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Stummer Frühling: Verdoppelung vom Aussterben bedrohter Bienenarten

Die Zahl der Bienenarten, die vom Aussterben bedroht sind, hat sich seit 2014 mehr als verdoppelt. Ursache sind eine intensivere Landwirtschaft und der Klimawandel. Die Regierung treibt derweil wieder den Ausbau fossiler Energie voran.

In Europa hat sich die Zahl der Wildbienenarten, die vom Aussterben bedroht sind, fast verdoppelt. Dies geht aus einer Studie für die IUCN Red List hervor. Demnach sind 172 von 1.928 erfassten Wildbienenarten in Europa bedroht. Diese Zahl hat sich somit seit 2014, als es noch 77 vom Aussterben bedrohte Arten waren, verdoppelt.

Zwar hat sich die Datenlage der Forscher:innen verbessert, was für eine bessere Sichtbarkeit sprechen könnte. Da sich die Situation jedoch für alle Bestäuber verschlechtert hat, scheint die Ursache für diese massive Abnahme woanders zu liegen.

Denn neben den Bienen sind auch fast doppelt so viele Schmetterlingsarten wie noch im Jahr 2010 vom Aussterben bedroht. Damals lag die Zahl bei 37 von 442 Arten. Sie ist mittlerweile auf 65 angestiegen. Damit sind nach aktueller Datenlage 10 Prozent der Wildbienenarten und 15 Prozent der Schmetterlingsarten in Europa vom Aussterben bedroht. Zudem wurde der Madeira-Kohlweißling für ausgestorben erklärt. Dieser war nur auf der portugiesischen Insel Madeira zu finden.

Nie wieder Mückenplage? – Insektensterben erreicht neuen Höhepunkt

Die treibenden Kräfte hinter dem Artensterben

Eine Ursache ist laut den Forscher:innen auf die veränderten Lebensräume zurückzuführen. Wesentlich hier ist die Intensivierung der Land- und Forstwirtschaft. Diese drängt die natürlichen, blütenreichen Wiesen, die den Lebensraum der Bienen bilden, zurück.

Hinzu kommt die intensive Nutzung von Pestiziden, die nicht nur Schädlinge töten, sondern auch die – für 90 Prozent der Blüten tragenden Pflanzen – so wichtigen Bestäuber wie Bienen und Schmetterlinge. Hierbei ist deren intensive Nutzung von einem kurzfristigen Profitstreben gesteuert, das im Widerspruch zu einer nachhaltigen Landwirtschaft steht und auf Wachstum und maximalen Ertrag ausgelegt ist.

Bienensterben und Neonicotinoide – ein Kampf zwischen Ökologie und Ökonomie

Hinzu kommt der sich immer weiter intensivierende Klimawandel, der besonders spezialisierte Arten mit einem rapiden Wechsel der Umweltbedingungen überfordert und eine allmähliche Anpassung an ihn unmöglich macht.

Bienensterben ist Teil eines globalen Kollapses

Der negative Trend in der Entwicklung der Bienenarten reiht sich somit ein in andere Verschlechterungen von Natur- und Umweltbedingungen, die zuletzt beobachtet werden konnten. In erster Linie ist das Bienensterben nur Teilentwicklung eines viel größeren Insektensterbens weltweit. Demnach sind 80 Prozent der Insekten innerhalb der letzten 20 Jahre ausgestorben. Dies macht auch nicht vor unberührten tropischen Waldgebieten halt und hat direkte Auswirkungen auf alle Ökosysteme.

Parallel dazu ist in Deutschland ein neues Waldsterben zu beobachten: Laut Datenerhebung des Jahres 2024 sind nur noch 20 Prozent der Bäume in Deutschland gesund. Auch hier spielt der Klimawandel eine zentrale Rolle. Extremere Wetterphänomene setzen Bäume stark unter Stress, was diese anfälliger für Schädlinge, Feuer und Dürren macht.

Nur noch jeder fünfte Baum in Deutschland gesund

Eine Veränderung dieses Trends ist nicht in Aussicht. Im Jahr 2024 lag die globale Durchschnittstemperatur schon 1,5 Grad über dem vorindustriellen Niveau. Dieser Wert wird sich voraussichtlich zwischen 2030 und 2040 verfestigen. Die aktuellen Worst-Case-Prognosen gehen sogar von einer Erwärmung um 3 Grad bis 2050 aus. Dies wäre eine massive Verschlechterung der Bedingungen in einem sehr kurzen Zeitraum. Ein solch starker Anstieg würde weite Teile der Welt unbewohnbar machen und die bisherigen Trends des Arten- und Waldsterbens exponentiell beschleunigen.

Gaskraftwerke statt Wende

Die Antwort der Politik ist währenddessen vor allem davon getrieben, eine kurzfristige Stabilität für die Wirtschaft herzustellen. Die deutsche Wirtschaftsministerin und ehemalige Gaslobbyistin Katharina Reiche (CDU) will nach jüngsten Plänen mehr Gaskraftwerke bauen. Diese werden ebenfalls mit Erdgas betrieben – einem fossilen Brennstoff, der den Klimawandel weiter anheizt.

International sieht es nicht besser aus. Denn klare Zusagen zum Klimaschutz und die notwendige Umstellung der gesamten Weltwirtschaft auf eine nachhaltigere Wirtschaft sind auch hier nicht zu finden. Die letzte Weltklimakonferenz COP29 fand bezeichnenderweise im Öl- und Gasexportland Aserbaidschan statt. Den Vorsitz der COP28 im Jahr zuvor stellte Sultan Ahmed Al Jaber, der zugleich CEO des staatlichen Ölkonzerns Abu Dhabi National Oil Company ist.

Klimakonferenz zu Ende: Wieder keine Verpflichtungen für Industriestaaten

Zu dem wirtschaftlichen Normalbetrieb kommen die Kriegsvorbereitungen und intensivierte Kriegsführung in vielen Staaten dieser Welt hinzu: Bombardierungen, die Zerstörung ganzer Ökosysteme und der massive Einsatz von Panzern, Flugzeugen und Munition, wie aktuell unter anderem in Gaza, führt zu irreparablen Schäden.

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