2024 musste die Meyer Werft in Papenburg noch vom Bund und dem Land Niedersachsen vor der Insolvenz gerettet werden. Bei sinkenden Löhnen und steigenden Preisen sind Kreuzfahrten nicht mehr rentabel. Geld ohne Ende gibt es hingegen für die Rüstungsindustrie – also sollen zukünftig Militärschiffe gebaut werden.
Aufgrund der im Ukraine-Krieg erlassenen Sanktionen sowie den weltweiten Handelskämpfen stiegen die Energiepreise und damit auch die Preise von Materialien wie Stahl enorm. In der deutschen Schwerindustrie, allen voran im Maschinenbau und in der Metall- und Elektroindustrie, sorgte dies für massive Kosten- und Gewinneinbrüche.
Auch mehrere Schiffsbauer:innen haben mit Auftragseinbrüchen, steigenden Kosten und Insolvenz zu kämpfen – mit der Folge des Verlust der Arbeitsplätze für hunderte Arbeiter:innen.
Werftschließung: Politik, Kapital und Gewerkschaft in einem Boot
„Verstaatlichung“ als Rettung für „industrielles Kronjuwel“
So erging es auch der ehemals familiengeführten Meyer-Werft, die sich bislang auf den Bau von Kreuzfahrtschiffen fokussiert hat. Schon 2021 hatte diese Arbeiter:innen vor die absurde Wahl zwischen dem Arbeitsplatzabbau von 660 Stellen – dafür aber 200 unbezahlten Überstunden jährlich – oder von 1100 Stellen gestellt. Die Arbeiter:innen entschieden sich dafür, dass weniger Kolleg:innen gehen müssen.
2024 ging sie im Zuge von Auftragseinbrüchen infolge der Corona-Pandemie und steigender Produktionspreise in den Konkurs und Stand vor der Insolvenz. Der damalige Bundeskanzler Olaf Scholz bezeichnete die Werft als „systemrelevant für die maritime Wirtschaft in Deutschland“ und als „industrielles Kronjuwel“.
Es folgte die finanzielle Rettung des Unternehmens durch den Einstieg des Bundes und des Landes Niedersachsens mit jeweils 200 Millionen Euro. Hinzu kam die Übernahme von Aufträgen von den insolventen MV-Werften. Die wirtschaftliche Lage des Unternehmens hat sich damit jedoch nicht grundlegend verbessert und das Geschäft mit Kreuzfahrtschiffen bleibt auf absehbare Zeit nicht rentabel.
Zukunft in der Rüstungsproduktion
Gemeinsam mit der Lürssen-Werft baut Meyer bereits an Marine-Versorgungsschiffen. Der mit der wirtschaftlichen Sanierung des Unternehmens beauftragte Geschäftsführer Ralf Schmitz denkt in diesem Zusammenhang nun über einen vollständigen Wechsel in die Rüstungsindustrie nach.
Zwar gehen Expert:innen davon aus, dass die Abarbeitung vorhandener Aufträge und eine vollständige Umstellung auf die Produktion von Marineschiffen mehrere Jahren dauern wird und auch entsprechende Expertise fehlt. Diese könne sich jedoch schnell angeeignet werden und gleichzeitig besitze die Werft dann die Produktionskapazitäten „vier bis fünf Fregatten in Serie zu bauen“ – wie Geschäftsführer Ralf Schmitz betont. Hinzu seien die Werften überdacht und damit vor Spionage geschützt.
Die Rettung der Werft und Äußerungen Olaf Scholz` stehen mit den aktuellen Plänen in einem neuen Licht. Auch ist die Meyer-Werft nicht das einzige Unternehmen, das die Produktion im Zuge der Krise auf Rüstung umstellen und sich damit retten will. Vor wenigen Wochen wurden ähnliche Pläne des VW-Konzerns, von der Produktion von Autos auf die Panzerproduktion zu wechseln, öffentlich.
Hintergrund dessen ist auch, dass mit der Öffnung der Schuldenbremse für „Verteidigungsausgaben“ der weiteren Aufrüstung und Militarisierung Deutschlands fast keine Grenzen mehr gesetzt werden.