Zeitung für Solidarität und Widerstand

100 Jahre Lumumba – Vorkämpfer der afrikanischen Widerstandsbewegung

Patrice Lumumba – ein Freiheitskämpfer für die Unabhängigkeit Kongos. Er wurde unsterblich im Kampf gegen die Kolonialherrschaft Belgiens, gegen die Unterdrückung der imperialistischen Mächte und für die Gerechtigkeit des nationalen Befreiungskampfes. Doch seine Geschichte zeigt wieder einmal: Imperialismus tötet. – Ein Kommentar von Ellie Kopmann.

Patrice Lumumba wurde am 2. Juli 1925 in eine Bauernfamilie in der Provinz Kasai geboren. Später wurde er Postbeamter und Gewerkschafter und war damit Teil der oberen Mittelschicht – der Évolués (französisch ungefähr für die „Entwickelten”). Aufgrund der wachsenden Industrialisierung des Kongos, wuchs Ende der 1950er die Arbeiter:innenklasse heran – und somit auch deren Widerstand gegen die Kolonialherrschaft Belgiens.

Der Widerstand der kongolesischen Arbeiter:innenklasse war geprägt von Militanz und radikalen Forderungen, so wie der sofortigen nationalen Unabhängigkeit Kongos. Dies führte zu Spannungen mit den meisten Évolués. Jedoch radikalisierten sie auch einen kleinen Teil, so auch Lumumba.

Der antikoloniale Widerstand formte sich

Die Évolués befürchteten, dass die Kämpfe der Arbeiter:innenklasse zu einer sozialistischen Revolution eskalieren könnten. Lumumba hingegen wollte unabdingbar kämpfen – nicht nur für die formelle Unabhängigkeit Kongos, sondern auch für die wirtschaftliche. Mit dessen Charisma und Talent, Menschen zu begeistern und zu entfesseln, schaffte er es, die kongolesischen Arbeiter:innen für ihre eigene Befreiung in Massen auf den Straße zu mobilisieren.

1959 kam es dann in der Hauptstadt Leopoldville, dem heutigen Kinshasa, zu Massendemonstrationen gegen die koloniale Herrschaft Belgiens. Die Proteste breiteten sich über das ganze Land aus und waren blutigen Repressionsschlägen ausgesetzt. Dies führte die Arbeiter:innenklasse als treibende revolutionäre Kraft der antikolonialen Kämpfe nach vorne.

Dem belgischen Staat wurde klar: Die Unabhängigkeit Kongos lässt sich nicht weiter hinauszögern. Am 20. Januar 1960 begonnen in Brüssel die Unabhängigkeitsverhandlungen. Anfangs saß Lumumba nicht am berühmten „table ronde“, dem „runden Tisch“ – denn er war aufgrund „antikolonialer Umtriebe“ noch hinter Gittern. Doch die kongolesischen Delegierten forderten seine Befreiung und verschafften ihm somit doch noch einen Platz am runden Tisch. Ab da konnte Belgien dem Druck nicht mehr standhalten. Am 30. Juni 1960 sollte Kongos Unabhängigkeit erklärt werden. Es fanden Parlamentswahlen statt, bei denen Lumumbas Partei MNC-L (Mouvement National Congolais-Lumumba) als stärkste politische Kraft hervor ging.

Lumumbas berühmte Rede gegen den belgischen König

Das Vertrauen der kongolesischen Arbeiter:innen stärkte Lumumba noch einmal in einer ergreifenden Rede bei dem Festaktes der Unabhängigkeitsfeier. Er widersprach dem belgischen König Baudouin Albert Charles Léopold Axel Marie Gustave, der die „Errungenschaften“ und die „zivilisatorischen Verdienste“ der belgischen Kolonialherrschaft lobte. Mit keinem Wort erwähnte er die Ausbeutung, die Gräueltaten oder die vielen Toten, die der belgische Staat auf dem Gewissen hat. Noch während der belgische König sprach, verfasste Lumumba schnell eine Rede, in der er diesem ungehemmt widersprach und die Unterdrückung, Ausbeutung und die Massaker an der kongolesischen Bevölkerung durch die Kolonialherrschaft anprangerte.

„Kämpfer der Unabhängigkeit, heute siegreich. Unsere Wunden sind zu frisch und noch immer zu schmerzhaft, um sie aus unserer Erinnerung zu vertreiben. Wer wird je die Massaker vergessen, in denen so viele unserer Geschwister umgekommen sind, die Gefängnisse, in die jene geworfen wurden, die sich weigerten, sich einem Regime der Unterdrückung und Ausbeutung zu unterwerfen? Zusammen, meine Brüder, meine Schwestern, werden wir einen neuen Kampf beginnen, einen erhabenen Kampf, der unser Land zu Frieden, Wohlstand und Größe führen wird.“

Ein Roter Dorn im Auge der Imperialist:innen

Lumumba zeigte damit nicht nur Integrität und Mut gegenüber den Arbeiter:innen. Er zeigte Belgien und anderen imperialistischen Mächten, dass er tatsächlich das Ziel der nationalen Befreiung Kongos verfolgte – koste es was es wolle. Diese bedeutete gleichermaßen der imperialistische Kontrollverlust über eines der rohstoffreichsten Nationen Afrikas. Wenige Tage nach der Unabhängigkeitserklärung, mischten imperialistische Mächte wieder mit. Das Land wurde gespalten und angebliche antikoloniale Verbündete Lumumbas wendeten sich ab, womit er sich der Sowjetunion zuwandte. Aus der Angst ein geostrategisch wichtiges Land an die Sowjetunion zu verlieren, verdoppelten die Imperialist:innen ihre Bemühungen, Lumumba zu beseitigen.

Belgische und amerikanische Geheimdienste begonnen mit dem späteren Langzeitdiktator Mobutu Sese Seko zusammenzuarbeiten und Lumumbas Sturz vorzubereiten. Im September wurde Lumumba dann zu Hausarrest verurteilt. Er versuchte zu entkommen, doch der Armeechef Mobutu ließ ihn von seinen Soldaten verfolgen. Lumumba wurde mehrere Stunden verhört und gefoltert. Im Folgenden wurde er gemeinsam mit seinen Mitstreiter:innen erschossen. Ein belgischer Polizeibeamter grub die Leichen kurze Zeit später wieder aus, zersägte diese und löste sie mit Säure auf, um alle Spuren zu beseitigen.

Imperialismus tötet – Befreiung vereint

Das Leben und der Mord Lumumbas zeigt uns wie immer deutlich: Der Imperialismus kennt keine Grenzen der Brutalität, des Schreckens und der Vernichtung. Alles wird dem Ziel der geostrategischen Machterweiterung untergeordnet. Auch noch heute spitzen sich die zwischenimperialistischen Widersprüche immer weiter zu, im Kampf um die Neuaufteilung der Welt. Wenn wir heute von der Befreiung der Unterdrückten und Ausbeutung der Arbeiter:innenklasse sprechen, dann sollte uns heute wie damals bewusst sein: Eine vollkommene Befreiung der Arbeiter:innen der unterdrückenden Länder ist niemals möglich, ohne unsere Solidarität und Unterstützung der nationalen Befreiungskämpfe eben dieser.

Allein durch das Bündnis der proletarischen Bewegung und der nationalen Befreiungsbewegung, lässt sich der gemeinsame Feind – der Imperialismus – voll und ganz niederringen. Am 100. Geburtstag von Patrice Lumumba gedenken wir einem mutigen Widerstandskämpfer, der sein Leben für den nationalen Befreiungskampf Kongos aufopferte und damit unsterblich wurde. Lumumba lebt mit seinem Schaffen, mit seinem Charisma und mit seiner unbrechbaren Stärke weiter in den vielen nationalen Befreiungskämpfen, die bis heute noch geführt werden.

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