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Regionale Unterschiede in der Lebenserwartung

Eine parlamentarische Anfrage der Linken deckt erhebliche Disparitäten auf: Menschen in Baden-Württemberg leben durchschnittlich vier Jahre länger als Personen aus Sachsen-Anhalt. Die Lebenserwartung hängt von verschiedenen Faktoren ab.

Um die Gesundheitslage einer Gesellschaft darzustellen, gilt die Lebenserwartung als eine der anschaulichsten Maßstäbe. Seit Jahrzehnten steigt die Lebenserwartung in Deutschland (mit Ausnahme von Corona-Zeiten) an und befindet sich mit 78,9 Jahren bei Männern und 83,5 Jahren bei Frauen wieder auf dem Niveau vor der Pandemie. Trotzdem ist bei Weitem nicht alles Gold, was glänzt.

Vor allem die regionalen Unterschiede sind in Deutschland signifikant. Aus einer parlamentarischen Anfrage der Linken geht hervor, dass die Lebenserwartung der Männer in Baden-Württemberg (79,64 Jahre) beispielsweise durchschnittlich vier Jahre höher ist als in Sachsen-Anhalt (75,49 Jahre).

Bei Frauen beträgt dieser Unterschied in den beiden Bundesländern 83,5 zu 78,9 Jahren. Betrachtet wurden hierbei die durchschnittlichen Lebenserwartungen der Jahre 2021 bis 2023. Der Leiter der Forschungsgruppe Mortalität des Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (BiB) Pavel Grigoriev erkennt dabei einen Trend, der momentan noch weiter auseinanderzudriften droht. Zwar gab es nach der Wiedervereinigung eine Phase der Angleichung, doch seit den frühen 2000ern schlug dieser wieder ins Gegenteil um.

Forschungsgruppe nennt Vielzahl an möglichen Gründen

Bei der Begründung dieser Tatsachen bleibt die Forschungsgruppe vage: Bildung, kulturelle Prägung oder Altersstruktur einer Bevölkerung wären mögliche Faktor. Ebenso können auch wirtschaftliche, ökologische und gesundheitliche Aspekte (wie Alkohol, Ernährung, Bewegung) die Unterschiede bedingen. Leiter Pavel Grigoriev ergänzt die Stellungnahme mit dem Beispiel, dass in Baden-Württemberg weniger Menschen rauchen würden als in Sachsen-Anhalt.

Die in Merseburg (Sachsen-Anhalt) aufgewachsene Linke-Bundestagsabgeordnete Janina Böttger findet dagegen deutlichere Worte und spricht die regionale Ungleichheit an: „Während wohlhabende Menschen in Baden-Württemberg oder Bayern oft viele Jahre länger leben, haben Menschen in ärmeren Regionen schlechtere Karten – gesundheitlich, sozial und wirtschaftlich.“ Sie sieht den Staat in der Pflicht, diese Disparitäten zu beseitigen.

Armut führt zu geringerer Lebenserwartung

Ein Journal des Robert-Koch-Instituts (RKI) aus dem Jahr 2019 bestätigt den Teil Böttgers Analyse, der sich auf das Einkommen bezieht. Das Einkommen wirke sich erheblich auf die Lebenserwartung aus. Laut dem RKI hat das Sozio-oekonomische Panel (SOEP) Daten aus den Jahren 1992 bis 2016 ausgewertet und ist zu folgendem Ergebnis gekommen: 27 % der männlichen Personen aus der untersten Einkommensgruppe starben vor dem 65. Lebensjahr. Im Gegensatz dazu traf 14 % der Männer der höchsten Einkommensgruppe dasselbe Schicksal. Bei den Frauen sieht es ähnlich aus: Während 13 % der Frauen aus der untersten Einkommensgruppe vor dem 65. Lebensjahr starben, waren es nur 8 % der Frauen aus der höchsten Einkommensgruppe.

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