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Wadephuls Antrittsbesuch in Israel: Weiter deutsche Unterstützung für Genozid

Johann Wadephul, neuer deutscher Außenminister, hat erstmals Israel besucht. Dessen Staatspräsident flog kurze Zeit später nach Berlin. Auch die neue Regierung hält an der Unterstützung des Netanjahu-Regimes fest.

Am vergangenen Wochenende reiste der neue deutsche Außenminister Johann Wadephul (CDU) erstmals nach Israel. Auf dem Programm standen Treffen mit seinem Amtskollegen Gideon Saar, dem israelischen Premier Benjamin Netanjahu und ein Besuch der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem. Anschließend besuchte Wadephul noch das Westjordanland, wo er auf Mohammed Mustafa, den Ministerpräsidenten der Palästinensischen Autonomiebehörde traf.

Dass Wadephul so früh in das Land reist, das gerade einen Genozid gegen das palästinensische Volk führt, hängt mit der Bedeutung zusammen, die auch die neue Regierung der Beziehung zu Israel zuweist. So heißt es im Koalitionsvertrag, dass die „Sicherheit Israels“ „deutsche Staatsräson“ bleibe. Dort wird das Land in einer Reihe mit den USA, England und dem türkischen Regime als wichtiger Bündnispartner Deutschlands benannt. Zuvor war der CDU-Minister nach Frankreich und Polen gereist, mit denen Deutschland im sogenannten Weimarer Dreieck zusammenarbeitet.

Wirkliche Kritik bleibt weiter aus

Der Besuch Wadephuls in Israel stand dabei aber auch unter dem Eindruck der mehr oder weniger offenen Absichtserklärung von Premierminister Benjamin Netanjahu, einen Großteil des Gaza-Streifens annektieren und direkt militärisch besetzen zu wollen. Zudem blockiert das Land seit zwei Monaten humanitäre Hilfsleistungen an die palästinensische Bevölkerung in Gaza unter dem Vorwand, dass diese in erster Linie an die Hamas gehen würden. Inzwischen stehen 3.500 Kinder in dem Gebiet vor dem Hungertod. Israel wird vorgeworfen, den Hunger der Menschen als Waffe in einem völkermörderischen Krieg zu benutzen.

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Von Wadephul kam jedoch wenig, um dieser Politik etwas entgegen zu setzen: Er kritisierte zwar die militärische Politik Israels der letzten zwei Monate und zeigte sich unsicher, ob diese der Sicherheit Israels diene. Die Situation in Gaza nannte er „unerträglich“ und stellte sich hinter die auch im Koalitionsvertrag enthaltene Forderung einer „Zweistaatenlösung“ – jedoch ohne die Hamas und nur mit der Palästinensischen Autonomiebehörde, die geradezu bekannt dafür ist, die Interessen des palästinensischen Volks zu verkaufen. Dieser ließ der neue deutsche Chefdiplomat auch ein „kleines Antrittsgeschenk” von 30 Millionen Euro da.

Auch konkrete Schritte und eine deutliche Verurteilung der israelischen Politik blieben aus. Stattdessen vermochte er sogar israelische Bemühungen zu erkennen, Hilfslieferungen über private Firmen nach Gaza zu transportieren, weshalb er dem Regime kein völkerrechtswidriges Verhalten vorwerfen wollte.
Auch im Koalitionsvertrag wird hier die israelische Argumentation aufgegriffen und eine Fortsetzung der Zahlungen an das Hilfswerk der Vereinten Nationen für Palästina-Flüchtlinge im Nahen Osten (UNRWA) an „Reformen“ geknüpft. Israel wirft diesem vor, mit der Hamas verbandelt zu sein und sie zu unterstützen. Für die Bevölkerung in Gaza und ihre Versorgung ist das UN-Hilfswerk dagegen unverzichtbar.

Deutschland wird Israel weiter stützen

Deutschland und Israel demonstrieren in diesen Tagen, wo fortschrittliche Menschen auf der ganzen Welt die israelische Politik und Annektionsdrohungen verurteilen, weiter Einheit. Anlass dafür ist neben dem Amtsantritt der neuen Regierung auch das 60-jährige Bestehen diplomatischer Beziehungen zwischen beiden Ländern. Aus diesem Grund besuchte der israelische Staatspräsident Jitzchak Herzog am Montag Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier in Berlin. Am Dienstag und Mittwoch sollen beide gemeinsam in Israel vor Ort sein.

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Während auch deutsche Politiker:innen und einige Teile der kapitalistischen Medien Kritik an der Blockade von Hilfsgütern äußern, wird die enge Beziehung allgemein nicht weiter in Frage gestellt. Auch an den Waffenlieferungen kamen bisher keine Zweifel auf.

Bundeskanzler Friedrich Merz hatte seinerseits kurz nach der Bundestagswahl sogar den israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu trotz internationalen Haftbefehls nach Deutschland eingeladen – Putin, gegen den der gleiche Haftbefehl vorliegt, würde er hingegen festnehmen lassen. Auf Nachfrage wollte sich Merz nach seiner Wahl zum Kanzler nicht mehr an diese Einladung erinnern. Sie zeigt aber, dass die Beziehungen zu Israel vor allem im Machtkampf zwischen den verschiedenen Ländern in der Region eine besondere Bedeutung für Deutschland haben.

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