Zeitung für Solidarität und Widerstand

Palästina-Camp vor dem Reichstag muss unter Androhungen umziehen

Etwa einen Monat hat das palästina-solidarische Protestcamp auf einer Wiese zwischen Reichstagsgebäude und Bundeskanzleramt bestanden. Am Montag nun hat ein Großaufgebot der Berliner Polizei die Protestierenden vom Platz verwiesen. Die fadenscheinige Begründung: Ruhestörung vorm Kanzleramt.

Es ist bereits das dritte Mal seit dem laufenden Genozid in Gaza, dass die Initiative Besetzung gegen Besatzung zu einem Camp vor dem Reichstagsgebäude aufruft. Verschiedene Akteure aus der lokalen Palästina-Solidaritätsbewegung wirken an der Besetzung mit. Ihre Forderungen sind das Ende des Genozids und die Aufhebung der Blockade des Gazastreifens, außerdem endlich Freiheit und Selbstbestimmung für das palästinensische Volk.

Aber das Protestcamp richtet sich nicht nur gegen Völkermord und koloniale Unterdrückung in Palästina, sondern es prangert auch die Mittäterschaft des Deutschen Staats an Israels Verbrechen an. Deshalb wurde als Ort für das Camp die Wiese vor dem Reichstag im Berliner Regierungsviertel gewählt – hier sind sowohl das Bundeskanzleramt als auch der Sitz des Bundestages in Sichtweite. Im April 2024 wurde das erste Camp dieser Art unter massiver Polizeigewalt aufgelöst.

Protestcamps gegen den Krieg in Palästina

Von Anfang an Schikane durch die Polizei

Die Organisator:innen des Camps berichteten auch bei der jetzigen Besetzung wieder von willkürlichen Polizeimaßnahmen: Immer wieder sei man mit neuen Auflagen konfrontiert gewesen, z.B. was den Platz der Zelte anging oder die Protestformen bei Kundgebungen. Es kam dabei auch zu Festnahmen von Teilnehmer:innen der Besetzung.

Am Montagnachmittag rückte die Polizei schließlich mit über 20 Mannschaftswagen und Polizeihunden an und wollte das Camp von der Wiese verweisen. Den Organisator:innen wurde ein alternativer Veranstaltungsort zugewiesen. Die Begründung für die Maßnahme: Es komme regelmäßig zu Lärmbelästigung, die im nahegelegenen Bundeskanzleramt den Betrieb stören würde.

Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) war unterdessen vom Camp aus mehrmals am Fenster seines Amtssitzes zu sehen. In ihm sehen die Protestierenden einen direkten Mitverantwortlichen für den Genozid an den Menschen in Gaza. Es ist also nicht auszuschließen, dass es der Bundeskanzler höchstpersönlich war, der sich in seiner Ruhe gestört sah.

Nachdem die Drohkulisse durch die Berliner Polizei aufgebaut worden war, entschied man, das Camp zu räumen und auf eine Fläche vor dem Berliner Hauptbahnhof umzuziehen. Dort wird die „Besetzung gegen Besatzung” nun weitergeführt.

Ebenfalls im Berliner Regierungsviertel wurde am Wochenende ein anderes Protestcamp vor dem Auswärtigen Amt errichtet. Antifaschist:innen verharren dort und fordern die Rückführung der nichtbinären antifaschistischen Person Maja, die seit über einem Jahr in Ungarn inhaftiert ist und sich bis vor kurzem in einem Hungerstreik gegen die unmenschlichen Bedingungen in der ungarischen Isolationshaft befand.

Perspektive Online
Perspektive Onlinehttp://www.perspektive-online.net
Hier berichtet die Perspektive-Redaktion aktuell und unabhängig

MEHR LESEN

PERSPEKTIVE ONLINE
DIREKT AUF DEIN HANDY!