Zohran Mamdani gewann mit einer klaren links-sozialdemokratischen Ausrichtung die Vorwahl der US-Demokraten und könnte damit der kommende Bürgermeister von New York werden. Das kann auch für Sozialist:innen eine gute Nachricht sein. – Ein Kommentar von Lukas Mainzer.
Am vergangenen Dienstag gewann der 33-jährige Lokalpolitiker Zohran Mamdani die Vorwahl der Demokratischen Partei für das New Yorker Bürgermeisteramt. Er selbst bezeichnet sich als „demokratischer Sozialist“. In den Medien ist er der „neue linke Star der USA“ und der „Retter der US-Linken“. In der Millionenstadt hat er damit sehr hohe Chancen, sich bei der finalen Wahl im Dezember durchzusetzen.
Mamdani wurde in Uganda geboren, ist der Sohn einer indischen Regisseurin und eines ugandischen Wissenschaftlers. Nach einer Zeit in Südafrika zog die Familie nach New York. Dort studierte er Afrikastudien und war politisch aktiv, etwa bei den Hungerstreiks für New Yorker Taxifahrer:innen oder für eine Waffenruhe in Palästina.
Er ist Teil des New York State Assembly, vergleichbar mit einem deutschen Landtag. Im Rennen um den Bürgermeisterposten galt er noch Anfang des Jahres als No-Name mit einstelligen Umfragewerten.
Mamdani stellt die soziale Frage in den Mittelpunkt
Mamdani positioniert sich gegen das neoliberale Establishment der US-Demokraten. Der bisherige New Yorker Bürgermeister Eric Adams ist derweil nach einem Korruptionsskandal und der Zusammenarbeit mit US-Präsident Donald Trump in der Beliebtheit stark abgestürzt und kandidiert auch nur noch chancenlos als unabhängiger Kandidat.
Mamdanis aussichtsreichster Gegenkandidat der Vorwahl war Andrew Cuomo. Der 67-Jährige ist ehemaliger Gouverneur des Bundesstaats New York und steht sinnbildlich für das rechts-zentristische Establishment der US-Demokraten. Sein Wahlkampf wurde unterstützt von Milliardären und Immobilienfirmen. Außerdem trat er 2021 wegen mehrerer Vorwürfe sexualisierter Gewalt von seinem Amt zurück. Als einen seiner ersten Schritte als Bürgermeister will er die „öffentliche Ordnung wiederherstellen“ und 15 Prozent neue Polizist:innen einstellen.
Zohran Mamdanis Wahlkampf fokussierte sich auf die Bekämpfung der steigenden Lebenshaltungskosten in New York. Die Stadt ist die teuerste der USA und belegt weltweit den siebten Rang. Mamdani wirbt unter anderem mit dem Einfrieren der Mieten von einer Million New Yorker:innen, einen kostenlosen Stadtbusverkehr, kostenlose Kinderbetreuung, und städtisch subventionierte Lebensmittelgeschäfte. All das will er mit Steuererhöhungen für die Reichsten 1 Prozent und Unternehmen finanzieren.
Anfeindungen für Palästinasolidarität
Mamdani erklärte, sich als Bürgermeister von New York gegen die Bundesbehörden unter Donald Trump stellen zu wollen. Er will die Stadt als „Sanctuary City“ verteidigen, und zählt dazu auch die Rechte von LGBTI+ Personen.
„Operation At Large“: Trumps Krieg gegen Migrant:innen und Protestierende
Neben seinen Umverteilungsplänen stand Mamdani im Wahlkampf aber besonders für seine Haltung zu Palästina im Fokus. Er ist seit Jahren in der Palästina-Bewegung aktiv, unterstützt BDS (Boykott, Desinvestition, Sanktionen) und zeigte auch Verständnis für den Ausdruck „Globalize The Intifada“ als einen „verzweifelten Wunsch nach Gleichheit und gleichen Rechten beim Eintreten für die Menschenrechte der Palästinenser.“ Ebenso machte er Ende 2024 in einem Interview klar, dass er den israelischen Premierminister Benjamin Netanjahu als Bürgermeister festnehmen lassen würde, sollte dieser New York besuchen. Ob dies allerdings tatsächlich möglich wäre, ist fraglich.
In der Stadt mit der weltweit zweithöchsten Anzahl an jüdischen Bewohner:innen versuchten rechte Kräfte ihm daher Antisemitismus vorzuwerfen, insbesondere mit dem Verweis auf seine muslimische Herkunft. Doch aktuelle Umfragen zeigen, dass mit dem Genozid in Gaza besonders auch unter jüngeren US-amerikanischen Jüd:innen die Unterstützung für den israelischen Staat abnimmt. So muss auch die US-Presse eingestehen, dass viele Jüd:innen für Mamdani gestimmt haben und ihn demzufolge nicht für einen Antisemiten halten.
Das Revival der Sozialdemokratie
Doch was ist aus sozialistischer Perspektive von Mamdani zu erwarten? Zuerst einmal trügt die Selbstbezeichnung „demokratischer Sozialist“ natürlich. Es handelt sich bei Mamdani um einen Sozialdemokraten, der zwar vielleicht in der Theorie marxistische Ideen unterstützt, aber nicht danach handeln wird. Die Umverteilungspläne können zwar vielen Menschen das Leben erleichtern, an den Besitzverhältnissen im Kapitalismus werden sie aber grundsätzlich nichts verändern.
In seiner Kampagne sprach Mamdani von einem Einfrieren der Mietpreise für vier Jahre. Das stoppt die weiter eskalierende Ausbeutung von Mieter:innen, stabilisiert aber die Mietpreise dennoch auf einem extrem hohen Niveau. Außerdem ist durch die zeitlich beschränkte Maßnahme auch komplett offen, was nach den vier Jahren passieren wird. Nachfolgende Bürgermeister:innen könnten die Mieten dann wieder steigen lassen.
Auch der Wahlerfolg von rechtskonservativen bis faschistischen Politiker:innen, wie etwa Donald Trump, hing damit zusammen, dass sie sich fälschlicherweise als „Anti-Establishment“-Kandidat:innen inszenieren konnten. Die Antwort liberaler Parteien darauf war häufig die Selbstdarstellung als „vernünftige Option“, verbunden mit einem Rechtsruck und der Entscheidung für Politik im Sinne der Konzerne.
Das ging vielerorts mit dem Niedergang der klassischen sozialdemokratischen Parteien einher. Während Bernie Sanders als sozialdemokratischer Gegenkandidat zu Joe Biden in den Vorwahlen zum Präsidentschaftsrennen 2020 noch scheiterte, konnte Zohran Mamdani jetzt erfolgreich sein – eben selbst als klarer „Anti-Establishment“ Kandidat.
Für den Sozialismus kämpfen!
Zwar handelt es sich hier nur um eine Stadt mit einer sowieso schon vergleichsweise progressiven Bevölkerung, doch die überraschende Wahl bringt Bewegung in die demokratische Partei. Die Zuspitzung der kapitalistischen Krisen zeigt sich besonders in Großstädten vor allem an explodierenden Mieten und Lebenshaltungskosten. US-Medien titeln, dass „die New Yorker Wohnungskrise so schlimm sei, dass sie einen Sozialisten zum Bürgermeister wählen“.
Besonders junge Menschen, unter denen Mamdani viele Stimmen gewann, sehen zunehmend keine Zukunft mehr im Kapitalismus. Selbst in den tief antikommunistischen USA sehen sie daher einen selbsternannten Sozialisten als unterstützenswerte Alternative. Als „echte“ Sozialist:innen gilt es, diese Entwicklungen aufzunehmen und für sich zu nutzen.
Die falsche Verbindung von Sozialismus mit Reformen im kapitalistischen System muss aufgezeigt werden, ohne dabei abzuerkennen, dass diese Reformen das Leben der Arbeiter:innenklasse konkret verbessern. Doch die Geschichte hat gezeigt, dass es damit nicht getan ist. Erst wenn unsere Häuser, Fabriken, Schulen und Universitäten nicht mehr in den Händen der Kapitalist:innenklasse sind, kann es Sozialismus geben.