CDU-Politiker Jens Spahn will schnellere Schritte in Richtung Wehrpflicht. Gleichzeitig würde nur ein Drittel der Bevölkerung Deutschlands heute Wehrdienst leisten. Doch das darf nicht davon ablenken, dass die Kriegstreiberei langsam Wirkung entfaltet. – Ein Kommentar von Thomas Mercy.
Laut einem Medienbericht fordert CDU-Fraktionschef Jens Spahn eine Struktur bei der Bundeswehr, die eine Rückkehr zur Wehrpflicht ermöglicht. Im Koalitionsvertrag ist die Rede davon, einen attraktiven Dienst zu schaffen, der „zunächst auf Freiwilligkeit basiert“. Bedingung dafür ist jedoch, dass sich auch genug Freiwillige finden.
Genau diese Freiwilligen zu finden, fällt der Bundeswehr gerade jedoch äußerst schwer. Laut einer Umfrage würde aktuell nur jeder Dritte heute den Wehrdienst leisten. Die Hälfte der Befragten würden stattdessen Zivildienst machen – und dabei ist zu beachten, dass ein Großteil der Befragten schon längst aus dem „Morgen-für-Deutschland-zur-Waffe-greifen“-Alter raus ist.
Jens Spahn ist mit seiner Forderung nicht allein: Viele seiner Parteikolleg:innen in der CDU wie zum Beispiel Henning Otte, der neu ernannte Wehrbeauftragte der BRD, forderten dasselbe.
Auch der Verteidigungsminister Boris Pistorius von der SPD forderte in der Vergangenheit vermehrt eine Wehrpflicht. Der Großteil der SPD beharrt zwar noch darauf, die im Koalitionsvertrag festgelegte Freiwilligkeit zu behalten. Doch auch das ist mit Sicherheit nur eine Frage der Zeit, wenn man sich anschaut, wie viel und schnell die SPD mit der Ampel-Koalition die letzten Jahre aufgerüstet hat.
Die Bundeswehr will wieder attraktiv werden
Weil die Bundeswehr aktuell noch nicht so beliebt ist, wie sie es gerne sein würde, um wieder Krieg führen zu können, hat sie die letzten Jahre stark auf Werbung gesetzt. Es gab riesige Werbekampagnen in ganz Deutschland, an Bushaltestellen, Bahnhöfen und auf Straßenbahnen.
Auch soll besonders die Jugend angesprochen werden, indem Jugendoffiziere an Schulen gehen und erzählen, dass man ja voll viel Geld verdiene, wenn man seine Klassengeschwistern in anderen Ländern umbringe.
Auch auf der Gamescom hat die Bundeswehr Stände, wo die Jugendlichen schon mal in 4K-Auflösung oder über Virtual Reality üben können, wie man den Panzer am besten in Schuss hält, um damit im nächsten Krieg möglichst viele Menschen für den Profit der Herrschenden umzubringen.
Die neuste Erfindung der Kriegstreiber – wenn auch nicht gerade innovativ – ist dabei der Veteranentag. Dieser wurde letzten Sonntag zum ersten Mal offiziell bundesweit begangen und soll die Veteranen der Bundeswehr ehren. Dazu wurden zahlreiche Feste mit Essen und Musik veranstaltet. Durch das Ehren der Veteranen soll der Beruf bei der Bundeswehr als etwas Gutes, Wichtiges und Ehrenhaftes dargestellt werden. Die Feste sind eine gute Möglichkeit, mehr Kriegspropaganda in die Öffentlichkeit zu tragen.
Veteranentag in Deutschland – weiteres Zeichen der Kriegstreiberei
Wieso wir gegen die Wehrpflicht kämpfen müssen
Auch wenn die Bundeswehr noch Image-Schwierigkeiten hat, dürfen wir nicht daraus schließen, dass die Wehrpflicht keine Gefahr ist oder nicht kommt, weil sich viele verweigern würden. Die massive Werbekampagne der Bundeswehr zeigt nämlich langsam Wirkung. Zum Beispiel konnte die Bundeswehr in 2024 einen Anstieg von 19 Prozent an Bewerbungen für den militärischen Dienst verzeichnen.
Ebenso muss man sich vor Augen führen, dass der Regierung relativ egal ist, ob wir Jugendliche Lust auf eine Wehrpflicht haben oder nicht. Wenn nötig wird einfach auf Zwang gesetzt. Schließlich ist das die ganze Idee hinter einer Wehrpflicht: Menschen zu einem Dienst zu zwingen, den sie freiwillig nicht verrichten würden.
An dieser Erkenntnis gilt es anzuknüpfen: Wir müssen uns von dem bürgerlichen Staat und dessen Kriegstreiben entfremden. Denn es ist nicht „unsere Freiheit“, die von der Bundeswehr verteidigt wird, und es ist auch nicht „unser Vaterland“, das auf dem Spiel steht.
Wir müssen als Jugendliche und als Arbeiter:innen die Wehrpflicht, die Kriegsvorbereitungen und die Propaganda der Bundeswehr bekämpfen. Nicht nur haben wir kein Interesse in zukünftigen imperialistischen Kriegen an der Front verheizt zu werden. Sondern auch jetzt schon wird unsere Klasse tagtäglich im Zuge der Kriegsvorbereitungen angegriffen.
Aufrüstung und Krieg sind teuer. Nicht nur wird dieses Geld durch die Ausbeutung der Arbeiter:innen durch Abschöpfung ihres Mehrwerts gewonnen, sondern auch werden soziale Leistungen, die wir uns über Jahrzehnte erkämpft haben, immer mehr abgebaut und gekürzt.
Das Argument des Aufrüstens für den Frieden hat sich historisch jedes Mal als Lüge entpuppt. Und auch heute in Deutschland redet Pistorius auch schon ganz offen darüber, wieder kriegstüchtig werden zu wollen.
Selbst wenn es nur um Verteidigung gehen würde, haben wir kein Interesse daran für die Verteidigung eines Staates zu sterben, der uns tagtäglich ausbeutet, massenhaft Migrant:innen abschiebt und Asylanträge verweigert, die Rechte von Frauen und LGBTI+ angreift, Sozialleistungen kürzt und Antifaschist:innen in den Knast steckt, während Faschist:innen bewaffnet und beschützt werden. Also: Auf zu neuen Taten, das Vaterland verraten!
Nicht erst seit Solingen – Die Kontinuität der Asylrechtsverschärfungen in der BRD