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NRW: Grüne und CDU für Militärpropaganda in Schulen und Uni-Forschung für Kriegsgerät

Nachdem bereits in Bayern ein Gesetz den Zugang der Bundeswehr zu Schulen und Universitäten erleichtern soll, zieht Nordrhein-Westfalen nach. Mit einem neuen Gesetz soll die Bundeswehr wieder „mit allen Teilen der Gesellschaft ins Gespräch kommen“, insbesondere der Jugend – Ein Kommentar von Matthias Goeter.

Deutschland rüstet auf: erst die Zeitenwende und das Ampel-Sondervermögen, dann die Planungen zur Wiedereinführung der Wehrpflicht; es folgte der Operationsplan Deutschland (OPLAN DEU) zur direkten Kriegsvorbereitung und inneren Militarisierung. VW plant statt Autos Panzer zu bauen, die Meyer-Werft Kriegs- statt Kreuzfahrtschiffe. Auch die Aufhebung der Schuldenbremse für Militärausgaben ist durchgesetzt.

Ein weiterer Militarisierungsschritt zeichnet sich derweil in den Ländern ab: Die NRW-Landesregierung plant laut WAZ ein neues Bundeswehrgesetz. Nachdem die NRW-CDU bereits auf ihrem letzten Landesparteitag einen entsprechenden Beschluss gefasst hat, zog jüngst die grüne Vize-Ministerpräsidentin und Wirtschaftsministerin von NRW, Mona Neubaur, nach und stößt auf Zustimmung beim Koalitionspartner CDU.

Die Bundeswehr als Welterklärerin

Ein Kernpunkt des Gesetzes soll sein, dass vermehrt Jugendoffiziere in Schulen für die Bundeswehr werben. Gegenüber der WAZ wird die Zielvorgabe von der Jungen Union – der Jugendorganisation der CDU – so formuliert: „Jede Schülerin und jeder Schüler in Nordrhein-Westfalen sollte während der Schulzeit mindestens einmal Kontakt zur Bundeswehr gehabt haben“.

Dabei sollen nach der Grünen Neubaur „Soldatinnen und Soldaten die Möglichkeit erhalten, mit jungen Menschen ins Gespräch zu kommen, um ihnen zu erklären, in welcher Welt sie aufwachsen“.

Die Vermischung politischer Bildung mit Rekrutierungsmöglichkeiten für die Bundeswehr ist dabei nichts anderes als eine Ablenkungsmanöver, um für Zustimmung zu solchen Maßnahmen in breiteren Bevölkerungsschichten zu werben. Wer wünscht sich denn nicht eine bestmögliche Bildung für die eigenen Kinder?

Dabei wird gekonnt verkannt, dass die Bundeswehr als Armee kaum in der Lage ist, tatsächliche, allseitige Bildung zu gewährleisten. Sicher wird sie versuchen zu erklären, warum die deutsche Freiheit am Hindukusch bzw. heutzutage in der Ukraine oder auf dem Baltikum verteidigt werden müsse – über sexuelle Übergriffe in der Truppe, faschistische Netzwerke, Traumatisierungen oder die Selbstmordrate unter Soldat:innen, geschweige denn, wessen „Freiheit“ verteidigt werden müsse, wird aber vermutlich eher geschwiegen werden.

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„Militärische Forschungsfreiheit“ statt Zivilklausel

Ein weiterer Bestandteil des geplanten Bundeswehrgesetzes soll die „Freiheit zur verteidigungstechnischen Forschung an Hochschulen“ sein. Unter diesem sperrigen Begriff versteckt sich nichts anderes als ein offener Angriff auf die Forschungsfreiheit an deutschen Universitäten und die sogenannte „Zivilklausel” – eine Lehre aus dem Zweiten Weltkrieg und Errungenschaft der Studierenden.

Welche Freiheit zur militärischen Forschung gibt es aktuell nicht? Die Rüstungsschmieden können doch mit ihren saftigen Profiten so viel Forschung machen wie sie wollen. Die Verdrehung der in der Zivilklausel verankerten, freiwilligen Festlegung von Universitäten auf rein zivile Forschung als „Unfreiheit“ entspricht schlicht nicht der Wahrheit. Es ist vielmehr eine Methode, die weitere Militarisierung der Gesellschaft voranzutreiben und durch die gezielte Verwendung des positiv besetzten Begriffs der Freiheit zu legitimieren – damit aber letztlich das eigentliche Interesse, eine Vertiefung der militärischen Forschung als Grundlage der weiteren Aufrüstung, zu verschleiern.

Aufrüstung und Militarisierung Hand in Hand

Im Fall der grünen Wirtschaftsministerin Mona Neubaur wird dabei noch ein weiteres Interesse deutlich: Parallel zu ihrem Vorstoß eines Bundeswehrgesetzes für NRW veröffentlichte sie in ihrer Funktion als Wirtschaftsministerin das Innovationsnetzwerk Defence.NRW ihres Ministeriums. Nordrhein-Westfalen als Bundesland ist für die deutsche Rüstungsindustrie ein wichtiger Standort und einige der größten deutschen Rüstungsunternehmen, unter anderem Rheinmetall, Thales oder Thyssenkrupp, haben ihren Sitz dort.

Mit Defence.NRW plant das Wirtschaftsministerium, den Zugriff der Rüstungsindustrie auf die NRW-Wirtschaft zu verbessern und Konzerne, die ihre Produktion aufgrund der Krise auf Rüstungsgüter umstellen wollen, zu unterstützen. Damit soll die Bedeutung NRWs als Rüstungsstandort weiter ausgebaut werden.

Dieses Interesse aus dem Wirtschaftsministerium setzt die weitere Förderung militärischer Forschung quasi voraus und profitiert auch vom letzten zentralen Punkt des geplanten Bundeswehrgesetzes: Dieser sieht mit dem Vorrang militärischer Bauvorhaben in der Landesplanung ein klares Mittel vor, staatliche Gelder zuvorderst in die Bundeswehr, Aufrüstung und Militarisierung zu stecken und demzufolge Soziales im Landeshaushalt immer weiter zu vernachlässigen.

Kein Mensch, kein Cent der Bundeswehr

Das geplante Bundeswehrgesetz in NRW steht damit in einer Linie mit ähnlichen Vorhaben in Bayern und den allgemeinen Bestrebungen Deutschlands zur Aufrüstung und Militarisierung nach Innen wie Außen. Zentrales Ziel dieser Gesetze ist, zukünftige Generationen für die Kriege der Zukunft „tüchtig“ zu machen und den Bildungsbereich, der insbesondere durch den Einsatz von Schüler:innen und Studierenden noch relativ unabhängig oder durch friedenspolitische Forderungen geprägt ist, weiter für die Bundeswehr und Rüstungsindustrie zu erschließen und in den Dienst der deutschen Aufrüstung- und Militarisierung zu stellen.

Der Widerstand hiergegen kann dabei vielfältig sein und Anlässe gibt es viele: vom Protest gegen Jugendoffiziere an der Schule über den weiteren Einsatz für Zivilklauseln an den Hochschulen, der Störung von Bundeswehr und Rüstungsindustrie auf Berufsmessen bis hin zu direktem Widerstand, wie beispielsweise am vergangenen Veteranentag oder im Rahmen des diesjährigen Rheinmetall Entwaffnen-Camps Ende August 2025 in Köln.

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