Seit Ende April protestieren panamaische Arbeiter:innen gegen Sozialabbau und neokoloniale Unterwerfung. Der Staat und Unternehmen schrecken dabei vor keinen Maßnahmen zurück. Tausende Arbeiter:innen und Gewerkschafter:innen wurden nun entlassen.
Die Staatsführung der Republik Panama hat für die Provinz Bocas del Toro, die im Nordwesten des mittelamerikanischen Staates liegt, den Ausnahmezustand erklärt. Dies geht aus dem Amtsblatt der Republik hervor, in dem diese Maßnahme vom 27. Mai als Kabinettsresolution 48 enthalten ist.
Die vom Kabinett gebilligte Erklärung für die Provinz soll nach Angaben des Ministers für Handel und Industrie, Julio Moltó, dazu dienen, die schon lange bestehenden Probleme der Region zu lösen. In Bocas del Toro zählen dazu v.a. die Infrastruktur, das Gesundheitswesen und die Wasserwirtschaft. Der Minister führte dazu aus, dass es der Regierung nun möglich sei, Maßnahmen vor Ort schneller umzusetzen.
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Gegen Sozialabbau und neokoloniale Unterwerfung
Abweichend von dieser Darstellung wird jedoch weitgehend angenommen, dass der Ausnahmezustand erklärt wurde, um einfacher gegen ein Zentrum der aktuellen Protestbewegung in Panama vorgehen zu können.
Denn seit dem 28. April protestieren Beschäftigte aus dem Gesundheitswesen, Schulwesen, Bauwesen, sowie Indigene und Beschäftigte der Bananenwirtschaft – vor allem des US-Konzerns Chiquita. Ihr Protest richtet sich gegen die Politik des Sozialabbaus und die neokoloniale Unterwerfung der Regierung von Präsident José Raúl Mulino. Im Zentrum stehen dabei die Rentenreform und ein Sicherheitsabkommen zwischen Panama und den USA.
Die strittigen rentenpolitischen Maßnahmen bestehen zum einen in einer Reform der Sozialversicherungskasse (CSS). Die CSS versichert rund 80 Prozent der Bevölkerung. Der Hauptkritikpunkt an den im Gesetz 163 enthaltenen Änderungen besteht an der Regelung, dass 10 Prozent der Kapitalanlage der CSS durch Investmentfonds erfolgen soll. Dies wird als Einfallstor für eine Privatisierung der Rente betrachtet.
Des Weiteren wird befürchtet, dass das Renteneintrittsalter angehoben werden soll: In der ursprünglichen Fassung des Gesetzes sollten Frauen nicht mehr wie bisher mit 57 sondern mit 60 Jahren in den Ruhestand gehen und Männer mit 65 statt mit 62. Dies wurde zwar inzwischen abgeändert, die Arbeiter:innen bleiben jedoch skeptisch. Das erscheint gerechtfertigt, wenn der Vorsitzende der CSS, Dino Mon, ausführt: „Wir müssen uns schon jetzt damit abfinden, dass es eine Bevölkerung geben wird, für die wir das Rentenalter erhöhen müssen, denn sonst wird das nicht mehr tragbar sein.“
Das strittige Sicherheitsabkommen ermöglicht den Vereinigten Staaten die Stationierung von Truppen zu bestimmten Zwecken am Panamakanal. Diese zunächst auf drei Jahre befristete Vereinbarung erlaubt den USA, Schulungen und Übungen durchzuführen und Ausrüstung zu lagern. Eine Einrichtung von Militärstützpunkten bleibt zunächst ausgeschlossen. Die Vereinbarung wurde ebenfalls im April diesen Jahres getroffen.
Hartes Vorgehen gegen Streikende
Gegen diese Regierungspolitik protestierten die werktätigen Massen mit Streiks, Demonstrationen und Straßenblockaden. Dagegen gingen der Staat und die Unternehmen mit harten Repressionen vor. Chiquita entließ 4.900 Beschäftigte von insgesamt 7.000. Das Unternehmen erklärte, der Streik habe Verluste in Höhe von 75 Millionen US-Dollar verursacht. Der rechte Regierungspräsident drohte den Streikenden nun, dass es weitere Entlassungen geben würde, wenn der Streik weitergeführt werde.
Der Staat hat zudem führende Gewerkschaftsfunktionär:innen verhaften lassen. Einige konnten sich durch die Flucht ins Exil entziehen. Den Höhepunkt der staatlichen Maßnahmen gegen den Widerstand der Arbeiter:innenklasse in Panama stellt nun die Erklärung des Ausnahmezustands dar.