Bei einem Anschlag auf eine Kirche in Damaskus wurden 25 Menschen getötet. Die neue Regierung distanziert sich zwar, doch sie spielt selbst eine zweifelhafte Rolle im Umgang mit religiöser Gewalt im Land.
Am vergangenen Sonntag wurden bei einem Selbstmordanschlag in der syrischen Hauptstadt Damaskus nach Regierungsangaben 25 Menschen getötet und 63 verletzt. Der Attentäter soll sich zuerst unter Schusswaffengebrauch Zutritt zur Sonntagsmesse in der griechisch-orthodoxen Mar-Elias-Kirche verschafft und sich dann in die Luft gesprengt haben.
Nach Angaben des Innenministeriums wurde der Attentäter zunächst dem sogenannten Islamischen Staat (IS) zugeordnet. Zudem soll er nach Berichten von Augenzeugen in Begleitung zweier weiterer Personen gewesen sein, die jedoch noch vor der Tat geflohen seien. Ein Bekenntnis zur Tat gab es jedoch zunächst nicht. Es wäre der erste Anschlag der Gruppe dieser Art in Syrien seit Jahren.
Inzwischen hat sich aber die Gruppe Saraya Ansar al-Sunna (deutsch: Brigade der Sunni Unterstützer) zu dem Anschlag bekannt. In einem Social Media-Post benennt die Gruppe den Täter als Mohammed Zain al-Abidin Abu Othman und gibt als Beweggrund vermeintliche Provokationen der Christ:innen in Damaskus an. Zudem droht die Gruppe mit weiteren Angriffen.
Die syrische Regierung hat den Anschlag verurteilt: „Dieser feige Akt richtet sich gegen die bürgerlichen Werte, die uns zusammenführen“, so Informationsminister Hamsa Mostafa auf X. Man werde nicht vom „Engagement für eine gleichberechtigte Bürgerschaft“ abrücken.
Kritik an der Rolle der neuen Regierung
Tatsächlich wird die Rolle der HTS-Regierung unter Ahmed al-Sharaa im Umgang mit religiös-fundamentalistischer Gewalt aber durchaus kritisch gesehen: So äußerte der Vorsitzende der deutschen Bischofskonferenz, Georg Bätzing, dass der Anschlag zeige, „dass die Christen Syriens an Leib und Leben gefährdet sind“ und forderte die Regierung auf, den Christen und anderen Minderheiten mehr Schutz zu gewähren.
Die HTS (Haiʾat Tahrir asch-Scham) war Ende vergangenen Jahres nach dem Sturz des Assad-Regimes an die Macht gekommen und ist eine Nachfolgeorganisation des syrischen Ablegers der fundamentalistischen Miliz Al-Kaida. Al-Sharaa selbst hatte einst als Kämpfer einer Vorgängerorganisation des IS im Irak angehört.
Aktuell versucht die Regierung zwar, Unterstützung durch religiöse Minderheiten zu erlangen. Nach wie vor versucht sie jedoch gleichzeitig, das Land unter Kontrolle zu bringen. Auch bestehe Angst vor Schläferzellen des IS und anderer Terrorstrukturen, wie der katarische Nachrichtensender Al-Jazeera berichtet.
Religiöse Gewalt und Angst wachsen an
Der Sturz des Assad-Regimes durch die fundamentalistischen Milizen der HTS und der türkisch-kontrollierten Syrischen Nationalarmee (SNA) war auch mit Racheaktionen und religiöser Gewalt an Zivilist:innen einher gegangen. So hatten in März Milizen in der Küstenregion Massaker an Alawit:innen verübt und dabei über 1.000 Menschen getötet. Auch damals hatte die Regierung von Al-Sharaa die Gewalt verurteilt. Gleichzeitig hatten die Milizen gegen Kräfte der alten Regierung gekämpft und die neue Regierung hat die Massaker als Einzelfälle heruntergespielt.
Massaker an Alawit:innen: Wie konfessionelle Spaltung Syrien weiter zerreißt
Die Alawiten gehören zu den muslimischen Minderheiten, die etwa 13 Prozent der Bevölkerung ausmachen. 74 Prozent sind sunnitische Muslime, zehn Prozent Christen und drei Prozent Drusen. Nach einem Bericht des kanadischen Senders CBC sind Unsicherheit und Angst unter den Christ:innen in Damaskus seit dem Machtantritt der neuen Regierung gewachsen. Deshalb würden Oster- und Weihnachtfeierlichkeiten inzwischen von christlichen Freiwilligenwachen geschützt.
Die Regierung will derweil 3.500 islamisch-fundamentalistische Kämpfer:innen, die während des Bürgerkriegs aus dem Ausland nach Syrien gekommen waren, in die Armee eingliedern.