Zeitung für Solidarität und Widerstand

Proteste nach Kommunalwahlen: Georgien im Spannungsfeld

Auch ein knappes Jahr nach den Wahlen in Georgien bleibt das Land zwischen EU und Russland gespalten. Nach den Kommunalwahlen vergangene Woche gab es Proteste gegen die russlandfreundliche Regierung.

Vor knapp einem Jahr wurde in Georgien das Parlament gewählt. Bereits diese Wahl war begleitet von Protesten auf der Straße gegen die Regierungspartei Georgischer Traum, sie gilt als russlandfreundlich. Nach der Wahl wurde Georgien der Status eines EU-Beitrittskandidaten wieder entzogen, nachdem das Land ein Gesetz zur „ausländischen Einflussnahme“ verabschiedete, dass den Einfluss europäischer Medienmonopole in Georgien beschränkt.

Georgien: EU-Beitritt ausgesetzt – Pro-EU-Kräfte antworten mit Aufständen

Die Wahl selbst hat die Regierungspartei Georgischer Traum gewonnen, auch wenn es verschiedene Berichte über Unstimmigkeiten in den Wahllokalen gab und aus der pro-europäischen Opposition der Vorwurf des Wahlbetrugs geäußert wurde. Im Nachgang der Wahl gab es ebenfalls starke Proteste gegen die Regierung und beide Lager beanspruchten den Wahlsieg für sich – am Ende setzte sich jedoch die Regierung durch. Gespalten bleibt Georgien dennoch.

Kommunalwahl ohne Opposition

Am Samstag, den 04. Oktober fanden nun in Georgien Kommunalwahlen statt. Diese wurden durch die Oppositionsparteien boykottiert. Damit setzen sie ihren Widerstand durch Boykott gegen die Regierungspartei fort: bereits seit der Parlamentswahl 2024 boykottieren sie eine Teilnahme am georgischen Parlament.

Begleitet wurden die Kommunalwahlen erneut mit starken Mobilisierungen und Protesten gegen die Regierung. In der Hauptstadt Tiflis drang eine Gruppe von Protestierenden kurzzeitig auf das Gelände der Präsidentenresidenz vor, bevor sie durch die Polizei zurückgedrängt wurde.

Die pro-europäische ehemalige Präsidentin Georgiens Salome Surabischwili, eine prominente Gegnerin der Regierung, verurteilte diese Aktion jedoch. Das Ringen in der georgischen Gesellschaft um eine Annäherung an die EU oder Russland geht unterdessen weiter.

Osteuropa: Spielfeld der Imperialisten

Diese Woche entschied der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR), dass Russland eine Strafe von 253 Millionen Euro an Georgien zahlen muss. Anlass dieser Strafe ist der Kaukasuskrieg 2008. Russland erkennt das EGMR jedoch nicht an und es kann davon ausgegangen werden, dass es die Strafe ignorieren wird. Dennoch stellt das Urteil des EGMR eine Stärkung der pro-europäischen Kräfte in Georgien dar und symbolisiert deren Unterstützung durch die EU. Inwieweit es auch Auslöser weiterer Proteste sein kann, bleibt abzuwarten.

Perspektive Online
Perspektive Onlinehttp://www.perspektive-online.net
Hier berichtet die Perspektive-Redaktion aktuell und unabhängig

MEHR LESEN

PERSPEKTIVE ONLINE
DIREKT AUF DEIN HANDY!