Der Rückzug der restlichen Truppen aus dem türkischen Gebiet soll ein deeskalierendes Signal im Friedensprozess zwischen der PKK und der türkischen Regierung senden. Die kurdischen Befreiungsorganisationen fordern die Türkei im Zuge dessen zu Reformen und der Freilassung des inhaftierten Abdullah Öcalan auf.
In der Pressekonferenz am Sonntag legten mehrere hochrangige Mitglieder der verschiedenen kurdischen Organisationen den Plan, sich in Gänze aus türkischem Staatsgebiet zurückzuziehen, der Öffentlichkeit vor. So sollen laut eigenen Angaben „potenzielle Gefahren oder Provokationen innerhalb der türkischen Landesgrenzen“ verhindert werden.
Eine unbekannte Anzahl an verbliebenen Guerillakämpfer:innen soll nach diesem neuen Plan an die umkämpfte Medya-Verteidigungslinie an der Grenze zwischen der Türkei und dem Irak verlegt werden. Sabri Ok, Mitglied des Exekutivrats der Gemeinschaft der Gesellschaften Kurdistans (KCK), stellte klar, dass der Rückzug einen weiteren Schritt im Friedensprozess zwischen der PKK und der türkischen Regierung darstelle.
Das benannte Ziel sei es jetzt, den „Prozess für Frieden und eine demokratische Gesellschaft in eine neue Phase zu überführen“, heißt es in der Pressemitteilung. Die Forderungen an die Türkei nach demokratischen Reformen und der Freilassung des inhaftierten Anführers der PKK, Abdullah Öcalan, bleiben indessen weiterhin bestehen.
Hintergründe zum Friedensprozess
Dies ist nicht das erste Mal, dass sich die PKK aus der Türkei zurückzuziehen versucht. Bereits 1999 und 2013 gab es Versuche, Truppen nach Südkurdistan, respektive den Irak, zurückzuverlegen. Auch die damaligen Versuche standen im Zeichen des Friedens und sollten den Prozess erweitern. Sie scheiterten jedoch an türkischer Aggression, die die zurückziehenden Einheiten angriff, sowie an internen Uneinigkeiten.
Nach einem Aufruf Öcalans im Februar für einen friedlichen Prozess und offene Verhandlungen hat die PKK nun einen weiteren als historisch beschriebenen Schritt gewagt. Auf den einseitigen Waffenstillstand im Februar gab die PKK am Ende des 12. Kongresses die Auflösung der Organisation bekannt. Im Juli legten sie bei Dukan symbolisch die Waffen nieder. Seitdem gab es allerdings weiterhin Angriffe seitens der Türkei auf die verbliebenen Einheiten.
PKK-Auflösung: Symbolische Waffenniederlegung nach Aufruf Öcalans
Reaktionen auf die Ankündigung, Demonstration in Köln
In einer folgenden Erklärung forderte der Sprecher der KCK, Sabri Ok, die Türkei zur Kooperation auf. „Wir haben unsere Verantwortung gezeigt, nun müssen auf rechtlicher Ebene entsprechende Schritte folgen“, betonte er.
Die Forderungen bezogen sich zum großen Teil auf die Bedingungen für die Freilassung Abdullah Öcalans. Für einen Friedensprozess auf Augenhöhe sei die Freilassung des Gefangenen unerlässlich. Ebenfalls betonte Ok, dass der Prozess nicht bedingungslos sei. „Wenn keine Reaktion folgt, steht der Prozess still“, so Ok. Diese Forderungen richteten sich auch an Kräfte jenseits der Türkei.
In einem Schreiben von KON-MED – der Konföderation der Gemeinschaften Kurdistans in Deutschland – in Reaktion auf die Pressekonferenz riefen sie den deutschen Staat dazu auf, Druck auf die Türkei auszuüben. Mit dieser Forderung bereitet sich die kurdische Bewegung in Deutschland auf die „Freiheit für Öcalan“-Demo in Köln am 8. November vor, bei der die neuesten Entwicklungen in Kurdistan und die Lage des Friedensprozesses in Verbindung mit Öcalans Situation im Mittelpunkt stehen werden.
In Reaktion auf den Rückzug der kurdischen Kampfeinheiten aus türkischem Staatsgebiet reagierte die AKP mit Zustimmung. In einem Interview erklärte Ömer Çelik, Sprecher der AKP, diesen nächsten Schritt als einen Erfolg des Präsidenten Erdoğan und des MHP-Vorsitzenden Devlet Bahçeli im Kampf gegen den Terrorismus. „Der Prozess ‚Für eine terrorfreie Türkei‘ wird dank der entschlossenen und mutigen Führung unseres Präsidenten und Herrn Devlet Bahçeli vorangetrieben.“
Der Kurdische Nationalkongress betonte in seiner Reaktion nun die Verantwortung der Türkei und stellte einen Aufruf an die internationale Gemeinschaft, den Friedensprozess zu stärken.
Auflösung der PKK: Ein Rückschritt für die revolutionäre Bewegung

