Seit Tagen liefern sich Israel und der Iran einen Schlagabtausch und viele befürchten eine weitere Eskalation des Krieges, welche die gesamte Region noch tiefer ins Chaos stürzen könnte. Wie fallen die internationalen Reaktionen aus?
Der Krieg zwischen dem Iran und Israel tobt weiter. Immer wieder attackieren sich die beiden Staaten mit Raketen und Drohnen. Eine Ausweitung des Krieges auf die gesamte Region und ein Eingreifen internationaler Akteure wie den USA scheint immer wahrscheinlicher.
Fast geht schon dabei unter, dass auch der israelische Genozid in Gaza weiterläuft: In den letzten Tagen wurden mindestens 69 Menschen durch israelische Luftanschläge getötet und 221 weitere verletzt. Seit über einer Woche gibt es zudem immer wieder keine Internetverbindung auf dem gesamten Gebiet, und es gibt kaum noch aktuelle Bilder, die nach außen dringen.
Aktuelle Entwicklungen in Westasien
Im Verlaufe der letzten Tage haben israelische Kampfjets erneut verschiedene Ziele im Iran bombardiert – darunter die Hauptstadt Teheran, die Millionenstadt Karaj und einen Schwerwasserreaktor in einer Atomanlage im Nordwesten des Landes.
Auch über Tel Aviv und Jerusalem waren in der Nacht Explosionen zu hören, von denen mindestens vier das Luftverteidigungssystem Israels durchdrangen. Laut einer iranischen Medienagentur galten die Angriffe vor allem Institutionen des militärischen Geheimdienstes der israelischen Armee. Dabei wurde auch das benachbarte Soroka-Krankenhaus in Be’er Sheva getroffen.
Kurz nach den Angriffen kündigte der israelische Premierminister Netanjahu schwere Vergeltungsschläge an. Immer wieder wird auch damit gedroht, die geistlichen und politischen Führer des iranischen Mullah-Regimes auszuschalten. Israels Verteidigungsminister Israel Katz erklärte die Tötung des religiösen und politischen Oberhaupts des Iran, Ali Chamenei, zur Hauptzielscheibe des Kriegs: Chamenei „sieht die Zerstörung des israelischen Staates als Ziel an. Ein solcher Mann darf nicht am Leben bleiben“.
„Niemand weiß, was ich tun werde“
Ebenfalls bleibt abzuwarten, ob die USA aktiv in den Konflikt eingreifen werden: „Niemand weiß, was ich tun werde.“ So fasste der US-amerikanische Präsident Donald Trump seine Haltung zum Krieg zusammen und sagt damit gleichzeitig alles und nichts . Zwar bleibt es bisher bei Drohgebärden in Richtung Iran, aber auch ein direktes militärisches Eingreifen der USA ist nicht auszuschließen.
Ob und wie die USA militärisch agieren werden, soll in den nächsten zwei Wochen entschieden werden, so Karoline Leavitt, die Pressesprecherin des Weißen Hauses. Bis dahin will man sich die Option weiterer Verhandlungen mit der iranischen Regierung offen halten.
Der Iran warnt die USA hingegen deutlich vor einem Eingreifen. Der stellvertretende Außenminister Kazem Gharibabadi erklärte: „Sollten die USA aktiv zur Unterstützung Israels eingreifen, hat der Iran keine andere Wahl, als dem Aggressor eine Lektion zu erteilen und sich zu verteidigen.“ Zudem halte man sich „alle notwendigen Optionen offen“.
Bemühungen der Evakuierung
Auch in anderen Teilen der Welt häufen sich die Reaktionen auf den Krieg und seine drohende Eskalation. So haben sich Diplomat:innen der Volksrepublik China mit Vertreter:innen Ägyptens und des Omans verständigt. Im Laufe des Donnerstags ließen sie über 1.600 chinesische Staatsbürger:innen aus dem Iran und hunderte weitere aus Israel evakuieren.
Auch die französische Regierung bereitet sich nach Angaben des französischen Außenministers Jean-Noël Barrot darauf vor, ihre Staatsbürger:innen noch in dieser Woche über die Türkei, Armenien und den Jordan aus der Region zu evakuieren. Kurz zuvor hatte die bulgarische Regierung bekannt geben, ihre Botschaft im Teheran geschlossen und ihre Diplomat:innen mit ihren Familien evakuiert zu haben.
Deutscher Botschafter einbestellt, Putin will vermitteln
Der deutsche Botschafter im Iran, Markus Potzel, hingegen wurde heute von der Regierung in Teheran einbestellt – eine Reaktion auf die Äußerung von Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) gestern Abend im ZDF, dass Israel die „Drecksarbeit“ für andere mache. „Ich kann nur sagen, größten Respekt davor, dass die israelische Armee, die israelische Staatsführung den Mut dazu gehabt hat, das zu machen.“, so Merz.
Damit verhärten sich die Fronten weiter: Deutschland stellt sich klar auf die Seite Israels, und weder von deutscher noch iranischer Seite ist großes Interesse an einer Deeskalation zu erkennen.
Der russische Präsident Wladimir Putin hingegen bietet sich unterdessen als Vermittler an. Er sei im Kontakt mit Trump und Israel und könne helfen, ein Abkommen auszuhandeln, das sowohl die Interessen des Irans, als auch die Israels berücksichtige. Am Donnerstag warnte auch Maria Zakharova, eine Sprecherin des russischen Außenministeriums, die USA vor einem Eingreifen. US-Präsident Trump lehnte eine Vermittlung hingegen ab und wies den russischen Präsidenten an, zunächst den Ukraine-Krieg zu beenden.
Keine Beweise für den Bau von Atomwaffen
Mittlerweile hat sich auch Rafael Grossi, Chef der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEA), zu Wort gemeldet und bestätigt, dass es im Iran keine Beweise für einen „aktiven, systematischen Plan, eine Atomwaffe zu bauen“ gäbe. Damit widerspricht der Generaldirektor der Atomaufsichtsbehörde der Vereinten Nationen der Darstellung westlicher Politiker:innen, dass der Iran nur wenige Wochen davon entfernt sei, zur Atommacht zu werden.
Er betont aber ebenfalls, dass der Iran die IAEA nicht über „eine Reihe von Dingen informiert hat, die sehr wichtig sind“. Dies hatte zuvor bereits ein Bericht der Atomorganisation festgestellt.
Für Frieden und Selbstbestimmung
In den vergangenen Tagen veröffentlichte auch Bêman Fîyan, Ko-Vorsitzender der Partei für ein Freies Leben in Kurdistan (PJAK) ein Statement. Die PJAK gilt als Schwesterorganisation der Kurdischen Arbeiterpartei (PKK) im Iran, die sich allerdings seit 2011 in einem Waffenstillstand mit der iranischen Regierung befindet.
Bêman Fîyan stellte in seiner öffentlichen Stellungnahme fest, dass der Iran zwar extrem geschwächt sei, aber der anhaltende Krieg und ein potenzieller Sturz des Mullah-Regimes nur noch mehr Chaos und Leid für die Region bedeute, weshalb die kurdischen Kräfte in der Region zwar für mehr Autonomie, aber auch eine friedliche Lösung des Konflikts einstehen würden.
Ähnlich liest sich eine Stellungnahme verschiedener Arbeiter:innensyndikate und anderer unabhängiger Arbeiter:innenorganisationen aus dem Iran: „Wir, die unabhängigen Arbeiter- und Basisorganisationen und Aktivisten im Iran, machen uns keine Illusionen darüber, dass die Vereinigten Staaten und Israel uns Freiheit, Gleichheit und Gerechtigkeit bringen wollen – genauso wenig wie wir uns Illusionen über den repressiven, interventionistischen und arbeiterfeindlichen Charakter und das Verhalten der Islamischen Republik machen.“
Wie geht es weiter?
Der Krieg nahm auch in der Nacht von Donnerstag auf Freitag seinen weiteren Lauf. Beide Seiten attackierten sich weiterhin hauptsächlich in Form von Raketenangriffen.
Relevant für den weiteren Verlauf des Krieges und seine mögliche Eskalation werden die für den heutigen Freitag angesetzten Treffen des UN-Sicherheitsrats und das am selben Tag geplante Treffen zwischen den Außenministern Großbritanniens, Frankreichs, Deutschlands und des Irans sein. Auch die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas will an der Zusammenkunft teilnehmen.