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Sexualisierte Gewalt im Krieg: 98 Prozent der Opfer Mädchen

Heute ist der 10. Internationale Tag für die Beseitigung sexueller Gewalt in Konflikten. Doch die Kriege werden mehr und somit auch die Zahl sexualisierter Gewalttaten.

Am 19. Juni 2008 verabschiedete der UN-Sicherheitsrat die Resolution 1820, die Vergewaltigung und andere Formen sexualisierter Gewalt als Kriegstaktik und als Hindernis für die Friedenskonsolidierung verurteilt. Damit gilt sexualisierte Gewalt als Kriegsverbrechen, als Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder sogar als Völkermord.

2015 wurde durch die UN-Generalversammlung der Internationale Tag für die Beseitigung sexueller Gewalt in Konflikten eingeführt. Der 19. Juni wurde dafür gewählt, um an die Bedeutung der im Jahr 2008 verabschiedeten Resolution zu erinnern.

Ziel dieses Tages ist es, auf diese spezifische Form der Gewalt in Kriegs- und Konfliktsituationen aufmerksam zu machen. Die Notwendigkeit, diese Form der Gewalt zu beenden, soll betont werden, Betroffene sichtbar und auf die Auswirkungen aufmerksam gemacht werden.

Was ist sexualisierte Gewalt in Kriegs- und Konfliktsituationen?

Sexualisierte Gewalt in Konflikten umfasst Vergewaltigung, sexuelle Sklaverei, Zwangsprostitution, Zwangsheirat und weitere schwere Übergriffe gegen Menschen jeden Geschlechts im Kontext kriegerischer Konflikte. Sexualisierte Gewalt wird hier als Kriegswaffe benutzt, indem sie strategisch zur Unterdrückung und Verbreitung von Angst in der feindlichen Armee und Zivilbevölkerung eingesetzt wird.

Diese spezielle Art von Gewalt wird gezielt eingesetzt, um Gemeinschaften zu zerstören, denn die körperlichen und seelischen Folgen für die Betroffenen sind verheerend und können sich über Generationen hinweg auf die folgenden Gesellschaften auswirken. Dabei ist klar: Diese Art von Gewalt gegen Frauen herrscht (und steigt) nicht nur im Kriegskontext, sondern beispielsweise auch hier in Deutschland.

Sexualisierte Gewalt gegen Frauen verdoppelt

Wo es Krieg gibt, gibt es auch kriegerische Verbrechen

Im Jahr 2023 gab es in Post-Konfliktsituationen laut UN-Berichten 1.186 dokumentierte Fälle von sexualisierter Gewalt an Kindern. 98 Prozent der Opfer waren Mädchen. Schätzungen nach liegt die Dunkelziffer bei 100 nicht gemeldeten Taten auf einen gemeldeten Fall.

Mit der steigenden Zahl von Kriegen und Bürgerkriegen nimmt auch die Zahl dieser Verbrechen weiter zu. Das zeigen unter anderem die Zahlen zu bestätigten Fälle sexueller Gewalt gegen Kinder, bei denen staatliche Streitkräfte als Täter beteiligt waren. Die Zahl dieser Fälle war im Jahr 2019 fast doppelt so hoch wie im Jahr 2018.

Aktuelle Kriegssituationen

Ob imperialistische Kriege wie der zwischen der Ukraine und Russland, der Vernichtungskrieg Israels gegen die Palästinenser:innen oder Bürgerkriege wie der in Myanmar oder im Sudan – überall kommt es zu sexualisierter Gewalt. Hier gibt es oft keine gerechte Seite, was die Kriegsparteien angeht.

Neueste Berichte aus dem Sudan dokumentieren sexualisierte Gewalt durch die paramilitärische Gruppe Rapid Support Forces (RSF) im Bürgerkrieg. Für die überlebenden Frauen und Mädchen mangelt es an medizinischer und psychischer Versorgung sowie an rechtlicher Verfolgung der Täter.

Erneutes Massaker im Sudan – ein Bürgerkrieg gegen Bevölkerung und Frauen

In Haiti kommt es beispielsweise immer wieder zu Konflikten zwischen Banden und zu Vorherrschaftskämpfen. Vor allem in der Hauptstadt Port-au-Prince werden Kinder zu Opfern sexualisierter Gewalt. Mädchen werden auf der Straße oder aber gezielt in ihrem Zuhause angegriffen.

Dokumentiert werden die Fälle durch Berichte der UN. Die Sonderbeauftragte für sexuelle Gewalt in Konflikten reist in betroffene Länder, sammelt Informationen und veröffentlicht Berichte. Zusätzlich gibt es NGO wie „We are NOT Weapons of War“, die Fälle dokumentieren, Überlebende unterstützen und gegen die Straflosigkeit der Täter kämpfen. 

Besonderer Ausdruck patriarchaler Unterdrückung im Krieg

Die Unterdrückung und Ausbeutung von Frauen durch das Patriarchat wird bei sexualisierter Gewalt in Konfliktsituationen in zweierlei Hinsicht deutlich. Sexualisierte Gewalt als Kriegswaffe ist kein neues Phänomen. Daher stellt sich die Frage, warum es erst 2008 zu einer internationalen Resolution für die Beseitigung sexueller Gewalt in Kriegs- und Konfliktsituationen gekommen ist.

Frauenrechte mussten sich von Frauen immer erst selbst erkämpft werden, eben auch im internationalen Kriegsrecht. Zusätzlich sind Mädchen und Frauen die häufigsten Opfer, was die patriarchale Unterdrückung zeigt, die sich in Krisensituationen besonders zuspitzt.

Das Einberufen eines Internationalen Tags für die Beseitigung sexueller Gewalt in Konflikten schafft Sichtbarkeit – doch erst das Ende von Kriegen generell schafft ein Ende von sexualisierter Gewalt in Kriegs- und Konfliktsituationen.

„Die Kämpfe nehmen die Errungenschaften der Frauenrevolution ins Visier“

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