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Drehkreuze gegen soziale Probleme – die CDU und ihr Feldzug gegen den ÖPNV

Die CDU plant Zugangssperren an allen Berliner U-Bahnhöfen. Im Namen der „Sicherheit“ sollen obdachlose Menschen verdrängt und in Armut lebenden Menschen die Mobilität verwehrt werden. Berlin braucht stattdessen einen offenen, gut ausgebauten und bezahlbaren Nahverkehr für alle. – Ein Kommentar von Alexandra Baer.

Die Berliner CDU fordert Zugangssperren an allen U-Bahnhöfen der Stadt. 400 Millionen Euro will sie dafür ausgeben. Höhere Ticketpreise sollen die Finanzierung sicherstellen. Offiziell geht es um „Sauberkeit, Sicherheit und weniger Schwarzfahren“.

In Wahrheit ist es ein Angriff auf diejenigen Teile der Arbeiter:innenklasse, die ohnehin kaum Geld haben: diejenigen, die sich das 58-Euro-Ticket nicht leisten können, die pendeln müssen, die obdachlos oder suchtkrank sind und einen Rückzugsort brauchen.

Nahverkehr-Nutzung nimmt zu – Deutschlandticket wird teurer

In Paris, London oder New York stehen die Drehkreuze längst still – Schmutz und Übergriffe gibt es trotzdem überall. Verkehrsforscher Andreas Knie nennt den CDU-Plan daher „völligen Schwachsinn“. Und er weiß, wovon er redet: selbst in New York, wo die Schranken höher sind als die Wolkenkratzer, steigen Menschen einfach drüber.

Wer wenig hat, soll mehr zahlen

Finanziert werden soll das Ganze – wie könnte es anders sein – durch höhere Ticketpreise. Also durch all die, die ohnehin jeden Tag im stickigen Tunnel stehen und auf die verspätete U-Bahn warten, weil sie sich kein Auto leisten können. 500 Milliarden „Sondervermögen“ für die Bundeswehr – höhere Ticketpreise für die, welche die Steuergelder erarbeiten.

Und während die CDU in Berlin Drehkreuze fordert, sorgt ihre Schwesterpartei im Bund dafür, dass das Deutschlandticket schon wieder teurer wird – ab 2026 kostet es 63 Euro im Monat. Erst heißt es: Mobilität für alle. Dann heißt es: Tja, Pech gehabt.

Was die CDU hier präsentiert, ist kein Beitrag zur Verkehrssicherheit, sondern ein weiterer Schlag gegen den ÖPNV. Dieselbe Partei, die Kiezblocks zur Verkehrsberuhigung stoppt und Busspuren blockiert, will nun vorgeblich die U-Bahn „sauberer“ machen.

Man muss nicht zynisch sein, um zu erkennen, worum es wirklich geht: Die CDU will den öffentlichen Raum zähmen, sortieren, kontrollieren. Es reicht der Partei wohl nicht aus, das „Stadtbild“ zu verändern.

CDU und Merz ist deutsches Stadtbild zu migrantisch – uns nicht!

„Sicherheit“ heißt hier: weniger Arme, weniger drogenabhängige oder obdachlose Menschen, weniger Menschen, die stören. Nur: Diese Menschen verschwinden nicht durch Drehkreuze. Sie werden höchstens verdrängt.

Verkehrspolitik im Stau

„Ein reines Ablenkungsmanöver“, sagt Verkehrsforscher Andreas Knie – und wahrscheinlich hat er recht. Ablenkung von einem Senat, der lieber neue U-Bahn-Linien plant, obwohl die BVG mit ihrer Finanzierung kaum die alten in Schuss halten kann. Von einer Bundesregierung, die Milliarden in Autobahnen pumpt, während der Nahverkehr verrottet.

Statt über mehr Personal oder bessere Beleuchtung diskutiert er also über Drehkreuze. Während 15.000 Berliner:innen Petitionen für sichere Räume gegen männliche Übergriffe im Nahverkehr unterschreiben, fällt der CDU nichts anderes ein als: Schranken.

BVG: Tausende fordern Schutzräume gegen männliche Übergriffe

Was Berlin – und jede andere Großstadt – wirklich braucht, sind keine Sperren oder Schranken. Wir brauchen einen offenen, gut ausgebauten Nahverkehr, der für alle zugänglich ist – bezahlbar oder besser noch kostenlos.

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