Das Innenministerium treibt weitere Verschärfungen in der Migrationspolitik entschieden voran. Mehr Abschiebungen, mehr Grenzsicherung, mehr Abschreckung: Deutschland sei nicht mehr Teil des Problems, sondern entwickle Lösungen im Kampf gegen die Migration erklärte Innenminister Dobrindt.
Mit drei „K“ will Innenminister Alexander Dobrindt die europäische Asylpolitik weiter verschärfen. Im Rahmen einer Einbringung eines Gesetzesentwurfs zur Umsetzung des Gemeinsamen europäischen Asylsystems (GEAS) in Deutschland betonte der CSU-Politiker, dass „illegale Migration sowohl national als auch auf europäischer Ebene“ noch stärker bekämpft werden müsse. Dobrindt, so heißt es in einer Mitteilung des Innenministeriums, möchte mit den deutschen Prinzipien „Kontrolle, Kurs und klare Kante“ die „Migrationswende“ auch in ganz Europa umsetzen.
Messen lassen will sich der Innenminister dabei weiterhin an der Senkung der Zahl von Asylanträgen in Deutschland. Dazu soll die „Magnetwirkung Deutschlands“ weiter verringert werden. Das heißt nichts anderes als dass bei laufenden, nach europäischem Recht als „illegal“geltenden Asylverfahren so verfahren werden soll, dass eine möglichst hohe Abschreckung weiterer Geflüchteter erzielt wird. Als Maßnahme brachte Dobrindt dazu jüngst konkret unter anderem die Einführung einer unbefristeten Abschiebehaft sowie unbefristeter Einreiseverbote ins Spiel.
Zur effizienteren kollektiven Abwicklung von Asylverfahren sollen darüber hinaus sogenannte „Return Hubs“, Rückkehrzentren, in Drittstaaten eingeführt werden. Bereits 2024 hatte Dobrindt – damals noch in der Rolle als Vorsitzender der CSU-Landesgruppe im Bundestag – ein Abkommen Deutschlands mit Ruanda über die Einrichtung von Zentren für die konzentrierte Unterbringung von Geflüchteten, ähnlich wie das britische Vorbild, gefordert.
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Die Auslagerung von Asylverfahren und besonders das britische Modell, bei dem Geflüchtete aus dem Vereinigten Königreich zur Prüfung ihrer Anträge nach Ruanda deportiert werden, wird von Menschenrechtsorganisationen wie Pro Asyl als menschenverachtend kritisiert. Auch in Deutschland gebe es für eine derartige Einführung noch „juristische Hürden“ hatte Dobrindt eingeräumt – gemeint sind mögliche Verstöße gegen Grundrechte.
Bündnisse mit fundamentalistischen Regierungen
Um seine Ziele zu erreichen und mehr Abschiebungen von Migrant:innen aus Deutschland durchführen zu können, arbeitet Dobrindt derzeit an Abkommen mit der afghanischen und der syrischen Regierung. Geflüchtete aus Syrien und Afghanistan gehören zu den größten Gruppen unter den sogenannten „illegalen“ Migrant:innen – oder den „sans papiers“ oder „undokumentierten Migrant:innen“, wie diese in weniger kriminalisierenden Zusammenhängen oft bezeichnet werden.
Sowohl Syrien als auch Afghanistan werden von islamisch fundamentalistischen Organisationen regiert. In beiden Ländern sind zahlreiche Verbrechen gegen politische Oppositionen und Minderheiten bekannt geworden. Das Abkommen mit den Taliban in Afghanistan stehe kurz vor dem Abschluss frohlockte Dobrindt vor wenigen Tagen und kündigte umgehend Abschiebungen per Linienflug nach Kabul an. Auch mit der HTS (Hajat Tahrir al-Scham) in Syrien arbeitet das Innenministerium an einer Einigung. Nach Syrien will Dobrindt explizit nicht nur in Deutschland straffällig gewordene Geflüchtete, sondern auch arbeitslose junge Männer abschieben.
Deutschland soll vorangehen
Dobrindt kündigte an, dass sich die Rolle Deutschlands in Europa in Bezug auf die Asylpolitik weiter verändern werde. Dazu verschiebt er bewusst Stück für Stück die Grenzen des Sagbaren. Er rudert zwar regelmäßig bei Vorwürfen der Verletzung von Menschenrechen zurück, positioniert sich so aber politisch als Führer einer europäischen Allianz von Hardlinern.
In diesem Zusammenhang berief Dobrindt Anfang des Monats auch mehrere seiner Amtskolleg:innen zu einer Konferenz nach München. Dort stand laut Dobrindt vor allem das Ziel im Vordergrund, „eine Koalition der Willigen bei der Umsetzung von Return Hubs zu schmieden.“ Dobrindts Taktik ist es derweil, die europäischen Vorgaben aus dem GEAS noch zu übertreffen – er selbst nennt dieses Vorgehen treffend „nachhärten“.
Aus der eigenen Regierung in Deutschland kommt von der SPD zwar Kritik an einigen Vorstößen des Innenministers. Im Grundsatz sind sich jedoch die Sozialdemokraten und die CDU/CSU einig darüber, dass die Migrationspolitik weiter verschärft werden muss. Die SPD fordert jedoch beispielsweise anstatt der Rückführungszentren in Drittländern mehr Abschiebungen innerhalb der Staaten des Dublin-Abkommens, also in die Staaten, in denen Migrant:innen zuerst Asyl beantragt haben.
Die beiden Parteien unterscheiden sich dementsprechend darin, wie die europäischen Staaten miteinander kooperieren sollen, nicht jedoch in der prinzipiellen Frage, ob Migrant:innen abgeschoben werden sollen.

