Rahmen der „Koalition der Willigen“, eine 30.000 Kopf starke „Friedenstruppe“ in die Ukraine zu entsenden. Die deutsche Regierung schwankte bei diesem Vorschlag bisher jedoch noch.

Die Bündnispolitik zwischen den Staaten bleibt jedoch fragil, da sich die nationalen Interessen der beteiligten Staaten stark unterscheiden und langfristige Spaltungen absehbar sind. Deutschland strebt nach militärischer Eigenständigkeit und wirtschaftlicher Vormachtstellung, während Frankreich auf eine europäische Armee zur Eindämmung deutscher Dominanz setzt. Polen fokussiert sich auf den Schutz vor Russland, Großbritannien sucht nach neuer Relevanz in Europa und Italien will seine geopolitische Position im europäischen Machtgefüge stärken.

„Group of Five“ – Temporärer Frieden, temporäres Bündnis

Kontroversen vermeiden – Taurus liefern?

Doch dass die Aufrüstungsvorhaben für die eigenen Armee und die Unterstützungspläne für die Ukraine nicht nur auf wohlwollende Ohren treffen, ist auch der neuen Merz-Regierung klar. „Die Bundesregierung wird künftig die Kommunikation zur Lieferung von Waffensystemen deutlich reduzieren“, hallt es daher aus Regierungskreisen.

Nach drei Jahren des Kriegs in der Ukraine und einer ähnlich langen Zeit an Waffenlieferungen dorthin findet sich auf der Webseite eine lange Liste mit einer Aufführung derjenigen Waffen und ihrer Anzahl, die unter der Ampel-Regierung geliefert wurden. Daran soll sich nun einiges ändern: Nach Angaben der neuen Regierung sei es besser für Kriegsvorbereitung und -führung, öffentlich weniger oder eben auch gar nicht über die Bereitstellung von Waffen zu berichten.

Doch betrifft dieses künftige Vorhaben auch eine sehr umstrittene Frage in der BRD: die Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern. Insgesamt lässt sich sagen, dass sich die deutsche Bevölkerung nach über 36 Monaten Krieg und vergeblichem Export von solchen Waffen noch nicht ausreichend vom Regierungskurs überzeugen lässt. Mit dem Verschweigen der umstrittensten Waffe, deren Lieferung selbst Olaf Scholz ablehnte, könnten Kontroversen und größerer Protest in der Bevölkerung verhindert werden.

„Taurus“-Lieferung an Ukraine erneut abgelehnt

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