Mit Kolumbien tritt ein weiteres Land der von den BRICS-Staaten gegründeten Entwicklungsbank bei. Der US-amerikanische Einfluss wird in einem seiner traditionsreichsten Einflussgebiete ganz direkt in Frage gestellt.
Am vergangenen Donnerstag gab die kolumbianische Kanzlerin Laura Sarabia offiziell den Beitritt ihres Landes zur New Development Bank (NDB, zu deutsch Neue Entwicklungsbank) bekannt.
Was ist die New Development Bank?
Die Bank war vor zehn Jahren von den Mitgliedern des Staatenbündnisses BRICS (Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika) gegründet und mit Kapital aus den eigenen Staatskassen ausgestattet worden.
Das definierte Ziel der Bank war ursprünglich, größere Investitionen in den Mitgliedsstaaten zu finanzieren – und dabei zugleich deren Abhängigkeit von etablierten Kreditgebern wie dem Internationalen Währungsfond (IWF) oder der Weltbank zu verringern. Dies geschah insbesondere deshalb, da diese Banken sehr stark von den konkurrierenden älteren imperialistischen Ländern der heutigen G7-Gruppe dominiert sind und waren.
In den letzten Jahren hat sich jedoch der BRICS-Verbund für die Aufnahme neuer Mitgliedsstaaten geöffnet und somit auch für neue Mitgliedsstaaten der BRICS-New Development Bank. So sind ihr seit 2021 Bangladesch, die Vereinigten Arabischen Emirate, Uruguay, Ägypten, Algerien, Usbekistan und jetzt eben auch Kolumbien beigetreten.
Kampf um die Vorherrschaft als staatlicher Kreditgeber
Der IWF und die Weltbank bilden unverkennbar das Vorbild für die BRICS-Bank und die Ausweitung ihrer Mitgliedschaft. Beide Institutionen hatten den G7 nicht nur eine Möglichkeit zum gemeinsamen Export von staatlichem Kapital in abhängige Länder verschafft, sondern zugleich eine Möglichkeit, massiven politischen Einfluss auf diese zu nehmen. Beispielsweise wurden große Kredite immer wieder an ganz konkrete Bedingungen wie die Privatisierung bestimmter staatlicher Betriebe geknüpft (sogenannte „Strukturanpassungsprogramme”).
Ziel der BRICS-Staaten ist es, eben diesen Status Quo infrage zu stellen und sich selbst ein adäquates Instrument zu schaffen, um Kredite zu vergeben und Einfluss zu nehmen.
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Was hat die BRICS-Bank Kolumbien zu bieten?
Aus Sicht der kolumbianischen Kapitalistenklasse dürfte es genau darum gehen: die bisher sehr große Abhängigkeit von den USA zu verkleinern und sich neue Möglichkeiten zur Finanzierung eigener Großprojekte zu schaffen. Passend dazu sagte Finanzminister Ricardo Bonilla gegenüber der Presse: „Es geht darum mehr Optionen zu haben, nicht um die Ersetzung aller Verbündeter.“
In der Tat ist die Entscheidung der kolumbianischen Regierung besonders interessant vor dem Hintergrund der kürzlich sehr einseitigen geführten Zollverhandlungen mit den USA. Noch im Januar hatten die USA Kolumbien mit der Androhung von massiven Zollerhöhungen gezwungen, seine Zustimmung zu Abschiebeflügen nach Kolumbien zu geben.
Eines der wichtigsten Projekte, für die eine Mitfinanzierung über die BRICS-Bank im Raum steht, ist ein Kanal, der durch Kolumbien führen soll, um Atlantik und Pazifik zu verbinden – eine Alternative zum wirtschaftlich extrem bedeutsamen Panama-Kanal.
BRICS oder USA – Die Abhängigkeit bleibt
Kolumbien tritt der NDB zunächst als kreditnehmendes Mitglied bei: es kann also Kredite für Projekte im eigenen Land in Anspruch nehmen, jedoch nicht im gleichen Maße wie andere Mitgliedsstaaten über die Entwicklungen der Bank mitbestimmen.
Tatsächlich ist die Entscheidung vor allem deshalb so bemerkenswert, weil Kolumbien seit Jahrzehnten als einer der wichtigsten und engsten Verbündeten der USA in Lateinamerika gilt und mit einem Außenhandelsanteil von über 30 Prozent wirtschaftlich noch immer extrem eng mit den USA verflochten ist.
Es bleibt also abzuwarten, wie die USA auf diese Bedrohung ihrer traditionellen Einflusssphären in Südamerika reagieren wird. Zugleich ist schon jetzt klar, dass die NDB eben nur eine Alternative für die nationale Kapitalist:innenklasse in Kolumbien darstellt, die möglicherweise mit etwas besseren Kreditkonditionen überzeugen kann. Eine Annäherung an die BRICS läuft für Kolumbien aber zugleich nur auf eine andere Form der Abhängigkeit hinaus.
Die tatsächlichen sozialen Probleme des Landes wie der zwischen Politik und Kapital verflochtene Drogenhandel oder auch die massiv ungleiche Verteilung von Grund und Boden werden hierdurch sicherlich nicht behoben.