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Heimliche Liebe oder doch kaum verdeckte Einflussnahme? – Plattner spendet an Potsdamer Uni

Milliardär Hasso Plattner will Millionen spenden, um den alten Landtag in Potsdam zu sanieren und der Uni Potsdam so einen neuen Campus zu schaffen. Warum er das wirklich tut und wieso wir uns nicht auf Philanthropie verlassen sollten. – Ein Kommentar von Enrico Telle.

Der Tech-Konzern SAP ist ein Schlachtschiff der internationalen IT-Branche und außerdem das einzige deutsche Unternehmen, das in diesem Bereich und auf diesem Level weltweit mitspielen kann. Hasso Plattner haben seine Anteile an der Firma zum Milliardär gemacht – Geld, das er nun anders investiert, als einige andere vergleichbar reiche Deutsche.

Denn während sich andere Yacht nach Yacht kaufen, steht ihm der Sinn mehr nach alten Gemäuern und scheinbar vor allem nach Status in der Gesellschaft. Seit der mittlerweile 81-Jährige nach Potsdam gezogen ist – die Lieblingsresidenz der preußischen Könige und auch des Bundespräsidenten – investiert er immer weiter in verschiedene historische Gebäude, die nach seiner wohltätigen Gabe zu verschiedenen gemeinnützigen Zwecken genutzt werden.

Millionen für die Universität

Der Mitgründer des globalen deutschen Tech-Konzerns SAP hat nun erneut in Potsdam groß investiert. Nachdem er bereits das Potsdamer Stadtschloss renovieren ließ, damit dort die Landesregierung Brandenburgs einziehen kann und ein Privatmuseum im Palais Barberini einrichtete, folgt also nun die nächste „Spende“ in Millionenhöhe in der Landeshauptstadt.

Diesmal soll das Geld über eine Stiftung in die Sanierung des alten Landtags fließen. Nachdem das inzwischen recht zerfallene Gebäude wieder in einen benutzbaren Stand zurückgeführt sein wird, soll die Uni Potsdam es als neuen Campus verwenden. Gleich drei Bereiche – die Rechts-, Sozial- und Wirtschaftswissenschaften – sollen hierhin umziehen.

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Zwischen Geltungsdrang und Einflussnahme

Während eine solche Investition bei einem Privatmuseum oder Restaurant nun einfach nur nach Prahlerei oder Gönnertum aussähe, sollte man Investitionen in Gebäude, die anschließend von Universitäten oder der Landesregierung bewohnt werden, nicht einfach auf die Profilneurose des Milliardärs reduzieren.

Denn im Gegensatz zu Plattners Beteuerungen, dass er schon immer die Stadt vergöttert habe, liegt bei solch einer Wahl gleichzeitig das Geschmäckle von Einflussnahme nahe. Schließlich handelt es sich um Millionenbeträge, für die nicht nur einiges an Dankbarkeit zu erwarten sein dürfte, sondern auch ein gewisses Maß an Einwirkung auf die Universität.

Plattner beteuert zwar vorgeblich aufrichtig, er „hab(e) immer eine heimliche Liebe für Potsdam gehabt“. Dass das Geschenk an die Universität jedoch noch andere Gründe als reine Liebe haben könnte, wird auch schnell klar: Das nach ihm benannte Hasso-Plattner-Institut soll vor allem von dem gewonnenen Platz profitieren. Das pritvate IT-Institut soll durch den Umzug der Geisteswissenschaften an den neuen Campus im alten Landtag um drei Gebäude erweitert werden, 70 neue Professuren sollen geschaffen werden, und die Zahl der Studierenden soll sich auf 2.000 verdoppeln.

Aufholjagd im Bereich der künstlichen Intelligenz

Hierdurch soll der Rückstand Deutschlands im internationalen Wettrennen um die künstliche Intelligenz wettgemacht werden. Denn es gibt ein weltweites Wettrennen im Bereich der IT und insbesondere bei der künstlichen Intelligenz. In diesem Rennen will Plattner mit dem neuen Potsdamer Institut Deutschland im digitalen Kräfteringen auf Kurs bringen.

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Ein Wettbewerbserfolg, von dem auch SAP profitieren dürfte: das Unternehmen möchte „neue Chancen erschließen mit bewährten und intuitiven KI-Lösungen“. Ebenso steht eine solche Investition sicherlich auch im Interesse des deutschen Staats, der seit einigen Jahren versucht, auch im IT-Sektor immer unabhängiger von den USA zu werden.

Leider wird das für viele aktuell Studierende so oder so zu spät kommen: Plattner entscheidet sich bei seinen großzügigen Spenden gern für Gebäude, die kurz vor dem Abriss stehen, anstatt etwas Neues zu bauen oder Gebäude in Angriff zu nehmen, die nur etwas saniert werden müssten. Daher wird es wohl noch bis zu zehn Jahre dauern, bis der momentan schwer beschädigte „Potsdamer Kreml“ für die Universität nutzbar ist.

Enteignung statt Philanthropie

Hin oder her: Bildung, ebenso wie Kunst, Kultur und Politik, gehören in die Hände der Gesellschaft und nicht einiger Weniger besonders reicher und mächtiger Aktionäre. Wenn die Menschen, die tagtäglich den Reichtum von Firmen wie SAP erarbeitet haben, an diesem beteiligt würden, müsste uns kein nobler Spender die Uni finanzieren, damit hinterher er und sein Konzern von den Forschungserkenntnissen profitieren können.

Man muss sich nur einmal vorstellen, was wir alles erreichen könnten, wenn wir, anstatt Plattner für Spenden in Höhe von ein paar Bruchteilen seines Wohlstands in den Himmel zu loben, diesen Wohlstand einfach selbst verwalten könnten. Statt einer Spende an die Uni Potsdam, die ohnehin hauptsächlich den eigenen Interessen dient, könnten wir Hochschulen und Bildungsinstitutionen in ganz Deutschland sanieren.

Also: her mit der Bildung, her mit den Produktionsmitteln! Plattner enteignen – SAP den Arbeiter:innen!

Enrico Telle
Enrico Telle
Autor seit 2025. Enrico Telle ist ein kultur- und musikinteressierter Rheinländer, der nach einer handwerklichen Ausbildung nun im sozialen Bereich arbeitet. Er schreibt besonders gern über Sachthemen, sowie Arbeitskämpfe und Außenpolitik. Zum Entspannen und zu sich Finden wird Ab und An zum nächsten Park gejoggt oder auch mal Druck am Sandsack abgelassen.

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