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Regierung bricht Wahlversprechen: Keine Stromsteuerentlastung für Haushalte

Eines der zentralen Wahlversprechen und auch Bestandteil des Koalitionsvertrags von Union und SPD war die Senkung des Strompreises für alle. Im nun vorgestellten Haushalt sollen aber nur Unternehmen entlastet werden.

Eines der wichtigsten Wahlversprechen der CDU war die Steuerentlastung für alle Haushalte. Dieses Ziel wird aber schon jetzt verfehlt: im 503 Milliarden Euro schweren Bundeshaushalt 2025, für den der Finanzminister Lars Klingbeil (SPD) Rekordschulden vorsieht, seien einfach nicht die Mittel verfügbar, um die Stromsteuer auch für private Haushalte zu senken – wie noch im Koalitionsvertrag versprochen. Stattdessen soll die Stromsteuer nur für das produzierende Gewerbe, sowie für die Land- und Forstwirtschaft gesenkt werden. Kurz: Unternehmen werden entlastet, Arbeiter:innen gehen leer aus.

Die Parteispitzen der Regierungskoalition versuchen derweil, das Ergebnis des Koalitionsausschusses zu beschönigen und die Bevölkerung zu beschwichtigen. Unionsfraktionschef Spahn erklärt beispielsweise: „Wir halten gemeinsam an dem Ziel fest, die Stromkosten für alle deutlich zu senken. Wir wollen aber eben auch solide Finanzen.“ Eine Entlastung der Haushalte sei aufgrund der Rezession „nur in Schritten möglich“. Zudem würden Privathaushalte bereits durch die Teilübernahme der Netzentgelte entlastet, und die Gaspreise würde die Regierung ebenfalls senken.

Nichtsdestotrotz einigten sich die Koalitionspartner am Mittwoch darauf, die Mütterrente ein Jahr früher einzuführen als geplant. Alle Mütter, deren Kinder vor 1992 geboren wurden, sollen eine um 20 Euro höhere Rente pro Kind erhalten.

Milliarden für den Krieg, kein Cent für Ertrinkende

Machtgeplänkel in der Regierung

Das dürfte der Regierung nicht nur dazu dienen, nicht sämtlichen guten Willen der Wähler:innen auf einmal über Bord zu werfen, es stellt auch einen Erfolg für Markus Söder und seine CSU dar: sie hatte massiv darauf gedrängt und Wahlkampf damit gemacht. Damit geht Söder doch noch als Gewinner aus den Verhandlungen hervor, obgleich er zuvor noch lautstark eine Senkung der Stromsteuer für private Haushalte gefordert hatte.

Finanzminister Klingbeil und Kanzler Friedrich Merz (CDU) dürften sich ebenfalls über das Ergebnis freuen – sie hatten die Verhandlungen vor allem in diese Richtung angeführt. Damit haben sie sich gegenüber Teilen der CDU durchgesetzt, von denen die lauteste Kritik zu hören war. Dazu gehörten neben Söder auch Jens Spahn (CDU) – beide haben sich inzwischen hinter der Parteiführung eingereiht und verteidigen das Ergebnis – auch Hendrik Wüst und Reiner Haseloff, CDU-Ministerpräsidenten aus NRW, bzw. Sachsen-Anhalt. Alle kritisierten die Entscheidung der Koalition scharf und fordern, sich erneut mit dem Thema auseinanderzusetzen.

Beim Koalitionsausschuss ging es also nicht nur um die Finanzen: Der Streit um die Stromsteuersenkung stellt gewissermaßen auch einen Machtkampf dar, den Merz und Klingbeil für sich entscheiden konnten. Inwiefern sich das auf weitere anstehende Verhandlungen auswirkt, bleibt abzuwarten. Dieses Jahr soll auch noch die Reform des Rentenpakets auf den Weg gebracht werden.

Haushaltsschwerpunkt: Krieg und Infrastruktur

Doch was sieht der neue Bundeshaushalt alles vor, dass so angestrengt um jede einzelne Milliarde gefeilscht wird? Wie kann es sein, dass man keine 5,4 Milliarden Euro auftreiben kann, um der Bevölkerung nicht einmal eine vergleichsweise winzige Kostenerleichterung bei der Stromrechnung von 3 bis 8 Euro monatlich, je nach Haushaltsgröße, zu gewähren?

Von den 503 Milliarden Euro soll der größte Beitrag – 190 Milliarden – an das Ministerium für Arbeit und Soziales gehen. Die zweithöchsten Ausgaben verzeichnet das Verteidigungsministerium mit 62 Milliarden. Hinzu kommen noch das erste Sondervermögen – was nichts anderes als Schulden sind – und die Gelder für Waffenlieferungen an die Ukraine, sodass unterm Strich etwa 100 Milliarden Euro fließen.

Noch viel bedeutender ist, dass das Finanzministerium bereits angekündigt hat, in den kommenden Jahren diese Ausgaben noch um Einiges zu erhöhen, um das neu gesteckte Ziel der Nato zu erfüllen. Dieses sieht nun vor, dass nicht mehr 2, sondern 5 Prozent der Wirtschaftsleistung (BIP) für den Krieg ausgegeben werden sollen: 3,5 Prozent direkt in die Bundeswehr und 1,5 Prozent davon in kriegswichtige Infrastruktur. Was sich hinter diesen Zahlen verbirgt, ist nichts weniger als die Hälfte des gesamten Bundeshaushalts.

NATO-Gipfel: Die 5 % stehen

Allein in den nächsten zwei Jahren sollen, um diesen Haushalt zu stemmen, 170 Milliarden Euro weitere Schulden aufgenommen werden. Um die weiteren berechneten hunderten Milliarden Euro aufzubringen, soll binnen weniger Jahrzehnte die Gesamtverschuldung der BRD mit rund 2464 Milliarden Euro mehr als verdoppelt werden.

Umverteilung von unten nach oben

Die immense Neuverschuldung mündet, wie fast der gesamte Haushalt, dabei fast vollständig in die Renditen von Großkonzernen, die neben Subventionen und Steuergeschenken massiv von den gigantischen Aufträgen im Rüstungs- aber auch Infrastruktur-Sektor profitieren werden.

Auch die durch die Arbeiter:innenklasse finanzierte Senkung der Strompreise für die Industrie und Landwirtschaft zeigt, welche Interessen der Staat vertritt: Während die Reallöhne sinken, die Inflation und die zahlreichen Krisen die Lebenshaltungskosten in die Höhe treiben, findet weiter eine immense Umverteilung von unten nach oben statt.

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