Der Verteidigungsminister Boris Pistorius hat am 7. Juli seinen Entwurf für ein neues Wehrdienstgesetz vorgestellt. Bereits im nächsten Jahr soll eine freiwillige Musterung eingeführt werden, ab dem Jahr 2027 soll diese verpflichtend sein. Für den Fall, dass die dann rekrutierten Soldat:innen dem Bund nicht ausreichen, soll die Wehrpflicht wieder eingeführt werden.
Die Einberufung der Wehrpflicht über eine einfache Abstimmung im Bundestag soll möglich werden. So zumindest steht es im Gesetzesentwurf, den Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) am 7. Juli vorlegte. Das erfolgte zunächst vor ausgewählten Abgeordneten und dann vor ausgewählten Pressevertreter:innen. Dabei sind verschiedene Schritte für 2026 und 2027 geplant und Kriterien für die Wiedereinführung der Wehrpflicht festgelegt.
Aufstockung der Bundeswehr – „Bloß kein Gammeldienst“
Der Gesetzesentwurf umfasst mehr als 50 Seiten und soll bereits Ende August ins Bundeskabinett kommen. Schon ab dem 1. Januar 2026 erhalten alle Personen, die nach dem 31.12.2007 geboren wurden, einen Fragebogen. Dort sollen Größe, Gewicht, Gesundheitszustand und Bildungsabschlüsse abgefragt werden sowie ob ein „Interesse am Wehrdienst der Bundeswehr“ besteht. Die Musterung soll dann in sogenannten „Assessment Centern“ stattfinden.
Das Ausfüllen des Fragebogens soll für Männer verpflichtend, für Frauen und andere Geschlechter freiwillig sein. Nach Berechnungen der Bundeswehr sollen pro Jahr rund 300.000 Männer die Fragebögen ausfüllen. 2027, ein Jahr später, soll die Musterung wieder verpflichtend werden, jedoch ohne einen zwingenden Medizintest.
Zunächst soll der wachsende Personalbedarf der Bundeswehr auch dadurch gedeckt werden, dass sich die Arbeitsbedingungen dort verbessern. Der Sold einer Wehrdienst leistenden Person soll um 80 Prozent steigen. Damit wäre sie den Soldat:innen auf Zeit (SaZ) finanziell gleichgestellt. Darüber hinaus wird auch mit dem Einsatz moderner Technologie gelockt, unter anderem einer Ausbildung an der Drohne.
Sollte die Bundeswehr unter diesen Voraussetzungen nicht schnell genug anwachsen und die Rekrutierungsvorgaben der Bundesregierung nicht erreicht werden, ist die Einführung der Wehrpflicht möglich. Dies scheint in Angesicht der hohen Vorgaben bisher unausweichlich.
Wann kommt die Wehrpflicht?
Das Gesetz ist so geschrieben, dass die Wehrpflicht über eine einfache Mehrheit im Bundestag beschlossen werden kann. Und zwar „wenn die verteidigungspolitische Lage“ einen kurzfristigen Aufwuchs der Streitkräfte benötigt, der auf freiwilliger Grundlage nicht zu erreichen sei. Damit wird die Wiedereinführung de facto ab Anfang 2026 möglich.
Auch über den kurzfristigen Anstieg der Streitkräfte hinaus ist der Rekrutierungsbedarf der Bundeswehr nun konkret festgeschrieben. Er fällt so hoch aus, dass er durch freiwillige Maßnahmen nicht erreichbar scheint.
Wie viele Soldat:innen braucht es für den „Frieden“?
Bis zum Jahr 2035 soll die Bundeswehr auf 460.000 Soldat:innen anwachsen, davon 260.000 aktive und 200.000 Reservist:innen. Zum jetzigen Zeitpunkt sind in der Bundeswehr lediglich 182.000 Soldat:innen aktiv, sie müsste also um ein Drittel anwachsen. Die Zahl der Reservist:innen wächst dann automatisch mit, denn alle Wehrdienstleistenden gelten während des Dienstes und danach als Reservist:innen.
In der zweiten Version des Papiers ist ein „Friedensumfang“ der Bundeswehr von 203.000 Soldat:innen vorgesehen. Zur Länge des Grundwehrdienstes wird nur festgehalten, dass diese einheitlich festzulegen sein. Es soll aber ein sechs- und ein zwölfmonatiger Dienst geplant sein, der laut Spiegel Online um bis zu fünf Monate verlängert werden kann.
2026 sollen 15.000 neue Wehrdienstleistende ausgebildet werden, inklusive der 10.000 bisher freiwilligen Wehrdienstleistenden. Drei Jahre später, 2029, soll sich diese Zahl auf 30.000 verdoppelt haben. Dann sollen auch bereits 114.000 Menschen einen Wehrdienst abgeleistet haben.

