Im Sommer 2024 erließ die damalige Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) ein Verbot gegen das faschistische Magazin Compact. Nach einer Klage wurde das Verbot bereits kurz danach durch den Richter ausgesetzt: Das Bundesverwaltungsgericht hob dieses nun endgültig auf. Compact kann auch in Zukunft weiter erscheinen.
Im Juli 2024 wurde durch die damalige Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) ein Verbot gegen das faschistische Compact-Magazin erlassen. Dieses Verbot wurde nach einer Klage des Chef-Redakteurs Jürgen Elsässer wenige Tage später in einem Eilverfahren vorläufig ausgesetzt. Soeben hat das Bundesverwaltungsgericht seine abschließende Entscheidung getroffen: Das Compact-Verbot ist aufgehoben.
Der Compact-Chefredakteur Jürgen Elsässer zeigt sich erfreut über das gescheiterte Verbot. Er bewertet das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zugleich als einen Erfolg für die AfD. Auch ein Verbot dieser werde durch das Urteil unwahrscheinlicher. Am Mittwoch will Elsässer auf Einladung der AfD im Potsdamer Landtag ausführlich darüber sprechen.
Was ist das Compact-Magazin?
Das Compact-Magazin erscheint seit 2010 monatlich, der Chef-Redakteur ist der in der faschistischen Bewegung bekannte Jürgen Elsässer. Das Magazin gilt als Sprachrohr der neuen Rechten. In einem Video sprach Elsässer selbst von einer Fünf-Finger-Strategie: diese fünf Finger seien Compact, die als rechtsextrem eingestufte identitäre Bewegung, das rechtsextreme Kampagnennetzwerk Ein Prozent, die ebenfalls rechtsextreme PEGIDA-Bewegung – und die faschistische AfD. Der YouTube-Kanal des Compact-Magazins zählt dabei über eine halbe Million Abonnent:innen. Laut Eigenaussage liegt Compact bei einer Auflage von rund 40.000 Exemplaren.
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Compact-Verbot über das Vereinsrecht?
Im Zuge des Compact-Verbots entbrannte bereits früh eine Debatte darüber, ob es einer Klage standhalten würde. Denn für das Verbot zog Faeser das Vereinsrecht heran. Das Vereinsrecht wurde zwar in der Vergangenheit häufiger genutzt, um Organisationen zu verbieten, die Anwendung gegen ein Medienunternehmen ist aber ein Präzedenzfall.
Da für die Regulierung der Presse eigentlich die Bundesländer zuständig sind, wurde im Fall Compact nicht das Magazin nach dem Presserecht, sondern die beiden Betreiberfirmen COMPACT-Magazin GmbH und CONSPECT FILM GmbH verboten. Das Verbot traf damit auch nicht bloß das Compact-Magazin, sondern auch den dazugehörigen YouTube-Kanal, sowie diverse nahestehende Social-Media-Accounts.
Darüber hinaus wurden in vier Bundesländern mehrere Wohnungen und Häuser durchsucht. Faeser bezeichnete Compact damals als „zentrales Sprachorgan der rechtsextremistischen Szene“. Dabei war umstritten, ob es nach deutschem Recht möglich ist, Unternehmen ausschließlich aufgrund ihrer Presseerzeugnisse mithilfe des Vereinsrechts zu sanktionieren.
Unter anderem der Medienverband der freien Presse und das Portal Legal Tribune Online leisteten an dem Vorhaben, ein Medium nach dem Vereinsrecht zu verbieten, Kritik. Da damit das Presserecht, das eigentlich von den Ländern geregelt wird, übergangen würde.
Rechte Inhalte bei Compact „nicht prägend“ genug?
Im Urteil hielt der Vorsitzende Richter Ingo Kraft an dem Kurs fest, der bereits im Eilverfahren im Sommer 2024 anklang: Medienverboten über das Vereinsrecht erteile man keine generelle Absage, aber die Voraussetzungen sieht man in Bezug auf Compact noch nicht erfüllt.
Das Gericht stellte verfassungsfeindliche Aussagen, insbesondere im Zusammenhang mit Islamfeindlichkeit und einer sogenannten „Remigration“, fest. Diese richteten sich gegen die im Grundgesetz geschützte Menschenwürde. Es handle sich hier auch nicht um einzelne Ausreißer, so Kraft, ein „prägender Charakter“ sei aber noch nicht erreicht. Die Feststellung dessen wäre für ein Verbot aber notwendig gewesen.
Interessant ist dabei, dass das Gericht die geschichtsrevisionistischen und verschwörungstheoretischen Inhalte des Magazins als nicht relevant für das Verbot einschätzt. Durch diese Einschätzung nehmen die Inhalte automatisch die Rolle ein, die vermeintliche „Verfassungsfreundlichkeit“ des Magazins zu stützen. Denn sie werden zu dem Füllmaterial, was laut Einschätzung des Gerichts dafür sorgt, dass im Compact-Magazin die „nicht verfassungsfeindlichen“ Aussagen überwiegen.
Neben dieser verfolgte Kraft noch eine zweite Argumentationslinie: Demnach könne man Compact nicht einfach als reines Medienunternehmen einstufen und dementsprechend als solches auch nicht verbieten. Compact sehe sich „als Teil einer Bewegung, für die es auf eine Machtperspektive hinarbeitet“. Hiermit bezieht sich das Gericht vermutlich auf die AfD, auf die sich Compact mit seinen „Blaue Welle“ Veranstaltungen bezog.
Compact darf erscheinen – Kein Gewinn für die Pressefreiheit
Dass das Compact-Verbot aufgehoben wurde, steht also erst einmal abseits der Kritik, die unter anderem in der LTO geäußert wurde. Damit handelt es sich hier auch nicht, wie in verschiedenen Medien dargestellt, um einen Gewinn für die Pressefreiheit. Über das Urteil und seine bislang mündliche Begründung eröffnete das Bundesverwaltungsgericht grundsätzlich den Weg, über das Vereinsrecht auch Medien zu verbieten. Nur dass diese im Fall Compact nicht angewendet wurde.
In eine ähnliche Richtung ging bereits das vor sieben Jahren gefällte Urteil gegen die Plattform Linksunten.Indymedia. Im Falle von Indymedia wurde das Vereinsrecht erfolgreich genutzt, um das linke Onlineportal zu verbieten.