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Rekord- und Sparhaushalt: Das Hoffen auf den Aufschwung

Von großzügigen Haushaltsmitteln bis hin zu strenger Sparpolitik: Der Haushalt für 2026 und Finanzplan bis 2029 zeigt verschiedene Facetten. Im Kern stehen 174 Milliarden Euro Schulden für mehr Investitionen in die deutsche Wirtschaft und Rüstung.

Am 31. Juli hat das Bundeskabinett den neuen Haushalt für 2026 beschlossen. Außerdem beschlossen ist ein Finanzplan bis 2029. Absender des 3.443-seitigen Etatentwurf ist das Finanzministerium unter der Leitung von SPD-Finanzminister Lars Klingbeil. Der Haushaltsentwurf muss bis zu seinem geplanten abschließenden Beschluss Ende des Jahres nun im Bundestag und Bundesrat verabschiedet werden.

Neue Schulden und trotzdem Löcher im Finanzplan

Das Kabinett plant für das Jahr 2026 Ausgaben in Höhe von 520,5 Milliarden Euro. Davon sind 174,3 Milliarden Euro als Schulden vorgesehen: Die eine Hälfte von 84,4 Milliarden Euro wird aus den Sondervermögen entnommen, für die andere Hälfte werden Kredite über 89,9 Milliarden Euro aufgenommen.

Trotz dieser Schulden gibt es Lücken im Finanzplan, die immer größer wurden. Bei der Aufstellung des Bundeshaushalts Mitte Juni war Klingbeil noch von einer Haushaltslücke in Höhe von 144 Milliarden Euro ausgegangen. Festgehalten sind nun rund 172 Milliarden Euro, die ab 2029 fehlen. Grund waren verschiedene Projekte der Regierungsparteien, die sie nicht aufschieben wollten. Hohe Schulden wären ja in jedem Fall entstanden, so der Finanzminister.

Solche Lücken waren im Finanzplan bisher nicht möglich. Erst durch die Reform der Schuldenbremse und dem neuen Sondervermögen sind solche Verschuldungssummen überhaupt planbar. Im Vergleich: Beim Haushalt 2024 waren 39 Milliarden Euro Schulden die Obergrenze für Neuverschuldung.

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Der Dreiklang des Finanzplans

Der neue Haushalt stehe unter dem Motto „Investieren, Reformieren und Konsolidieren“. In welchen Bereichen wird aber nun investiert, reformiert oder gespart? Deutlich mehr Geld erhalten insbesondere die Bereiche Verteidigung, Investitionen, Infrastruktur, Energie und Digitalisierung. In einigen Sozialbereichen gibt es Kürzungen oder eine Stagnation.

Über das meiste Geld verfügt 2026 das Arbeits- und Sozialministerium mit 197 Milliarden Euro. Dabei machen die Leistungen an die Rentenkasse einen großen Anteil aus. Sie sind leicht gestiegen und liegen bei rund 127,8 Milliarden Euro. Beim Bürgergeld will das Ministerium rund 1,5 Milliarden einsparen – insgesamt sind 41 Milliarden Euro eingeplant für Bürgergeld und Unterkunftskosten. Die Ausgaben sind im Gesamten zwar um 4 Prozent gestiegen, rechnet man jedoch die Inflation um 2 bis 3 Prozent und die Alterung der Bevölkerung hinzu, relativiert sich der Ausbau.

Das zweitgrößte Etat bekommt das Verteidigungsministeriums mit rund 83 Milliarden Euro – 32 Prozent mehr als bereits 2025. Der Finanzplan zeigt auch: Das Budget des Verteidigungsministerium wird die nächsten Jahre weiter steigen. 2029 sollen die Ausgaben bei 152,8 Milliarden liegen, somit wären das 3,5 Prozent des BIP, die NATO-Quote wäre damit erreicht. 2024 lagen die Ausgaben noch bei 52 Milliarden Euro. Somit soll es unter Union und SPD zu einer Verdreifachung der Rüstungsausgaben innerhalb von fünf Jahren kommen.

Einen Mittelzuwachs bekommt außerdem das Innenministerium. Unter anderem für die Stärkung der Bundespolizei und des Bundeskriminalamts sowie zur Eindämmung „illegaler Migration“ sind 16 Milliarden Euro eingeplant. Aktuell sind es noch 800 Millionen. Einen leichten Anstieg der Ausgaben soll es ebenfalls im Gesundheitsministerium und Bauministerium geben.

Einsparungen gibt es im Ministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung. Im Vergleich zu 2025 wird das Budget um rund 330 Millionen Euro auf 9,94 Milliarden Euro verringert. Zu den Aufgabenreichen des Ministeriums gehören die Bekämpfung von Hunger und Armut sowie Förderung von Gesundheit und Bildung in Ländern des globalen Südens, Förderung nachhaltiger Wirtschaftsentwicklung sowie Schutz von Klima und Umwelt oder die Zusammenarbeit mit politischen Stiftungen oder NGOs.

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Vorhaben um Finanzlöcher zu stopfen

Einsparungen, Reformen und die Hoffnung auf Wirtschaftswachstum sollen die Haushaltslöcher stopfen, um zu einer Konsolidierung des Haushalts zu kommen – das hat Priorität.

Reformiert werden sollen die Sozialsysteme wie Rente, Gesundheit und Pflege. Der Bundeshaushalt soll von den steigenden Kosten in diesem Bereich entlastet werden. Union und SPD haben hierfür eine Reformkommission vereinbart. Liefert die keine Ergebnisse, warnt der Finanzminister vor denjenigen „die mit der Kettensäge“ kommen. Ob „diejenigen“ Parteikolleg:innen oder der Koalitionspartner sind, bleibt unklar.

Außerdem hat Klingbeil betont, dass alle, die am Kabinettstisch sitzen, strikt sparen müssen. Neue Vorhaben stehen unter einem Finanzierungsvorbehalt. Das heißt, dass diese erst angegangen werden könnten, wenn deren Finanzierung gesichert ist. Eine strukturelle Konsolidierung soll es zusätzlich über Stellenabbau und Einsparung von Verwaltungsausgaben bei der Bundesverwaltung geben.

Die Haushaltslöcher sind durch die angekündigte Ausgabendisziplin aber nicht komplett füllbar. Daher hofft der Finanzminister in erster Linie auf ein Wirtschaftswachstum. Haushaltslöcher würden sich durch die damit verbundenen höheren Einnahmen (Steuern) teilweise in den nächsten Jahren schließen. Die Wirtschaftsprognosen zeichnen sich positiver ab als die zuvor befürchtete Stagnation. Ab 2026 rechnet die Deutsche Bank mit einem Wachstum um 2 Prozent.

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