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Ukraine: Merz will Milliarden für US-Luftabwehrsysteme zahlen

Die USA wollen nun doch keine Luftabwehrsysteme des Typs „Patriot“ in die Ukraine liefern – doch die BRD will bei den Milliarden-Käufen einspringen. Weitere Waffensysteme wie Taurus-Marschflugkörper sollen ebenfalls in Betracht gezogen werden. Eine Mehrheit der Ukrainer:innen kann sich derweil einen Kompromiss im Friedensprozess vorstellen.

Als eines der modernsten Flugabwehrsysteme weltweit werden die „Patriot-Raketensysteme“ von der ukrainischen Führung als essentiell für die Verteidigung gegen russische Angriffe gesehen. Mit sechs oder sieben dieser Systeme sei es jedoch nicht getan, es bräuchte sogar 25 dieser Raketenabwehrsysteme.

Doch mit einem Preis von je einer Milliarde US-Dollar gestaltet sich die Umsetzung eher schwierig. Hinzu kommen die Kosten pro Rakete, die mehrere Millionen betragen. Deutschland lieferte in der Vergangenheit bereits drei Patriot-Systeme an die Ukraine, was ungefähr ein Drittel seines Bestands ausmacht.

Nachdem Trump noch kürzlich in einem Treffen mit Selenskyj in Den Haag angab, sich um eine Lieferung der Abwehrsysteme zu kümmern, folgten Berichte über einen Lieferstopp. Dieser soll nicht nur die Patriot-Systeme, sondern ebenso Präzisionsartillerie und Granaten betreffen.

Die Antwort der deutschen Regierung folgte prompt: Regierungssprecher Stefan Kornelius bestätigt, dass der Ankauf von Patriot-Raketenabwehrsystemen der USA für die Ukraine eine Option sei. Dies habe Kanzler Merz dem US-Präsidenten bei einem Telefonat am 3. Juli vorgeschlagen.

Auch die Regierungsführungen aus Frankreich und Italien kontaktierten Trump, um für weitere Waffenlieferungen an die Ukraine zu werben. Mitte des Monats soll Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) zu einem Treffen nach Washington fliegen. Dabei soll auch dieses Thema behandelt werden.

Einige US-Beamt:innen erklären nun, dass mit den von ihnen vorgenommenen Handlungen kein genereller Stopp von Waffenlieferungen an die Ukraine zu befürchten sei und auch, dass Trump sich um die Lieferung von Flugabwehrsystemen bemühe.

BRD bestellt Patriot-Raketen – auch für Angriffe auf russisches Gebiet

US-Verteidigungsminister Pete Hegseth hatte zuvor eigenmächtig einen Waffenlieferungsstopp an die Ukraine veranlasst. Dabei berief er sich auf einen angeblichen Mangel an US-Waffenbeständen, den das Pentagon dementiert. „Es sei klargestellt: Unser Militär hat alles, was es braucht, um jede Mission jederzeit, überall auf der Welt durchzuführen“, sagte Pentagon-Sprecher Sean Parnell.

Taurus-Marschflugkörper als Option

Ebenfalls ist die Diskussion um die umstrittenen Taurus-Marschflugkörper wieder entflammt, nachdem Merz in einer ARD-Sendung am 1. Juli die Lieferung solcher Waffen als Option bekannt gab. Dies machte er bereits vor seiner Amtszeit klar. Ex-Kanzler Olaf Scholz (SPD) hatte in seiner Legislaturperiode immer wieder gegen das komplexe Waffensystem argumentiert, da es für ein Eskalation des Krieges sorgen könnte.

Mit einer Reichweite von bis zu 500 Kilometern ermöglicht Taurus das tiefe Eindringen in russische Verteidigungslinien. Zuletzt machte Putin klar, dass die Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern Deutschland für ihn zur Kriegspartei mache. Im Juni hatte Verteidigungsminister Pistorius noch angegeben, keine Taurus-Systeme liefern zu wollen.

Merz hat zwischenzeitlich bereits einen Beschluss durchgesetzt, demzufolge die Regierung nicht mehr aufschlüsseln muss, welche Art und Anzahl an Waffen sie an die Ukraine liefert. Bisher war dies auf den offiziellen Websites einsehbar. Während er als Grund angibt, sich Russland gegenüber einen taktischen Vorteil einholen zu wollen, ist es vor allem eine Möglichkeit, eine große Kontroverse zu umgehen und die öffentliche Debatte darüber zu vermeiden.

Ukraine: Merz will Waffenstillstand – und geheime Rüstungsexporte

Bevölkerung sehnt sich nach Frieden

Trump hatte vor seiner Amtszeit noch angekündigt, den Krieg binnen 24 Stunden beenden zu können. Nach dem letzten Gespräch mit Putin erklärte er jedoch wieder einmal, dem Frieden kein Stück näher gekommen zu sein. Die Konsequenzen dieses gebrochenen Versprechens bekommt die ukrainische Bevölkerung weiterhin stark zu spüren.

In einem Interview mit dem Nachrichtensender Al Jazeera schildert z.B. ein 51-jähriger Ukrainer, jede Nacht bereit zu sein, bei einem Drohnenangriff getötet zu werden. Das Fehlen von Stabilität und Sicherheit im Krieg stelle eine enorme Belastung dar. Eine Ukrainerin berichtet, sich von den US-Präsidenten Biden, Trump und auch den europäischen Staaten im Stich gelassen zu fühlen, denn sie alle hätten letztlich die Lage in der Ukraine nicht verbessert.

In einer Umfrage geben mittlerweile 56 Prozent der Ukrainer:innen an, für das Ende des Kriegs auch einen Kompromiss zu akzeptieren, der die Kontrolle Russlands über knapp 20 Prozent des ukrainischen Territoriums umfassen würde.

Al Jazeera, CC BY-NC-SA 2.0
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