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Forderungen nach Aufrüstung aus allen Ecken

Innenminister Alexander Dobrindt will mehr Befugnisse, um gegen russische Spionage vorzugehen, die GdP fordert mehr Polizeipräsenz und die Grünen machen einen Vorstoß bei der Wehrpflicht. – Aus allen Bereichen gibt es Rufe nach mehr innerer und äußerer Aufrüstung.

Alexander Dobrindt (CSU) will Deutschland gegen digitale Angriffe wappnen, und begründet das mit russischer Spionage, auch in Zusammenarbeit mit der „Putin-Partei“ AfD. Seiner Auffassung nach gibt es keinen ersichtlichen Grund für Treffen zwischen AfD-Abgeordneten und der russischen Botschaft, außer um Informationen auszutauschen – er wirft der AfD also ganz konkret Spionage für Russland vor. Um dagegen vorzugehen, sollen Sicherheitsbehörden, also auch die Polizei, mehr Befugnisse bekommen, um Attacken aus dem Ausland abzuwehren, berichtete das Handelsblatt in einem Interview mit dem CSU-Politiker.

Ebenfalls kommentierte Dobrindt die Debatte rund um Friedrich Merz’ (CDU) rassistische „Stadtbild“-Aussage. Er zeigt wenig Sympathie für die Empörung der Bevölkerung und stellt sich damit klar hinter den Kanzler: „Der Bundeskanzler hat recht mit seiner Einschätzung. […] Entscheidend ist, dass wir diese Realität benennen, anstatt aus einer sachlichen Frage eine Stildebatte zu machen“.

Die „Realität“, so behauptet der Innenminister, ist, dass die Überlastung des Gesundheitssystems und Wohnungsmarktes, der Kitas, Schulen, Gemeinden, etc. auf die illegale Migration und „Menschen, die sich nicht in unsere Gesellschaft integrieren oder in die Arbeitsgesellschaft einbringen wollen“ zurückzuführen sei.

Dobrindt verbindet also ganz aktiv die Themenbereiche Migration und Sozialstaatsabbau und greift auf eine altbekannte Taktik der Rechten zurück: Er will die Notwendigkeit von Kürzungen mit einem Überfluss an vermeintlich faulen Migrant:innen begründen und ihnen damit zugleich die Schuld für den Sozialstaatsabbau zuschieben. Was der Innenminister dabei auslässt, ist dass die „Belastung“ und die fehlenden Mittel für den Sozialstaat eine bewusste Entscheidung der Regierung ist. In anderen Bereichen, wie der Rüstung oder bei Subventionen für Großunternehmen, gibt es ebendiese „Belastung“ schließlich nicht.

Haushaltsausgaben für Rüstung sollen sich bis 2029 verdreifachen

GdP fordert mehr Polizeipräsenz und verdachtsunabhängige Kontrollen

Doch nicht nur Alexander Dobrindt nutzt die rassistische Hetze um die eigenen Interessen voranzutreiben: Der GdP-Vorsitzende Alexander Roßkopf will ebenfalls für mehr Sicherheit an großen Bahnhöfen sorgen. Das Problem seien die Migrant:innen und man müsse mehr Rechte für die Bundespolizei schaffen, denn diese würde immer weniger Respekt und Akzeptanz erfahren.

Mehr Rechte beinhalten dabei verdachtsunabhängige Kontrollen. In Zukunft soll die Polizei also jede:n kontrollieren können, den/die sie wollen, soweit die Forderungen. Verdachtsunabhängige Kontrollen gibt es dabei bereits an einigen Orten, zum Beispiel in Form von Waffenverbotszonen.

Grünen-Vorstoß zur Wehrpflicht

Doch Rufe nach mehr Aufrüstung hört man dabei nicht nur aus der Regierung, sondern auch aus der Opposition: Während die Regierenden über das Stadtbild debattieren, wirft ihnen die Grünen-Chefin Franziska Brantner vor, Führungsschwäche zu zeigen. „Er ist Kanzler und er scholzt“ verglich sie Merz (CDU) mit dem ehemaligen Kanzler Olaf Scholz (SPD).

Sie begründet diese Einschätzung mit zögerlicher Ukraine-Hilfe und dem zuletzt erwogenen Losverfahren bei der Wehrpflicht. Die Grünen wollen nämlich anstelle des Losverfahrens einen Pflichtdienst:

Doch kein Auslosungsverfahren? – Keine Einigung im Wehrdienstgesetz

Wo 2011 die Grünen noch für die Aussetzung der Wehrpflicht stimmten, wollen sie jetzt an ihrem Parteitag im November ihre Position zur Wehrpflicht verändern. Der Pflichtdienst soll niemanden dazu zwingen, zur Bundeswehr zu gehen, stattdessen sollen alle unter 28 Jahren ein „Gesellschaftsjahr“ absolvieren. Neben der Bundeswehr sollen dafür dann Dienste im Bevölkerungsschutz und bei nicht näher definierten „sozialen, ökologischen, kulturellen oder sportlichen“ Tätigkeiten zur Wahl stehen.

Allerdings müsste dafür erst mal das Grundgesetz geändert werden, in der derzeit ausgesetzten Wehrpflicht ist nämlich nur von Männern die Rede. Eine Pilotphase zu dem Pflichtdienst soll laut dem Antrag zum Parteitag des Grünen-Abgeordneten Niklas Wageners im Jahr 2028 starten.

Allerdings besteht dabei parteiintern noch keine Einigkeit: Von der Grünen Jugend kommt Widerstand gegen den „krassen Einschnitt in unsere Selbstbestimmung“. Auch die Parteichefin selber sieht dieses Projekt jedoch als kritisch an, zunächst müsse die Regierung den Wehrdienst attraktiver machen, sodass sich genug Leute für diesen freiwillig melden.

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