Ein Wett- und ein Glücksspielskandal hat in den USA Aufsehen erregt. Ein NBA-Profi, ehemalige Spieler und ein Trainer sollen in Wettbetrug und manipulierte Poker-Spiele involviert sein. Zeit, das Thema auch in Deutschland einmal unter die Lupe zu nehmen. – Ein Gastkommentar.
Die Glaubwürdigkeit der NBA, der professionellen amerikanischen Basketballliga, steht auf dem Spiel und die Sportwelt diskutiert. Das FBI nahm im Zuge der Ermittlungen gegen Wett- und Spielbetrug den Spieler der Miami Heat, Terry Rozier, und den Headcoach der Portland Trail Blazers, Chauncey Billups, fest. Gegen beide und andere ehemalige Spieler wird in unterschiedlichen Fällen ermittelt. Wer noch involviert sein könnte, ist bisher unklar. Die Ermittlungen laufen teilweise schon seit 2023.
Bei Terry Rozier sollen mehrere Unregelmäßigkeiten in den letzten Jahren festgestellt worden sein. Immer wieder wurden höhere Beträge auf seine Statistiken gesetzt, zudem soll er Insider-Informationen weitergeben haben. Tatsächlich war das der NBA seit 2023 bekannt. Die Profi-Liga entschied sich jedoch dafür, Rozier unbehelligt zu lassen – angeblich aus Mangel an Beweisen.
Damon Jones, ein ehemaliger Mitspieler von NBA-Superstar LeBron James, soll gegen höhere Geldsummen Informationen weitergeben haben. So informierte er mutmaßlich seine Kontakte über unbekannte Verletzungen von James und ermöglichte so Geldgewinne durch vorher abgeschlossene Wetten.
Schon 2024 wurde Jontay Porter von den Toronto Raptors verhaftet und dafür verurteilt, seine eigenen Statistiken anhand von Wettquoten manipuliert zu haben – für  Spieler:innen eine einfache Möglichkeit, an noch mehr Geld zu gelangen.
Billups wird hingegen verdächtigt, an illegalen Pokerspielen mit hohen Einsätzen teilgenommen zu haben. Die Verbindung zur NBA ist nur indirekt. Die Spiele seien durch verschiedene Tricks im Vorhinein manipuliert worden sein. Billups funktionierte als Werbegesicht, um andere Poker-Spieler:innen für hohe Einsätze zu überzeugen. Inwieweit er davon wusste, ist aktuell unklar. Auch andere Prominente sollen Teil solcher Pokerspiele gewesen sein.
Amerikanische Sportkultur – Kommerzialisierung und Wettparadies
Dies ist nicht der erste Fall von Wettbetrug im amerikanischen Profisport und keinesfalls verwunderlich: In den USA kann man je nach US-Staat auf sehr viele Dinge wetten. Insbesondere im Sport sind Wetten auf Spielergebnisse und Statistiken von Spielern schon seit einigen Jahren verbreitet. Sportwetten und Fantasy-Formate dominieren die Sport- und Medienwelt. Jede gespielte Minute, jede individuelle Spieler- oder Teamstatistik ist verwertbar.
Die meisten Medienportale in den USA haben ihre eigenen Apps für Sportwetten und diverse Formate, die sich darauf spezialisiert haben. Content-Creator:innen werden oft durch Plattformen unterstützt und machen Werbung für sie. Sport ohne Kommerz und ohne Wetten ist kaum noch vorstellbar.
2018 hob der Supreme Court ein Verbot kommerzieller Sportwetten auf. Seitdem darf jeder US-Staat seine eigene gesetzliche Regelung finden. Von da an kooperierte die NBA offen mit Wettanbietern. Sie gilt als Vorzeigefall der US-Profi-Ligen.
Doch auch in anderen Sportarten wie Football, Eishockey oder Baseball sind Sportwetten Alltag geworden. Seitdem steigen die Anbieter und die eingesetzten Summen stetig an, ein milliardenschwerer Markt wurde erschaffen. Bei derat hohen Geldsummen scheint es nicht verwunderlich, dass die organisierte Kriminalität ein Interesse hat, durch Betrug noch mehr Geld daran zu verdienen.
Auch in Deutschland weit verbreitet: Glücksspiel und Sportwetten
In Deutschland gab es ebenfalls schon berühmte Fälle von Betrug im Kontext von Sportwetten. In niederklassigen Ligen im deutschen Fußball gab und gibt es immer wieder Ermittlungen gegen Spieler, Schiedsrichter und Trainer. In den 2000er Jahren gab es in Deutschland zwei sehr berühmte Fälle.
Im Jahr 2005 wurde der Schiedsrichter „Robert Hoyzer“ wegen Spielmanipulation überführt und neben ihm weitere Schiedsrichterkollegen angeklagt und suspendiert. In Kooperation mit mafiösen Strukturen wurden Ergebnisse beeinflusst und große Geldsummen kassiert. 2009 wurden die kroatischen Brüder „Ante und Milan Sapina“ festgenommen. Sie haben in Deutschland und Europa zahlreiche Spiele und Wetten manipuliert und im Gegenzug zweistellige Millionenbeträge kassiert. Als Teil einer „Wettmafia“ wurden wohl auch andere Sportarten und Spiele auf anderen Kontinenten manipuliert.
Auch in Deutschland sind Sportwetten und Glücksspiel allgemein verbreitet, wenn auch nicht so allgegenwärtig wie in den USA. Bei diversen Anbietern kann man auch hier auf Ergebnisse von Spielen, geschossene Tore oder sonstige Sportereignisse wetten. Ein bekanntes Beispiel dafür sind Tipico-Wettscheine.
Seit 2021 regelt der sogenannte Glücksspielstaatsvertrag Sportwetten und Internetglücksspiel in Deutschland. Der deutsche Staat muss Anbieter genehmigen, die sich ihrerseits an gewisse Regeln halten müssen. Tatsächlich waren bis dahin Sportwetten in Deutschland nicht legal, da die Anbieter bestimmte Voraussetzungen nicht erfüllten. Trotzdem war es aber bei Tipico u.a. möglich, auch vorher Wetten abzuschließen.
Schaut man Sportveranstaltungen im Fernsehen oder im Livestream, sind auch hier Wettanbieter oder Online-Glücksspielplattformen auszumachen. Insbesondere bei Sportsendungen präsentiert jede Werbepause eine breite Auswahl auf der Suche nach dem großen Gewinn.
Sportwetten, Online-Poker oder digitale Slot-Maschinen – die Angebote sind zahlreich: Abgedunkelte Spielhallen und Casinos sind in jedem Stadtbild präsent. Auch in Kneipen oder Dönerläden sind Spielautomaten nicht unüblich und oft frei zugänglich. Knapp 7 Millionen Deutsche spielen regelmäßig Lotto. Glücksspiel ist also in Deutschland keinesfalls eine Randerscheinung.
Achtung Suchtgefahr: Risikofaktor Spielsucht
Die ersten Berührungen mit Glücksspiel passieren häufig schon bei Minderjährigen. Was oft im kleinen Rahmen beginnt, z,B durch niedrige Beträge auf Sportwetten oder kleine Münzbeträge in Automaten, endet für viele in einer andauernden Spielsucht. Im Jahr 2024 haben rund 37 Prozent der 16-bis 70-jährigen mindestens einmal Glücksspiel betrieben. Im Jahr davor waren laut Schätzungen 4,6 Millionen Erwachsene spielsüchtig oder wiesen Anzeichen einer Suchterkrankung auf. 1,3 Millionen Menschen in Deutschland haben eine sogenannte Glücksspielstörung.
Die Auswirkungen sind unterschiedlich und weitreichend. Darunter leiden oft der gesundheitliche Zustand und das soziale Umfeld der Süchtigen. Wie bei anderen Süchten passen die Betroffenen ihr Leben der Sucht an. Besondere Auswirkungen hat dies natürlich auch auf die finanzielle Lage: Glückspiel und Wetten sind nur selten ertragreich und können schnell in den finanziellen Ruin führen.
Angehäufte Spielschulden führen meist zu noch mehr Schulden. Die Hoffnung auf den einen großen Gewinn, der die finanzielle Erlösung bringt, zerstört Existenzen. Die Suchtgefahr ist da und weit verbreitet – egal ob man auf legale Sportereignisse wettet oder illegales Glücksspiel betreibt, egal ob erfolgreich oder nicht. Der Kampf gegen illegale Aktivitäten hält die Illusion einer fairen Chance aufrecht. Auch wenn Wetten nicht manipuliert sind, verlieren die meisten ihr Geld. Nicht umsonst gibt es das Sprichwort „am Ende gewinnt immer die Bank“.
Wer gewinnt?
Auf viele Glücksspielaktivitäten und Wetten sind Steuern fällig, die entsprechend der hohen Summen auch hoch ausfallen. Fast 2,5 Milliarden Euro Steuern hat der deutsche Staat im Jahr 2023 dadurch beispielsweise eingenommen. Die Lotterie wird direkt staatlich organisiert und verspricht ihrerseits hohen Gewinn. Der Staat profitiert also von der Popularität von Sport und Wettanbietern.
Populäre Sportarten bestimmen das Leben vieler Leute, in Deutschland ist Fußball am weitesten verbreitet. Oft dient Sport noch darüber hinaus durch seine Inszenierung und Kommerzialisierung als Ablenkung von der harten politischen Realität. Sport ist im Kapitalismus zu einer Show geworden, die Sportler:innen verdienen Millionen im Jahr und gelten als Idole für Kinder. Sport muss verwertbar sein, so scheint es, und ist ein Paradies für Superreiche und illegale Machenschaften.
Glücksspiel und Wetten funktionieren nach dem weit verbreitetem Motto der kapitalistischen Gesellschaft, nämlich: „Jede:r kann es schaffen!“. Doch ähnlich wie überall im Kapitalismus ist das ein leeres Versprechen, kann es eben nicht Jede:r schaffen. Sicherlich gelingt einigen Wenigen durch ihren einmaligen oder regelmäßigen Gewinn der soziale Aufstieg. Allerdings lässt das System alle anderen dafür gern verlieren und absteigen. Langfristig gewinnen nur die Banken, Staaten und Glücksspiel-Konzerne.
Die Möglichkeit von Gewinnen durch Glücksspiel mag einem die Hoffnung geben, aus dem Hamsterrad des Alltags zu entgehen, sei es durch eigenes Wetten oder kriminelle Machenschaften. Viele sehen ihre Chance, dadurch der alltäglichen Härte des Systems zu entfliehen – als eine Möglichkeit, um einfaches Geld zu machen, ohne jeden Tag für ein paar Euro die Stunde schuften gehen zu müssen.
Glücksspiel ist letztlich eine Wette der Reichen und Mächtigen auf unsere Existenzen. Und die läuft im Kapitalismus statistisch gegen uns. Fallen wir nicht auf diesen Schwindel rein! Einen so einfachen, individuellen Ausweg aus diesem System gibt es nicht.

