Die geopolitischen Kämpfe um Einfluss in Osteuropa gehen in die nächste Runde. Nach dem Sieg einer pro-EU Partei in Moldau steht das pro-russisch regierte Transnistrien weiter unter Druck. Engpässe bei der Gaslieferung zwingen den de-facto-Staat in Richtung EU.
Die Republik Transnistrien liegt auf einem kleinen Landstreifen zwischen Moldau und der Ukraine – offiziell gehört das Gebiet zur Republik Moldau. Nachdem die Sowjetunion 1991 auseinanderbrach und Moldau seine Unabhängigkeit erklärte, tat es Transnistrien dem Staat gleich. Grund dafür waren ethnische Auseinandersetzungen zwischen vorwiegend Moldauer:innen, Russ:innen und ethnischen Minderheiten.
Nach einem kurzen bewaffneten Konflikt etablierte sich in Transnistrien ein de-facto-Regime, das bis heute unter russischem Einfluss steht. Der Staat wird trotz eigener Währung, Regierung und Militär von keinem Land anerkannt und gilt deswegen als Teil Moldaus.
Transnistrien geht das Gas aus
Schon während des Konflikts zeichneten sich die Machtkämpfe zwischen dem europäischen Block und Russland ab. So wurde Transnistrien von Russland unterstützt, während Rumänien Waffen an Moldau lieferte. Auch heute sind beide Staaten Teil von imperialistischen Einflussgebieten. In Transnistrien sind ca. 1.500 russische Soldat:innen als „Friedenskontingent“ stationiert. Auch für das Gas, das Transnistrien für die Energieversorgung importiert, zahlt Russland.
Auf der anderen Seite des Dnisters, also dem Fluss, der einen großen Teil der Grenze zu Moldau ausmacht, geht das Ringen um Einfluss weiter. Dies zeigte sich vor allem bei der letzten Parlamentswahl im September.
Auch in Transnistrien wird es kälter und der Winter kommt. Was nicht mehr kommt, ist Gas für die Energieversorgung und zum Heizen, denn Russland hat Schwierigkeiten, weiter für das Gas zu zahlen, das nach Transnistrien geliefert werden soll. Doch nicht, weil das Geld fehlt, sondern weil durch die europäischen Sanktionen die Möglichkeit, Lieferanten zu bezahlen, für Russland massiv eingeschränkt ist. So muss Russland das Gas über Mittelsmänner aus den Vereinigten Arabischen Emiraten kaufen – diese springen immer wieder ab. Ein weiteres Problem stellt dar, wenn europäische Banken Zahlungen aus den Emiraten verweigern.
Frieren müssen die Arbeiter:innen
Das Gas, das noch ankommt, fließt in die Industrie, wobei es auch hier nicht ausreicht. Deswegen muss die Produktion an vielen Orten unterbrochen werden. In der zentralen Warmwasserversorgung gibt es einen ganz akuten Mangel: Dort wird gar kein Gas mehr geliefert, weswegen auch die Warmwasserversorgung ausfällt. Krankenhäusern und Schulen wird geraten, mit Holz zu heizen.
Gegen Russland und innere Proteste: EU will Republik Moldau „absichern“
Von all dem bekommen die Oligarchen rund um den mächtigsten Mann im Land namens Victor Gușan  – außer dem Profitverlust durch die stillstehende Produktion – nicht viel mit. Gușan Unternehmen Sheriff bildet ein absolutes Monopol im Land. Dem Unternehmen gehört neben Tankstellen, Supermärkten und einigen anderen Unternehmenszweigen auch der einzige Internetanbieter in Transnistrien.
Die Alternative: Bindung an die EU
Mit der letzten Wahl wurde der Einfluss der EU in Moldau noch einmal gestärkt: die pro-EU PAS-Partei (Partei Aktion und Solidarität) gewann die Parlamentswahl mit einer absoluten Mehrheit. Sollte sich Moldau nun weiterhin der EU annähern, wird sich auch die Frage, wie man mit Transnistrien umgeht, wieder verstärkt stellen.
Wahl in Moldau: Pro-russische Partei verboten, Pro-EU Partei siegt
Die EU könnte das Regime mit einer zuverlässigen Energieversorgung und der Integration in die europäische Wirtschaftszone locken. Damit könnte auch der geopolitische Einfluss Russlands in der Region zurückgedrängt werden. Gerade seit dem Ausbruch des Ukraine-Kriege ist das Regime als möglicher Stützpunkt Russlands so weit im Westen von Moskau der EU ein Dorn im Auge.
Gleichzeitig hat Transnistrien kaum eine andere Wahl, als sich aus wirtschaftlichen Gründen der EU anzunähern. Während offizielle Stellen in Transnistrien noch behaupten, die Gaslieferungen würden ab dem 16. Oktober weiterlaufen, ist dies jedoch gar nicht sicher. In den kommenden Monaten wird es – sollte Transnistrien sich nicht Moldau und der EU unterordnen – immer wieder zu Gasengpässen und allen damit einhergehenden Problemen kommen.

