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Dobrindt auf Shoppingreise – Irankrieg als Verkaufsshow für israelische Waffen- und Überwachungssysteme

Nachdem die israelischen Streitkräfte im Krieg mit dem Iran ihre Technologiestärke und Ausstattung unter Beweis stellen konnten, schickt sich Innenminister Dobrindt an, solche Technologie auch nach Deutschland zu holen.

Innenminister Alexander Dobrindt (CSU) besuchte Israel, um u.a. die deutsch-israelische Zusammenarbeit zu intensivieren. Dobrindt ist der erste ausländische Minister, der Israel seit dessen Angriffen auf den Iran besucht, und sendet damit ein klares Signal an Deutschlands geostrategische Verbündeten. Er besichtigte auch einen Ort, der von den ballistischen Raketen des Irans getroffen worden war, und bekundete Deutschlands ungebrochene Solidarität mit Israel.

Doch nicht nur wegen des Signals, fest an der Seite der Angreifer zu stehen, ist dieser Besuch interessant: Dobrindt gab auch an, aus israelischen Erfahrungen lernen zu wollen. Im Krieg kamen einige Stärken der israelischen Streitkräfte zum Einsatz, an denen Dobrindt nun erneut Interesse zeigt, zum Beispiel im Bereich der digitalen und hybriden Kriegsführung.

Die israelische Rüstungsindustrie jedenfalls hat sich dieses Jahr schon ausdrücklich gewünscht, die Exporte hochfahren zu dürfen, um die eigene Produktion und Entwicklung zu sichern.

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Deutsch-israelische Zusammenarbeit: eine Erfolgsgeschichte

Schon seit vielen Jahren blüht die deutsch-israelische Zusammenarbeit im Bereich der Rüstung, gekrönt von einigen Erfolgen, wie zum Beispiel dem Einsatz der israelischen „Heron TP”-Drohne in Afghanistan oder dem Bau von Selbstschutz-Jammern für israelische Jets, die der israelischen Luftwaffe zu unverhältnismäßigen Siegen im Libanonkrieg 1982 verhalfen. Schon damals war es ein Merkmal der israelischen Rüstungsindustrie, auf neueste Technologie zu setzen und so einen Vorteil zu erringen – ein Bereich, den Kräfte in Deutschland wie Israel nun wieder stärker ins Visier der Kooperation nehmen wollen.

Ein weiterer Bereich, bei dem man in Deutschland gern auf die israelische „Expertise” zurückgreift, ist die sogenannte „Terrorbekämpfung“ im Innern wie Äußeren. Hier können die Israelis auf Jahrzehnte an Erfahrung zurückblicken, von der auch Deutschland nun erneut profitieren möchte. Auch in diesem Bereich hatte man sich schon gegenseitig geholfen: Beim Aufbau der deutschen GSG 9 waren israelische Anti-Terror-Einheiten beispielsweise maßgebliche Vorbilder.

Israels hybride Kriegsführung gegen den Iran

Außerdem äußerte Dobrindt selbst, dass er von den informationstechnologischen Fähigkeiten profitieren wolle. Ein interessantes Detail: denn während Dobrindt von einem „Cyber Dome“ träumt, haben sich die IT-Spezialist:innen der israelischen Armee IDF vor allem mit Hacking-Angriffen gegen den Iran bewährt. So war der Gegner gezwungen, den Internet-Traffic um schätzungsweise 97 Prozent herunterzufahren, um weiteren Angriffen auf sein Atomprogramm oder kritische Infrastruktur zu entgehen. Die Operation „räuberischer Spatz“ hatte erfolgreich Anti-Regime-Nachrichten für das nationale Fernsehen gehackt, sowie Millionen iranischer Gelder veruntreut und vernichtet.

Die iranischen Angriffe an dieser Front hingegen konzentrierten sich hauptsächlich auf Phishing-Attacken gegen Cybersicherheits-Expert:innen und Forscher:innen sowie auf gefälschte Nachrichten, um das Ausmaß der Zerstörung auf israelischer Seite größer wirken zu lassen. Auf beiden Seiten des Konflikts spielte die Nutzung künstlicher Intelligenz (KI) eine immer größere Rolle, sowohl bei Hack-Angriffen, als auch bei gefälschten Meldungen.

Vor allem dieser Bereich dürfte für Dobrindt besonders interessant sein: In jüngster Zeit versucht Europa stark, den Abstand zu China und den USA in diesem Feld zu verkleinern.

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Deutscher „Iron Dome“?

Ein anderer Bereich, in dem Deutschland bei den Partnern in Westasien einkaufen will, betrifft die Luftabwehr: Bereits im vergangenen Jahr hatte der damalige und jetzige Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) einen Deal mit seinem israelischen Pendant Joaw Galant unterschrieben, in dem es um eine enge Kooperation der beiden Staaten in diesem Bereich ging – hier vor allem um die Lieferung der hochmodernen „Arrow 3”-Systeme. Es war die größte Einzellieferung ins Ausland für die israelische Rüstungsindustrie jemals.

Denn nachdem die israelische Seite lange von der Kooperation profitiert hatte, macht sich nun der Vorsprung der Israelis in der Verteidigung ballistischer Marschflugkörper bemerkbar. Deshalb fordert nun auch CSU-Chef Markus Söder einen deutschen „Iron Dome“ und eine möglichst 100.000 Drohnen starke moderne Drohnen-Armee. Diese Forderungen sind sicher die radikalsten, die zuletzt aufgestellt wurden, denn Dobrindts Parteikollege will außerdem auch 800 neue Panzer und 35 Fighter-Jets einkaufen.

Dass die Zeiten des Friedens vorbei sind und auch Deutschland sich anschickt, im internationalen Kräftemessen ganz vorn mitzumischen, ist schon länger bekannt. Dennoch kennzeichnen die Vorstöße der beiden CSU-ler einen weiteren Schritt in Richtung Militarisierung und Aufrüstung.

Aufrüstung nach Außen und Innen

Neben der Vorwärtsbewegung beim Kauf von Waffensystemen zur Kriegsvorbereitung geht es Dobrindt beim Besuch in Israel auch darum, die Aufrüstung im Innern voranzutreiben. Vor Ort erklärt er, dass es ihm um einen „Gesamt-Verteidigungsansatz gehe, den wir verfolgen müssten. Gesamtverteidigung heißt für ihn: militärische Verteidigung und zivile Verteidigung kombinieren.“

Mit der „zivilen Verteidigung“ oder dem „Kampf gegen den Terror“ gehen immer auch zunehmend mehr Überwachung und Kontrolle im Inland einher. Gerade dieser Bereich dürfte den deutschen Innenminister besonders interessieren. Der deutsche Staat hat in den vergangenen Monaten und Jahren immer weitere Fortschritte bei der Überwachung und Kontrolle im Inland gemacht, sowohl auf Landesebenen, als auch beim Bund. Die neue Regierung scheint hier die Arbeit der Ampel-Regierung lückenlos fortsetzen zu wollen.

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