Im Prozess um die eingemauerte Frauenleiche in Stuttgart-Heslach ist ein Urteil gefallen: 10 Jahre Haft wegen Totschlags für ihren Partner. Körperliche Gewalt, die vor Zeugen ausgeübt wurde und Trennungsabsichten des Opfers reichten für das Gericht nicht aus um bei dem Femizid ein Mordurteil zu fällen.
Kund:innen des Kelterstüble, einer Kneipe im Stuttgarter Süden, die von Luminita und ihrem Partner betrieben wurde, tranken mehrere Monate ahnungslos ihr Bier und wunderten sich ab und zu über den immer schlimmer werdenden Gestank im Lokal.
Ihr Sohn meldete Luminita nach mehreren Monaten ohne Kontakt als vermisst. Erst als die Polizei mit Leichenspührhunden in die Wohnung kam und die direkt angrenzende Kneipe untersuchten, kam Licht ins Dunkle: Luminita wurde getötet und anschließend in die Wand eingemauert.
Partner verurteilt wegen Totschlag
Am 26. Juli ist nun das Urteil im Prozess am Landgericht Stuttgart gefallen. 10 Jahre Haft wegen Totschlags. Der Verurteilte ist ihr Partner. Beim Fund der Leiche im Oktober 2024 war sie so verwest, dass Forensiker weder eine Todesursache feststellen konnten, noch Spuren von dem neben ihr eingemauerten Messer entnehmen konnten.
Das Gericht verurteilte den Gastwirt trotzdem als Täter. Sie berufen sich hierbei auf ein Urteil des Bundesgerichtshofs aus dem Jahr 2012. Verurteilungen können auch dann erfolgen, wenn alle anderen plausiblen Alternativen geprüft und ausgeschlossen worden sind. Im Fall von Luminita schließen sie eine natürliche Todesursache oder andere Möglichkeiten aus – die einzige Ursache für ihren Tod sei Totschlag.
Der Angeklagte verwickelte sich außerdem immer wieder in widersprüchliche Aussagen. Auf die Frage, wo seine Partnerin sei, hieß es, mal nach Griechenland durchgebrannt, mal zurückgekehrt in ihr Heimatland Rumänien, mal in Berlin lebend.
Er beauftragte sogar einen Handwerker, der die eingemauerte Stelle besser isolieren sollte. Als dieser nach der Ursache schauen wollte lehnte der Täter das heftig ab.
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Mordmotive für das Gericht nicht erfüllt
Während des Prozesses wurde immer deutlicher wie der Täter Luminita finanziell ausbeutete. Die beiden kannten sich etwa ein Jahr lang. Die Kneipe, welche sie zusammen betrieben, lief nicht besonders gut. Außerdem war der Pachtvertrag der Kneipe auf sie festgeschrieben. Um das Leben der beiden zu finanzieren, arbeitete die Frau außerdem in einem Casino.
Laut Zeugen kam es häufiger zu „Streitereien“, vor allem wegen der „Arbeitsmoral“ des Mannes. Hier übte er gegen sie körperliche Gewalt aus. Zum Beispiel zerrte er an ihren Haaren. Das konnten Besucher:innen der Kneipe bestätigen.
Gerichtssprecher Timur Lutfullin erklärte: „Zeugen berichteten, dass zu Lebzeiten der Toten Streitigkeiten und Übergriffe stattgefunden haben.“ Er führte aus: „Die Tote verdiente das Geld. Mit dem finanzierte sie den Lebensstil des Angeklagten und wollte sich von ihm trennen.“
Das Opfer hatte einer Freundin erzählt, dass es sich von ihm trennen wollte. Hier könnte ein Motiv vermutet werden, da es für den Mann bedeutet hätte, seine Partnerin auszubeuten um für seinen Lebensunterhalt zu sorgen. Das Gericht sieht das anders, weshalb das Urteil auch auf Totschlag gefällt wurde. Der Mann kündigte trotzdem bereits an gegen das Urteil vorgehen zu wollen.
Protest angekündigt
Die Frauenorganisation Zora und das Frauenkollektiv der Föderation Klassenkämpferischer Organisationen in Stuttgart ordnen die Tat jedoch klar als Femizid ein. „Es ist das gleiche Tatmotiv, was bereits so viele Frauen brutal aus dem Leben gerissen hat. Es ist der männliche Besitzanspruch über den Körper einer Frau, es ist ein weiterer Mann, der sich das Recht nimmt, über das Leben einer Frau zu bestimmen“, erklärt die Aktivistin Carola M. vom Frauenkollektiv Stuttgart.
Sie wollen dieses Urteil nicht unbeantwortet lassen. Deshalb findet am Mittwoch, den 2. Juli um 18 Uhr am Marienplatz in Stuttgart Süd eine Kundgebung und Demonstration statt.
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