Kreta hat vergangenes Wochenende die größte Antikriegsmobilisierung gegen die NATO-Militärbasis seit ihrer Errichtung erlebt. Aktivist:innen verschiedenster Strömungen aus ganz Griechenland kamen zusammen und trugen ihren Protest über zwei Tage hinweg lautstark auf die Straßen. Ihre Forderung: Die Schließung des Stützpunkts und ein Ende der griechischen Beteiligung am Gaza-Genozid.
Am 17. und 18. Oktober fand auf Initiative der Palästinabewegung Griechenlands hin eine ausgedehnte Protestaktion auf der Insel Kreta statt, wo sich eine der wichtigsten militärischen Stützpunkte der NATO befindet. Hintergrund des Protests ist die direkte Verwicklung der Souda Base in den seit zwei Jahren systematisch durchgeführten Genozid im Gazastreifen. Dort sind unter anderem am Gaza-Genozid beteiligte Kriegsschiffe regelmäßig betankt worden. Um diese Machenschaften offenzulegen und anzuprangern, setzten verschiedene politische Organisationen, Studierendenverbände, Gewerkschaftsmitglieder und Aktivist:innen mit ihrem zweitägigen Protest ein wichtiges Zeichen.
Kämpferischer Auftakt der Protestaktion in Chania
Für die Auftaktdemonstration am 17. Oktober wurde vor allem auf Kreta nach Chania mobilisiert und dem Aufruf folgten etwa 1500 Menschen. Kurz nachdem sich die Massen am Startpunkt versammelten, hängten Aktivist:innen ein Banner vom Dach der zentralen Markthalle herab mit der Aufschrift „Solange die Waffen der Partisanen nicht ruhen, bleibt die Hoffnung in unseren Herzen lebendig“ und schwenkten die palästinensische Fahne. Daraufhin startete die etwa zweistündige Demonstration durch die Innenstadt. Trotz der Präsenz von Polizist:innen in voller Montur ließen sich die Teilnehmenden nicht einschüchtern, die Stimmung blieb laut und kämpferisch. Entlang des Demonstrationszugs wurden Graffitis gesprüht, die sich gegen den israelischen Tourismus sowie den Aufenthalt von NATO Soldat:innen auf Kreta richteten.
Im Anschluss an die Demonstration wurde eine Podiumsdiskussion unter dem Namen „Mittelmeer: Meer der Solidarität und des Widerstands“ organisiert. Dimitris Pleionis, Mitglied von BDS Griechenland, Nikolas Kosmatopoulos, Professor für Anthropologie an der Universität in Beirut sowie Giuseppe D’Alasio, Mitglied einer italienischen Gewerkschaft im Hafen von Salerno traten als Redner auf. Thematisch wurde eine Brücke geschlagen zwischen der Solidaritätsbewegung für Palästina und dem Widerstand gegen die Migrationspolitik der EU, die jährlich Tausenden von Menschen das Leben kostet. „Die Leichen am Grund des Mittelmeers brachten einige von uns dazu, sich zu mobilisieren, um den Menschen auf der Flucht zu begegnen und ein anderes Meer zu schaffen: Ein Meer der humanitären Solidarität“, sagte Kosmatopoulos dabei.
Aktionstag an der NATO-Militärbasis
Für die Protestaktion in Souda reisten Hunderte weitere Aktivist:innen aus ganz Griechenland an, die am Morgen des 18. Oktober mit der Fähre ankamen. Dutzende Busse fuhren die Demonstrierenden aus Chania nach Mouzouras, dem nächstgelegenen Dorf, zur Militärbasis. Auf dem Grundstück einer Grundschule wurde ein breites Programm mit Kulturbeiträgen, Infoständen, Musik und politischen Reden auf die Beine gestellt. Neben anderen hielt Paris Laftsis, ein griechischer Aktivist und Teilnehmer der Global Sumud Flotilla nach Gaza, eine kämpferische Rede, in der er betonte: „Wir werden weiterkämpfen gegen die Mitschuld und die Zusammenarbeit des griechischen Staates mit dem Terrorstaat, und wir werden all unsere Kräfte weiter einsetzen.“ Kurz vor Beginn der Demonstration wurde ein „Gaitanaki des Friedens“ aufgeführt, ein nordgriechischer Tanz, bei dem bunte Bänder um einen zentralen Stab geflochten werden, was Zusammenhalt und Frieden symbolisieren soll. An diesem Tag trugen die Bänder die Farben der palästinensischen Fahne und die Aufführung wurde den Ermordeten in Gaza gewidmet.
Am Abend startete der Demonstrationszug hin zur Militärbasis. 4.000 Menschen marschierten bis zu den Polizeibarrikaden, die einige hundert Meter weiter entfernt von der Basis errichtet worden waren. Im hinteren Teil der Demonstration waren Blöcke von sozialistischen Kräften, unter anderem der Kommunistischen Befreiungsbewegung (Κομμουνιστική Απελευθέρωση) sowie deren Jugendorganisation nKA (Νεολαία Κομμουνιστική Απελευθέρωση).
Wir sprachen mit Alexandros Sklavos, Student und Mitglied der nKA über ihre Perspektiven in der Palästina Bewegung: „Der Kampf kann nur dann Ergebnisse bringen, wenn er sich zu einem organischen Bestandteil einer breiteren Antikriegsbewegung entwickelt, die sich unseren kriegstreiberischen Regierungen entgegenstellt, mit dem Ziel, sie zu stürzen und ihre Politik obsolet zu machen. Wir müssen dem Wettrüsten in Griechenland, der Türkei und Europa ein Ende setzen. Darüber hinaus müssen wir Druck auf unsere Länder ausüben, alle Beziehungen zu Israel abzubrechen und die NATO und die EU aufzulösen! Um diese Ziele zu erreichen, ist es natürlich entscheidend, einen neuen Geist des proletarischen Internationalismus zu fördern, in bedingungsloser Solidarität mit dem gerechten palästinensischen Widerstand.“
Angekommen bei den Polizeibarrikaden legten etwa 20 Aktivist:innen in weiße Laken gehüllte Puppen vor den Polizist:innen hin und begossen sie mit roter Farbe – eine ergreifende Symbolik für das unsagbare Massaker in Gaza. Nach dem Ende des Marsches zogen sich die Demonstrierenden zurück, ohne dass es zu Eskalationen mit der Polizei kam.
Die Militärbasis an der Nordküste Kretas hat eine Jahrzehnte andauernde Geschichte. 1969 wurde die US Marina in Souda eingerichtet und 1980 wurde daraus die US Naval Support Activity (NSA) Souda Bay. Diese Basis dient der logistischen Unterstützung, Koordination und Überwachung von Operationen auf dem Balkan, im Nahen Osten, im Mittelmeer und in Nordafrika. Sie war schon immer der Ausgangspunkt für viele imperialistische Kriege, wie beispielsweise im Irak 1991 und 2003 oder in Afghanistan 2001. Heute unterstützt sie Israel aktiv in seinem Vernichtungskrieg gegen die palästinensische Bevölkerung.
Das Aktionswochenende auf Kreta fand einige Tage nach dem Ausrufen der Waffenruhe im Gazastreifen statt. Die brüchige Feuerpause mindert jedoch in keinster Weise die Bedeutung der Protestaktion. Denn die israelische Armee bricht weiterhin täglich das Abkommen und setzt das Töten im Gazastreifen fort. Auch der Plan der US Regierung, zynisch als „Friedensplan“ betitelt, ist letztlich nichts als ein Plan zur ethnischen Säuberung ganz Palästinas. Angesichts dessen sollten derartige Mobilisierungen erst der Anfang sein, wie Paris in seiner Rede unterstrich. Ein Anfang dafür, dass die europaweite Bewegung in Solidarität mit Palästina die Beteiligung der eigenen Regierungen am Genozid in Palästina sichtbar macht und energisch gegen sie vorgeht.
Solidarität weltweit organisieren, Kriegstreiber entwaffnen
Auch in Deutschland fanden in diesem Jahr verschiedene Antikriegsaktionen statt, allen voran die wirkmächtige Aktion der Ulm5 der Aktivist:innen von Palestine Action Deutschland, welche die Waffenfabrik Elbitsystems in Ulm angriffen und dafür gerade in Untersuchungshaft sitzen, oder etwa das Rheinmetall Entwaffnen Camp im Sommer, wo die Antikriegsbewegung bundesweit zusammengekommen ist. Aktionen wie diese in Deutschland und das Protestwochenende in Souda zeigen, dass die Kämpfe nicht isoliert voneinander geführt werden.
Alexandros Sklavos betonte in diesem Sinne: „Die vorrangige Aufgabe der Kommunist:innen besteht darin, einen neuen Weg zum Kampf gegen das System aufzuzeigen und die Vorstellung wiederzubeleben, dass es tatsächlich eine radikale Alternative gibt, die durch organisierten Klassenkampf erreicht werden kann. Der genoss:innenschaftliche Dialog und das gemeinsame Handeln zwischen Volksbewegungen und insbesondere kommunistischen Kräften aus verschiedenen Ländern sind unerlässlich, damit wir diesen Weg gemeinsam gehen können!“

