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Streit zwischen Bund und Ländern: Keiner will für die Steuergeschenke zahlen

Die Bundesregierung will möglichst bald ein Milliardenpaket mit Steuerentlastungen für Unternehmen beschließen. Doch es herrscht Streit mit den Bundesländern, wer die fehlenden Einnahmen kompensieren soll.

Die neue Bundesregierung unter Kanzler Friedrich Merz (CDU) hat im Koalitionsvertrag festgehalten, mit einem Maßnahmenpaket die deutsche Wirtschaft finanziell entlasten zu wollen. Dazu gehören unter anderem Sonderabschreibungen für Unternehmen, die Senkung der Körperschaftssteuer, die Senkung der Mehrwertsteuer in der Gastronomie und eine höhere Pendlerpauschale. Um diese Gesetze zu beschließen, braucht es aber neben dem Bundestag auch die Zustimmung des Bundesrats, also der Vertretung der Bundesländer.

Die Bundesregierung will das Paket noch vor der parlamentarischen Sommerpause ab Mitte Juli beschließen. Zwischen Bund und Ländern gibt es nun aber schon länger Streit um die Finanzierung dieser Vorhaben: Die als „Wachstumsbooster“ oder „Investitionsbooster“ bezeichneten Maßnahmen führen allesamt zu deutlich geringeren Steuereinnahmen, die dann zu 60 Prozent die Bundesländer treffen würden. Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) spricht von 30 Milliarden Euro an Steuerausfällen bis 2029. Er kritisiert den fehlenden Willen des Bundes, dafür aufzukommen.

SPD will Steuerentlastungen für Unternehmen

Länder erwarten Kompensation vom Bund

Vor dem Treffen mit Kanzler Merz auf der Ministerpräsidentenkonferenz (MPK) am Mittwoch, 18.6., hielten die Ministerpräsident:innen fest, dass sie nicht grundsätzlich gegen Steuererleichterungen für Unternehmen stünden. Sie würden nur eine finanzielle Kompensation erwarten, um die ohnehin schon klammen Kassen der Länder und Kommunen nicht weiter zu belasten. Vor dem Treffen ging auch Finanzminister Lars Klingbeil (SPD) nicht davon aus, in dieser Woche noch eine Lösung zu finden. Der Rheinischen Post gegenüber sagte er: „Wir werden das auf der Ministerpräsidentenkonferenz wahrscheinlich noch nicht abschließen, weil das sehr genau diskutiert werden muss.“

Damit behielt er recht: Der Bund stimmte auf dem Treffen zwar zu, zumindest befristet Mittel fließen zu lassen und den Ländern so zu helfen, doch außer vagen Versprechen von Vertrauen und Hoffnung ist konkret nichts beschlossen worden. Wie die Lösungen im Detail aussehen werden, soll nun schnellstmöglich ausgehandelt werden. Ob das allerdings so kurzfristig gelingen kann, bleibt abzuwarten: schon nächste Woche soll der Bundestag über die Subventionen abstimmen.

Während die Länder also vom Bund eine vollständige Übernahme der fehlenden Steuereinnahmen fordern, verweist die Bundesregierung auf „Wachstumseffekte“: Durch die Maßnahmen würden angeblich Unternehmen gestärkt, was dann wiederum höhere Steuereinnahmen zur Folge habe. Dieser Zusammenhang ist wissenschaftlich jedoch widerlegt. Im Gegensatz zu den feststehenden Milliardensummen, die statt in öffentlicher Hand bei den Privatunternehmen bleiben, bleibt diese Rechnung also reine Spekulation.

Kanzler Merz fordert mehr „Work“ und weniger „Life“

Im Haushalt gibt es noch mehr ungeklärte Milliardenlöcher

Doch das ist nicht die einzige finanzpolitische Baustelle der Bundesregierung. Die letzte Regierung zerplatzte Ende 2024 bekanntlich an Verhandlungen über die Milliardenlöcher im Bundeshaushalt. Seitdem ist der Haushalt für das laufende Jahr offen und die deutsche Bundesregierung damit in vielen finanziellen Fragen handlungsunfähig.

Parallel muss auch schon am Haushalt für das kommende Jahr 2026 gearbeitet werden. Wie die Haushaltslöcher konkret geschlossen werden sollen, ist aktuell noch unklar. Einerseits dürften die Kreditaufnahmen der Bundesregierung deutlich ansteigen. Gleichzeitig kündigte Finanzminister Klingbeil Einsparungen „in allen Ministerien“ an. Nach den Zuschüssen für Unternehmen dürften diese Einsparungen dann schlussendlich wieder die Arbeiter:innen treffen.

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