Der Klimawandel spitzt sich immer weiter zu: Etwa 80 Prozent der Bäume in Deutschland sind inzwischen krank. Global ist und bleibt der größte Feind der Natur dabei die kapitalistische Wirtschaftsweise.
Der Klimawandel schreitet in enormer Geschwindigkeit immer weiter voran. Ob Hitzetote (im Jahr 2023 hat es laut Experten mehr als 47.000 Hitzetote in Europa gegeben), Korallensterben oder Trinkwasserknappheit: Die Liste der lebensbedrohenden Folgen des Klimawandels ist lang. Im vergangenen Jahr wurde erstmals gemessen, dass die Erde das gesamte Jahr die 1,5 Grad Grenze überschritten hatte. Aktuell gehen Forscher:innen davon aus, dass die Erde sich zwischen 2030 und 2040 dauerhaft auf über 1,5 Grad erhitzt haben wird.
Diese drastischen Entwicklungen machen auch vor den deutschen Wäldern nicht halt. Am 11. Juni hat das Bundesministerium für Landwirtschaft, Ernährung und Heimat (BMLEH) die Ergebnisse der Waldzustandserhebung für das Jahr 2024 veröffentlicht. Um es kurz zu machen: Es sieht verheerend aus.
Nur noch jeder fünfte Baum ist gesund
Der Zustand des Waldes wird in Deutschland bereits seit dem Jahr 1984 jährlich erhoben. Für den aktuellen Bericht wurden fast 10.000 Bäume untersucht. Vorwiegend wurden Fichten, Kiefern, Buchen und Eichen begutachtet; diese Baumarten machten etwa 80 Prozent der Datenerhebung aus.
Lediglich 21 Prozent der untersuchten Bäume sind ohne Kronenschäden. Wie dicht die Baumkrone, also der obere Teil des Baumes, bewachsen ist, ist ein guter Indikator für den Gesundheitszustand eines Baumes. Das bedeutet, nur jeder fünfte Baum in Deutschland ist gesund.
Die sogenannte „Kronenverlichtung“, also das Absterben der gesunden Baumkrone, ist bei allen Baumarten zu beobachten. Diese Kronenverlichtung wird in Prozent angegeben: 36 Prozent gilt als „deutliche Kronenverlichtung“, und ab 43 Prozent spricht man von einer „Warnstufe“. Diese beiden Schadstufen sind, ähnlich wie 2023, weiterhin in den deutschen Wäldern sehr verbreitet. Vor allem ältere Bäume ab über 60 Jahren sind im Schnitt deutlich öfter krank.
Allerdings gibt es deutliche Unterschiede zwischen den Baumarten. Besonders drastisch ist der Gesundheitszustand der Eiche. Etwa die Hälfte der begutachteten Eichen wies eine „deutliche Kronenverlichtung“ auf. Ein Drittel befindet sich in der erwähnten „Warnstufe“. Lediglich 16 Prozent der Eichen gelten als gänzlich gesund. Zu diesem verheerenden Zustand hat im vergangenen Jahr vor allem der Befall durch Pilze und Insekten (vor allem der Eichenprachtkäfer) geführt.
Die Kiefer hat zwar im Schnitt die gesündeste Baumkrone, seit dem Jahr 2019 ist allerdings eine stetige Verschlechterung im Gesundheitszustand der Kiefer zu erkennen.
Weltweite Krisen im Wald
Global gesehen ist etwa ein Drittel des Planeten mit Wäldern bewachsen. Doch die Wälder sind nicht gleichmäßig auf der Erde verteilt. Allein in Russland befindet sich ein Fünftel des gesamten Waldes der Erde. Weltweit schrumpfen die Waldbestände immer weiter. Im Zeitraum zwischen den Jahren 1990 und 2020 ging die Fläche der Wälder um die fünffache Fläche Deutschlands zurück. Zwischen 2010 und 2020 ging die Waldfläche um 10,8 Hektar pro Minute zurück. Das entspricht einem Waldsterben in der Größenordnung von 15 Fußballfeldern pro Minute.
Die Hauptursache für die massive Rodung ist die Abholzung von Wäldern, um die freie Fläche für Ackerflächen nutzbar zu machen. Oft werden große Waldflächen dafür auch brandgerodet. Zwischen den Jahren 1990 und 2020 wurden 420 Millionen Hektar abgeholzt. Zieht man den Waldzuwachs, der durch Aufforstung und natürliches Wachstum der Abholzung entgegenwirkt, von dieser Zahl ab, so kommt man auf einen Netto-Waldflächenverlust von 177,5 Millionen Hektar für diesen Zeitraum. Diese Fläche entspricht etwa der Landesfläche Libyens.
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Naturschutzprojekte gleichen Ablasshandel
Auf dieses drastische Waldsterben, sei es durch den Klimawandel oder durch Rodung ausgelöst, gibt es eine Reihe von Reaktionen: Aufforstungsprojekte, der Import von widerstandsfähigen Baumarten oder Naturschutzzonen. Diese sind auch bitter nötig. Denn die Bäume werden durch die Zuspitzung der klimatischen Bedingungen einem immer größeren Stress ausgesetzt. So werden sie beispielsweise auch anfälliger für den Borkenkäfer und andere Schädlinge. Die Folgen sind auch heute schon für Laien offensichtlich.
Hinzu kommt, dass der einzige Nutzen einiger sogenannter Naturschutzprojekte ist, dass sich beispielsweise die Kunden einer Airline bei ihrem Flug besser fühlen. Denn sie haben ja im Ausgleich zu ihrer Klimasünde für ein paar Euro ein Aufforstungsprojekt unterstützt. Dieser moderne Ablasshandel, der uns den grünen Kapitalismus als Ausweg aus der Klimakrise verkauft, kann keine Lösung sein. Denn unregulierter Konsum und eine gesunde Umwelt widersprechen sich grundlegend.
Aktuell ist nicht zu erkennen, dass Naturschutzprojekte der extremen Ausbeutung der Natur und der Rodung der Wälder durch die kapitalistische Wirtschaftsweise langfristig etwas entgegensetzen können. Das zeigt auch die Waldzustandserhebung. Die Zahlen sind zwar im Vergleich zum Vorjahr annähernd gleich geblieben, aber der langfristige Trend zeigt abwärts.
Diese Bemühungen innerhalb des kapitalistischen Systems gehen also nicht ansatzweise weit genug und sind damit nicht mehr als ein Tropfen auf den heißen Stein, der sich Erde nennt.