In Togo rebelliert vor allem die Jugend des westafrikanischen Landes gegen steigende Preise und einen diktatorisch herrschenden Staatschef.
In Togo ist es über mehrere Tage zu heftigen Protesten und Zusammenstößen zwischen Bürger:innen des afrikanischen Landes und der Polizei gekommen.
Zu den Protesten aufgerufen hatte am vergangenen Donnerstag das Bündnis Le Front Citoyen Togo Debout (Bürgerfront – Togo steht auf): vom amtierenden Staatschef Faure Gnassingbé wurden sofortige Maßnahmen gegen den Verfall der Kaufkraft und die Freilassung von etwa 100 politischen Gefangenen gefordert.
Bürgerrechtsgruppen berichten nun, dass in den letzten Tagen mindestens sieben Menschen vom togolesischen Regime getötet wurden. Sieben Leichen seien aus Gewässern in der Hauptstadt Lomé geborgen worden, berichtete Le Front Citoyen Togo Debout.
Die togolesische Regierung wiederum bestreitet, dass diese Todesfälle mit den Demonstrationen der vergangenen Woche in Verbindung stehen und behauptet, dass die sieben Toten „ertrunken“ seien. Sie droht nun mit rechtlichen Schritten gegen die Organisator:innen der verbotenen Proteste und bezeichnet diese als „Desinformations- und Hasskampagne“, die aus dem Ausland gesteuert würde.
Die Gründe für die Proteste: Armut und Diktatur
In Togo gibt es zwei wesentliche Ursachen für die Protestwelle, die Anfang Juni einen ersten Höhepunkt erlebte, für einige Tage abebbte und nun noch stärker zurückgekommen war.
Einerseits lebt ein großer Teil der Bevölkerung unter der absoluten Armutsgrenze: im Jahr 2021 waren es laut Daten der Weltbank 34,7 Prozent. Am 5. Mai hatte die Regierung nochmals eine Anhebung des Strompreises um 12,5 Prozent bekanntgegeben, was eine deutliche Preissteigerung bei fast allen Produkten zur Folge hatte und zu Verzweiflung und erheblichem Unmut führte. Offenbar hat auch die eher symbolische Aktion der Regierung vom 15. Mai – nämlich zu verkünden, dass ab sofort auch Minister:innen der Regierung ihre Stromrechnung selbst bezahlen müssten – die Wut über diesen Schritt nicht besänftigen können.
Andererseits wurde der – zuvor für schon fast zwanzig Jahre amtierende – Präsident Faure Gnassingbé im Mai gar zum Vorsitzenden des Ministerrats ernannt. Dieses neue Amt geht auf eine Verfassungsreform zurück, der das togolesische Parlament im Winter 2024 zugestimmt hatte. Diese macht die Präsidialdemokratie zu einer parlamentarischen Demokratie. Kritiker:innen heben hervor, dass Gnassingbé nun faktisch ein neues höchstes Amt im Staat geschaffen habe und dieses auch sogleich wieder inne hatte, so dass die Verfassungsreform vor allem seine dauerhafte Machtposition an der Spitze des westafrikanischen Staates zu garantieren scheint. Teilweise ist auch von einem „institutionellen Staatsstreich“ die Rede.
Faure Gnassingbé war 2005 seinem verstorbenen Vater ins Amt des Präsidenten gefolgt, das dieser wiederum seit 1967 inne gehabt hatte. Die Familie Gnassingbé herrscht also effektiv seit fast 60 Jahren im Land. Schon bei der Machtübergabe an Faure Gnassingbé war es 2005 zu heftigen Protesten mit – selbst nach offiziellen Angaben – 500 Toten gekommen. Und auch in den vergangenen fast zwanzig Jahren seiner Herrschaft waren Proteste gegen ihn immer wieder aufgeflammt.
Weitere Proteste wahrscheinlich
Am vergangenen Donnerstag begannen die Demonstrationen in Lomé. Sie wurden vor allem von Online-Aktivist:innen und Jugendlichen getragen und hielten drei Tage lang an. Vor allem am Freitag und Samstag war es zu heftigen Zusammenstößen mit der Polizei und staatstreuen Milizen gekommen. Videoaufnahmen zeigen, wie die Polizei Tränengas auf die Demonstrant:innen feuerte, die sich mit Steinen und anderen Wurfgeschossen zur Wehr setzten.
Medienberichten zufolge war dann am Sonntag in den meisten Teilen der Hauptstadt Lomé zunächst wieder Ruhe eingekehrt: Die Geschäfte auf dem zentralen Markt in Assigamé seien wieder geöffnet worden. Dies war aber bereits Anfang des Monats kurzzeitig der Fall. Da nicht absehbar ist, ob Gnassingbé von sich aus Zugeständnisse an die Protestierenden machen wird, sind weitere Demonstrationen oder aufstandsartige Szenen aus der togolesischen Hauptstadt nicht unwahrscheinlich.