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Handelskrieg: China zeigt sich kampfbereit – Trump hält eigene Zölle für nicht nachhaltig

Im Handelskrieg-Zickzack zwischen den USA und China stehen zurzeit vor allem Exportkontrollen auf Seltene Erden im Mittelpunkt. Nicht nur die USA, sondern auch europäische Länder sind stark von Importen aus China abhängig. Ende Oktober ist ein Treffen zwischen Trump und Xi Jinping im Rahmen des APEC-Gipfels geplant.

Im Frühjahr gerieten die USA und China im Streit um Zölle bereits aneinander. Nach ersten Zollerhöhungen Anfang März erließ US-Präsident Donald Trump am sogenannten Liberation Day Zölle in Höhe von 34 Prozent. Die Situation schaukelte sich in einem Schlagabtausch weiter hoch, und die USA drohten mit Strafzöllen von bis zu 145 Prozent, China mit 125 Prozent. Mitte Mai einigten sich die beiden Staaten dann auf Zölle von 10 Prozent auf US-Importe nach China, andersherum auf 30 Prozent.

Verschnaufpause im Handelskrieg zwischen USA und China

Anfang Oktober kam es im Handelskrieg dann zu neuen Spannungen, als US-Präsident Trump drohte, zusätzliche Zölle von 100 Prozent zu erheben. Er reagierte über seine eigene Social-Media-Plattform Truth Social mit mehr Zöllen „ab oder vor dem 1. November“. Zuvor hatten die chinesischen Wirtschaftsbehörden weitreichende Beschränkungen für den Export sogenannter Seltener Erdmineralien erlassen.

Chinas Herrschaft über Seltene Erden

China hat ein globales Monopol auf den Abbau, die Verarbeitung sowie die Herstellung von Produkten aus Seltenen Erden. Die Internationale Energieagentur (IEA) schätzt, dass China für etwa 61 Prozent der Produktion von Seltenen Erden und 92 Prozent ihrer Verarbeitung verantwortlich ist.

AlJazeera, CC BY-NC-SA 4.0

Diese seltenen Erdelemente sind besonders wichtig für die Produktion zentraler Komponenten moderner Technologien wie Prozessoren und Chips, aber auch Gegenstände des alltäglichen Gebrauchs. Viele dieser Seltenen Erden kommen in derart großen Mengen nur in China vor. Viele Staaten tun sich daher damit schwer, sich aus der Abhängigkeit von China zu lösen. China nutzt diese Seltenen Erden daher gern als ein Druckmittel in internationalen Verhandlungen.

Die neuen Bestimmungen führten bereits zu massiven Produktionsstaus und Mangel. Nicht nur wurden im Rahmen dieser neuen Exportbestimmungen fünf weitere Materialien mit Beschränkungen versehen, sondern es werden auch Lizenzen für den Export von Technologien zur Verarbeitung erteilt. So brauchen nunmehr ausländische Unternehmen offizielle Genehmigungen, um diese Materialien exportieren zu können, was zu massiven Verzögerungen führt.

Abhängigkeit wird zum Problem

Das ist den USA ein Dorn im Auge: Die neuen Beschränkungen der chinesischen Regierung festigen aus Perspektive der US-amerikanischen Regierung Chinas Dominanz in diesem Markt.

Neben der Produktion von Produkten wie Computerfestplatten, Elektromotoren oder Medizintechnik wie Laser- und MRT-Technik wäre von den Beschränkungen auch die US-amerikanische Rüstungsproduktion betroffen: F-35-Kampfjets, U-Boote der Klassen Virginia und Columbia, Tomahawk-Raketen, Radarsysteme, unbemannte Luftfahrzeuge vom Typ Predator sowie die Serie der präzisionsgelenkten Munitionen (Joint Direct Attack Munition) sind von den Importen abhängig. Die USA können bei der Produktion moderner Waffensysteme nicht mithalten, während China seine Kapazitäten schätzungsweise fünf- bis sechsmal so schnell ausbaut.

Die Unternehmensberatung McKinsey warnt auch vor der Abhängigkeit der BRD. Rund eine Million Menschen in Deutschland arbeiten in Branchen, die auf Seltene Erden angewiesen sind, weitere drei Millionen sind indirekt abhängig. Bei einem Ausfall Chinas als Lieferant wären rund vier Millionen Jobs und 370 Milliarden Euro Wertschöpfung – 9 Prozent des BIP – gefährdet, so McKinsey.

Cornelius Bähr vom Institut der deutschen Wirtschaft (IW) bekräftigt das: „Nach unseren Recherchen gibt es sogar 1,3 Millionen Beschäftigte in Deutschland, die Produkte herstellen, in denen seltene Erden enthalten sind.“ Ein Lieferstopp hätte gravierende Auswirkungen auf diese Jobs.

Zwischen Handelskrieg und Abhängigkeit – 25. China-EU-Gipfel

China behält Kurs bei

Die Eskalation im Handelskrieg kommt nicht zu einem zufälligen Zeitpunkt: Für Ende Oktober war bereits ein Treffen zwischen Xi und Trump am Rande des Gipfels der Asiatisch-Pazifischen Wirtschaftsgemeinschaft (APEC) in Südkorea geplant. Auf Truth Social bezeichnete Trump Chinas Schritt trotzdem als „überraschend“ für die Führer der „freien Welt“. Die Beschränkungen seien „äußerst feindselig“ und eine „moralische Schande im Umgang mit anderen Nationen“.

Ein Sprecher des chinesischen Handelsministeriums konterte, die USA „missbrauchen Exportkontrollen, indem sie diskriminierende Maßnahmen gegen China ergreifen und einseitige Beschränkungen im Rahmen einer sogenannten ‚Langarmjurisdiktion‘ auf eine Vielzahl von Produkten anwenden“. Die USA führen auf ihrer Exportkontrollliste mehr als 3.000 Artikel, China hingegen nur etwas über 900.

Am Donnerstag warf eine Sprecherin des Handelsministeriums den USA vor, Panik über seine neuen Exportkontrollen für Seltene Erden zu schüren. Für China waren die Maßnahmen eine vorhersehbare Reaktion auf die im September eingeführte Affiliates Rule (Regel für verbundene Unternehmen), die US-Exportkontrollen auf alle Unternehmen weltweit ausdehnte, an denen chinesische Eigentümer:innen über 50 Prozent halten.

Die chinesischen Behörden betonten wiederholt ihren Willen, an ihrem Kurs festzuhalten, und riefen die US-Regierung zum Einlenken auf: „Unsere Haltung zu einem Zollkrieg bleibt unverändert – wir wollen keinen, aber wir haben auch keine Angst davor.“

Hegseth droht China mit Krieg

Chinas Wirtschaft konnte in den vergangenen Jahren ein enormes Wachstum verzeichnen und übertraf regelmäßig Erwartungen und Prognosen. Durch die sich wandelnde globale Wirtschaftslage konnte China zudem verschiedene wirtschaftliche Verbindungen auf dem afrikanischen Kontinent ausbauen. Der Handel innerhalb Ostasiens wie auch innerhalb Afrikas wächst weiter.

Im Vergleich zum Vorjahresmonat stiegen die Exporte im September um 8,3 Prozent auf 328,6 Milliarden US-Dollar, die Importe wuchsen um 7,4 Prozent. „Chinas Exporte sind trotz der US-Zölle dank eines diversifizierten Exportmarkts und einer starken Wettbewerbsfähigkeit weiterhin robust“, erklärte Michelle Lam, China-Ökonomin bei der Société Générale SA.

Börsenkurse schwanken

Trumps rapide Eskalation im Umgang mit China sorgte für erhebliche Unsicherheiten an den Börsen: Aus Angst vor einer Wiederholung der Sanktionen vom Frühjahr reagierten viele Investor:innen und Unternehmen mit Verunsicherung. Die Kurse an der Wall Street stürzten in der Folge ab. Der Leitindex S&P 500 fiel um 2,7 Prozent, die Technologiebörse Nasdaq sogar um 3,6 Prozent. Auch der US-Dollar büßte an Wert ein. Der Goldwert erreichte als sichere Anlage dagegen eine Rekordhöhe.

Ein milliardenschwerer Ausverkauf von Krypto-Währungen über das Wochenende erschütterte die Märkte zusätzlich. Digitale Währungen wie Ether, Bitcoin und Solana verloren stark an Wert. Solana brach mit rund 20 Prozent am stärksten ein. Als direkte Reaktion auf die Ankündigung der neuen Sanktionen Trumps wurden Krypto-Währungen im Wert von etwa 18 Milliarden Euro liquidiert.

Doch auch die asiatischen Aktienmärkte blieben nicht unbelastet. Die Börse Shanghai sank um knapp 0,5 Prozent, der Index der wichtigsten Unternehmen in Shanghai und Shenzhen um fast 1 Prozent.

Kalkulierter Handelskrieg

Trump ruderte auf Truth Social nach kurzer Zeit allerdings wieder zurück und stimmte versöhnlichere Worte an: „Der hochgeschätzte Präsident Xi hat gerade einen schlechten Moment. Er will keine Depression für sein Land, und ich auch nicht. Die USA wollen China helfen, nicht schaden.“ Am Freitag erklärte er dann: „Das ist nicht nachhaltig, aber das ist die Zahl … Sie haben mich dazu gezwungen.“

Das Kunststück: US-Zollkrieg für eine neue alte Weltordnung

Trumps aggressiver Wirtschaftskurs ist keine Zufälligkeit. Die Wirtschaftspolitik des aktuellen Kabinetts verfolgt dabei die Strategie, Kontrolle über die eigenen Produktionsketten wiederzugewinnen. Im Frühjahr hatte Trumps Finanzminister Scott Benson erklärt: „Präsident Trumps Zollpolitik hat den Prozess der Neuausrichtung unserer internationalen Wirtschaftsbeziehungen eingeleitet.“

Zudem ist der Handelskrieg Teil der Kriegsvorbereitungen. Im Juni sprach US-Kriegsminister Pete Hegseth davon, die „destabilisierenden“ Aktionen Chinas in der Region genau zu beobachten. „Wir bereiten uns auf einen Krieg vor“, erklärte Hegseth weiter. Man wolle sich nicht aus der Region verdrängen lassen oder zusehen, wie die eigenen Verbündeten unterworfen würden.

Nun stehen weitere Treffen zwischen den Führungsriegen der USA und China an. US-Finanzminister Scott Bessent erklärte, dass er erwarte, den chinesischen Vize-Ministerpräsidenten He Lifeng in der kommenden Woche in Malaysia zu treffen. Eine Begegnung zwischen Trump und Xi Jinping soll dann Ende Oktober oder Anfang November beim APEC-Gipfel in Südkorea stattfinden.

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