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Deutsche Bahn: Neue Chefin will Konzern umbauen und Stellen streichen

Umbruch bei der Deutschen Bahn angekündigt: Evelyn Palla will harte Einschnitte durchsetzen und jeden Job in der Verwaltung auf den Prüfstand stellen. Auch das Generalsanierungsprogramm ihres Vorgängers möchte sie einer Revision unterziehen. Für Bahnfahrer:innen ändert sich kurzfristig vor allem, dass kleinere Städte von den Fahrverkehrsplänen gestrichen werden.

Evelyn Palla spart nicht mit Ankündigungen. Die Südtirolerin ist seit dem 1. Oktober neue Vorstandsvorsitzende der Deutschen Bahn. Den Konzern will sie nach eigenen Angaben ab dem nächsten Jahr „auf links drehen“: „Wir brauchen einen Neustart“, so die frühere DB-Regio-Chefin. 2026 solle das Jahr des Umbaus werden.

Da Palla nicht die erste Managerin eines Konzerns ist, die derartige Statements von sich gibt, lohnt sich ein Blick auf ihre konkreten Aussagen. Ein detailliertes Konzept soll es zwar erst Anfang Dezember geben. Palla hat jedoch bereits anklingen lassen, dass sie die Arbeitsplätze in der Bahnzentrale auf den Prüfstand stellen will: „Ich überprüfe jeden Job auf den Mehrwert für unsere Kunden. Die Verwaltung muss dem Eisenbahner dienen.“ Bisher hat der Bahnkonzern mit hunderten Beteiligungen und Tochtergesellschaften mehr als 230.000 Beschäftigte.

Entscheidungen sollen künftig zudem weniger in der zentralen Verwaltung getroffen, sondern auf regionale Ebenen verlagert werden: „Ich mache die Macher vor Ort zu den Entscheidern.“ Auch hier dürften viele Bahn-Beschäftigte – ob in der Verwaltung, an den Bahnhöfen oder in den Zügen – auf eine Konkretisierung gespannt sein. Bereits in einer Ende September vorgestellten „Agenda für zufriedene Kunden auf der Schiene“ des Bundesverkehrsministeriums war von „Reformen bei der Deutschen Bahn“ gesprochen worden, und zwar „von einer klaren Finanzierungsstruktur über eine wirksame Aufbauorganisation“. Palla war im Rahmen dieser Reform-Agenda von Bundesverkehrsminister Patrick Schnieder (CDU) als neue Konzernchefin nominiert worden.

Deutsche Bahn: Verspätungen nehmen weiter zu – neue DB-Chefin will „aufräumen“

Weniger Fernverkehr im ländlichen Raum

Für Bahnfahrer:innen dürfte vor allem interessant sein, wie sich das bundesweit zunehmend als desolat empfundene Fahrgeschäft der Bahn in Zukunft weiter entwickelt. Hier ist das kurzfristige Ziel der neuen Bahnspitze lediglich die Verbesserung der Sauberkeit und Sicherheit in Zügen und an den Bahnhöfen. Ob und wie pünktlich Züge diese Bahnhöfe in den nächsten Jahren anfahren werden, lässt sich jedoch nur für eine Reihe von kleineren und mittleren Städten mit Sicherheit sagen: Dort wird nämlich die Anbindung an den Fernverkehr gestrichen.

Der ICE soll weitgehend nur noch Großstädte anfahren, und dort möglichst im Halbstundentakt. Die Fahrtenzahl pro Richtung auf der Zugstrecke Leipzig-Nürnberg über Jena wird dagegen zum Beispiel von fünf auf zwei reduziert. Da von einem parallelen Ausbau des Regionalverkehrs bislang keine Rede ist, dürfte die Maßnahme vor allem dazu führen, dass der ländliche Raum erst einmal vom Bahnverkehr abgehängt wird.

Da ein grundlegendes Problem der Deutschen Bahn im überalterten und überlasteten Streckennetz besteht, ist eine kurzfristige Lösung der Probleme von Pendler:innen und Reisenden nicht in Sicht. Wie es bei den Sanierungsplänen weitergeht, ist auch noch nicht klar: Den erst vor einem Jahr aufgelegten Sanierungsplan „S3“ ihres Vorgängers Richard Lutz will Palla einer Revision unterziehen.Lediglich die Generalsanierung wichtiger Strecken, die Verbesserung des Betriebs und die finanzielle Sanierung des Konzerns blieben bestehen. Auch hier wird der genaue Maßnahmenkatalog der spannende Teil werden. Statements der beiden Bahn-Gewerkschaften GdL und EVG zu Pallas Ankündigungen finden sich auf deren Webseiten bislang noch nicht.

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