Auf der Checkliste von Wadephuls Reise nach Westasien standen der LNG-Deal zwischen Katar und Deutschland sowie Trumps 20-Punkte-„Friedensplan“ für Gaza. Dort muss sich Deutschland seinen Platz noch sichern. – Ein Kommentar von Aziza Mounir.
In Katar, dem ersten Stopp von Johann Wadephuls (CDU) Westasien-Reise, konnte sich der Außenminister seinem ursprünglichen Anliegen widmen: dem deutsch-katarischen Energie-Deal. Das im Jahr 2022 unterzeichnete Abkommen unter dem damaligen grünen Wirtschaftsminister Robert Habeck soll Deutschland ab 2026 für mindestens 15 Jahre mit Flüssiggas aus Katar versorgen. Entsprechende LNG-Terminals wurden nach dem Ukraine-Krieg in Rekordgeschwindigkeit an der Nordsee errichtet. Die Schiffe aus Katar können an den entsprechenden Terminals andocken und das Gas von dort aus verteilen.
Ins Schwanken kam der Deal im Sommer diesen Jahres, als die EU über einen Aufschub bei der Einführung des Lieferkettengesetzes nachdachte. Die EU-Richtlinie sollte in ihrer damaligen Form die Lieferketten europäischer Konzerne an bestimmte Menschenrechts-, Umwelt- und Klimastandards binden. Als Strafe bei Verstoß müssten Konzerne bis zu fünf Prozent ihres weltweiten Jahresumsatzes zahlen. Für QatarEnergy – zentraler Akteur des Gasdeals – wären das Einbußen, die sich der Konzern nicht mehr als Gewinn in die Tasche stecken könnte.
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Beim nächsten Stopp in Kuwait angekommen, wartete ein runder Tisch voller Amtskollegen aus den Außenministerien der EU und des Golf-Kooperationsrats – einem Zusammenschluss aller Staaten der arabischen Halbinsel außer dem Jemen – auf den deutschen Außenminister. Politische und ökonomische Gespräche standen hier gleichermaßen auf der Tagesordnung.
So strebe man einen sicheren Seeweg über das Rote Meer an, der vor allem in den letzten Jahren durch die im Jemen agierenden Huthi-Milizen immer wieder durch Piraterie unsicher gemacht wurde. Hier habe man vor, nicht nur „an den Symptomen zu arbeiten, sondern auch die Ursachen zu bekämpfen“. Welche Folgen diese „Terrorbekämpfung“ für die Bevölkerung im Jemen haben könnte, ist unklar.
Der sichere Seeweg am Golf von Aden ist zum einen wichtig für die LNG-Schiffe, die das katarische Gas nach Deutschland bringen sollen. Zum anderen wird damit ein Verbündeter der Hamas bekämpft, der durch Angriffe auf Schiffe im Mittelmeer in den letzten zwei Jahren seit Beginn des Genozids in Gaza Druck auf Israel und seine Verbündeten ausgeübt hat.
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Einen Platz in den Geschichtsbüchern sichern
Die „Stabilität“ in Westasien war Wadephuls zweites wichtiges Anliegen während der Reise. Schon in Katar lag ein Schwerpunkt des Außenministers auf den Vermittlungsbemühungen für Trumps 20-Punkte-Plan. Katar ist schon länger ein verlässlicher Verbündeter der USA und der EU in der Region. Gleichzeitig befinden sich einige arabische Länder in Abhängigkeit von Katar, weshalb es dort einen besonderen Status genießt. Daher soll Katar als Vermittler gegenüber der Hamas fungieren.
Der 20-Punkte-Plan für Gaza wurde von den USA verfasst und soll ihnen während und nach dem „Friedensprozess“ politische und ökonomische Macht sichern. Ob Wiederaufbau durch amerikanische Investoren oder die Beaufsichtigung der Lage durch ein „internationales Gremium“, das unter der Kontrolle Trumps stehen würde – der US-amerikanische Einfluss bleibt deutlich.
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Nun versuchen andere Imperialisten, darunter auch Deutschland, sich den besten Platz im „Friedensabkommen“ zu sichern. So stellte Wadephul beim Abschluss seiner Reise in Ägypten fest, dass die Sicherheitskräfte zur Sicherung des Friedens in Gaza aus einer UN-Sicherheitsratsresolution hervorgehen sollten: „internationale Truppen, die die Sicherheit der Palästinenser garantieren, sowie auch die Sicherheit der israelischen Seite.“ Das würde zunächst den alleinigen Machtanspruch der USA über Gaza in Frage stellen und zum Teil die Rolle der anderen europäischen Mitglieder des UN-Sicherheitsrats stärken.
Dass die UN und ihre internationale Ordnung nicht besonders viel wert sind, spüren die Palästinenser täglich: keiner der Entscheidungen oder vorläufigen Maßnahmen zum Stopp des Genozids oder zur Öffnung der Grenzen für humanitäre Hilfe wurde nachgegangen.
Damit Deutschlands Beteiligung am „Friedensplan“ auch irgendwo in den Geschichtsbüchern auftaucht, vereinbarte Wadephul gemeinsam mit seinem ägyptischen Amtskollegen, die Wiederaufbaukonferenz für Gaza ausrichten zu wollen. Die Vorbereitung dafür sollen das Entwicklungsministerium und das Auswärtige Amt übernehmen.
Die imperialistischen Bündnisse – von der EU über die USA und Israel bis hin zu deren Verbündeten in Westasien und Nordafrika – diskutieren eifrig über den Wiederaufbau Gazas. Wadephul sieht Trumps Plan als „eine einzigartige Chance – auch, weil er von arabischen und muslimischen Staaten mitgestaltet wurde“. Wer nicht „mitgestalten” darf, ist das palästinensische Volk.

