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10. Ivana Hoffmann Festival am 7. Juni: „Ivana ist nach wie vor unvergessen“

Vor zehn Jahren fiel die Internationalistin und Kommunistin Ivana Hoffmann im Kampf gegen den IS. Jedes Jahr organisieren ihre Genoss:innen von Young Struggle in ihrem Andenken ein Festival in Duisburg. In welcher Tradition steht das Festival und was steht dieses Jahr auf dem Programm? – Ein Interview mit Şevîn Ocak aus dem diesjährigen Festival-Komitee.

Kannst du uns erzählen, wer Ivana Hoffmann war und wofür sie gekämpft hat?

Der Name Ivana Hoffmann sagt vermutlich vielen Leser:innen direkt etwas. Ivana war eine junge Revolutionärin, die es schaffte bei tausenden von Menschen eine Spur zu hinterlassen. Sie war eine junge Duisburgerin, laut und offen. Sie war ein großer Schalke-Fan und duldete keinerlei Sexismus oder Rassismus, egal wo sie war, ob in der Schule oder auf der Straße.

Genossin Ivana fiel mit 19 Jahren, doch schaffte sie es zu einem Symbol der Freiheit zu werden. Eine lesbische junge Frau mit Wurzeln in Togo und Deutschland, die in Rojava für die Befreiung der Menschheit kämpfte. Sie zeigte uns, was es heißt, den Internationalismus praktisch auszuleben. Wir lernten von ihr furchtlos zu sein und unsere Träume zu verwirklichen.

Genossin Ivana, mit dem Kampfnamen Avaşîn, wurde zu einer Guerilla voller Nächstenliebe und Hoffnung. Während sie vor einigen Jahren noch voller Aufregung den Roman „Melodie der Flöte“ über zwei Guerilla-Frauen las und uns allen davon erzählte, stand sie selbst wenige Monate danach auf den freien Bergen Kurdistans.

Für Ivana, für die Revolution

Am 14. März 2015 kamen tausende Menschen in Duisburg zusammen uns erwiesen ihr die letzte Ehre. Der Friedhof war überfüllt mit Menschen, die in den Bann des schönen Liedes Ivanas gezogen wurden. Sie berührte viele Menschen mit ihrer Tat. Viele gingen ihren Weg und noch heute schafft sie es vor allem junge Menschen in den Kampf für eine bessere Welt zu ziehen.

Warum gedenkt ihr Ivana heute noch?

Zehn Jahre sind jetzt nach der Unsterblichkeit Ivanas vergangen. Das fühlt sich für viele von uns jedoch nicht so an. Den IS haben die Revolutionär:innen besiegt. Doch nach wie vor steht die Rojava Revolution unter Gefahr. Der türkische faschistische Staat versucht die Errungenschaften der Revolution zu ersticken. Zuletzt wurde die Unsterblichkeit von den Revolutionären der Kurdischen Freiheitsbewegung Riza Altun und Ali Haydar Kaytan veröffentlicht.

Zugleich beobachten wir als junge Menschen eine starke Faschisierung auf der Welt und Kriege, die sich verschärfen und erste Anzeichen in Richtung eines Dritten Weltkrieges aufzeigen. Als Arbeiter:innen, die immer mehr ausgebeutet werden, als Jugendliche, denen keine Zukunft mehr geboten wird, als Frauen, die tagtäglich Gewalt ausgesetzt werden, als LGBTI+, dessen Existenz unter Gefahr steht, als Migrant:innen und Geflüchtete, die tagtäglich damit rechnen müssen angegriffen oder abgeschoben zu werden, die Liste ist lang.

Als Arbeiter:innen und Unterdrückte haben wir heute keine andere Wahl als uns zu organisieren und gemeinsam gegen den Faschismus, den Kapitalismus als auch gegen das Patriarchat zu kämpfen. Hierbei sind es Vorbilder wie Ivana, die uns zeigen wie es geht.

Wir Jugendlichen möchten nicht in einigen Jahren in Schützengraben landen und unser Leben für einen Staat lassen, welcher uns nicht repräsentiert. Wir möchten unsere Zukunft selbst in die Hand nehmen und ein lebenswerten Leben neu gestalten. Ivana schrieb in ihrem Brief bevor sie nach Rojava ging, dass sie nicht tatenlos zusehen kann, während ihre Schwestern und Brüder für Freiheit und Unabhängigkeit kämpfen.

Sich heute für die Befreiung der Menschen im Mittleren Osten oder auch hier einzusetzen, ist ein Erbe Ivanas an uns junge Revolutionär:innen. Als Genoss:innen von Ivana haben wir vor vier Jahren ein Buch über ihr Leben veröffentlicht, damit so viele Menschen wie möglich aus dem Leben und dem Kampf von Ivana inspiriert werden. Ich empfehle allen, das Buch zu lesen und in die Lebensfreude und Entschlossenheit Ivanas einzutauchen.

Seit 10 Jahren organisiert ihr das Ivana-Hoffmann-Festival. Wie begann alles und wie entwickelte es sich bis heute?

Im September 2015 organisierten wir das erste Festival im Gedenken an Avaşîn. Es waren erst einige Monate seit der Nachricht ihrer Unsterblichkeit vergangen und dementsprechend war es ein sehr emotionaler Moment für die Freund:innen, die Genoss:innen und die Familie. Zwei Genossen aus dem damaligen Festival-Komitee, Özgür und Bilal, sind in den Jahren darauf ebenfalls nach Rojava gegangen und wurden dort unsterblich. Einige andere kämpfen noch heute für die Verteidigung der Revolution.

„Özgür wurde seinem Namen gerecht und kämpfte für die Freiheit“

Das erste Festival fand im Duisburger Stadtteil Marxloh statt und war sehr stark von der Nachbarschaft besucht. Die Jahre darauf wurden Festivals am Innenhafen und in der Innenstadt organisiert. Das Festival wurde zu einem Ort der Zusammenkunft von Menschen, die auf der einen Seite Ivana dachten und andererseits Teil des politischen Widerstands wurden. Jedes Jahr wurde das Festival einem anderen Motto und politischen Kampf gewidmet – mal war es Frauenrevolution, mal LGBTI+ Kampf, mal Antifaschismus.

Während die linke Bewegung im Ruhrgebiet und vor allem Jugendorganisationen wie YDG, Zora oder die Internationale Jugend viel Unterstützung leisteten und jedes Jahr teilnahmen, kamen auch zugleich Menschen aus Ivanas altem Wohnort Duisburg-Meiderich, die sie kannten oder alte Mitschüler:innen von ihr waren zu den Festivals.

Das Festival wurde mittlerweile zu einer Tradition Duisburgs und ab dem Frühling jeden Jahres sieht man die gesamte Stadt mit den Plakaten und Ivanas Gesicht verschönert. Unser Ziel war es sie und das wofür sie einstand lebendig zu halten und das haben wir geschafft. Ivana ist nach wie vor unvergessen und hunderte Menschen kommen jedes Jahr auf dem Festival zusammen und beweisen es.

Was erwartet uns dieses Jahr bei dem Ivana-Hoffmann-Festival?

Das diesjährige Ivana-Hoffmann-Festival findet am 7. Juni ab 14 Uhr auf dem König-Heinrich-Platz in der Duisburger Innenstadt statt. Vor dem Festival, welches unter dem Motto „Defend Rojava“ stattfindet, wird es ab 13 Uhr eine Demonstration von vor dem Hauptbahnhof zum Festivalgelände geben.

Das diesjährige Festival wird in musikalischer Begleitung von Serhado, Grup Vardiya, Edika und Believe stattfinden. Neben Musik und Tanz erwarten alle Teilnehmer:innen außerdem politische Infostände und Essensstände. Aus verschiedenen Städten Europas organisiert Young Struggle eine Anfahrt und alle die Interesse haben, können sich gerne über Instagram bei uns melden.

Wir freuen uns über die Teilnahme von Allen, die mit uns gemeinsam Ivana Hoffmann gedenken und sich für die Verteidigung der Rojava Revolution einsetzen. Lasst uns am 7. Juni gemeinsam Ivana und all denen gedenken, die für eine bessere Zukunft kämpften.

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