Während die israelische Regierung den Genozid in Gaza intensiviert, kommen vom deutschen Staat ein paar leere Worte über die humanitäre Lage. Dabei wird Israel weiter unterstützt und gegen den Protest in Deutschland vorgegangen. Gleichzeitig werden immer mehr Menschen aktiv gegen diese Politik. Gegen die Verwicklungen besonders von Universitäten mit dem Krieg findet im November eine Großdemonstration in München statt. Wir haben mit dem Studierendenkollektiv darüber gesprochen.
Ihr ruft zusammen mit über 20 Gruppen Anfang November zu einer Demonstration in München auf. Was habt ihr geplant?
Als Studierendenkollektiv – eine bundesweite klassenkämpferische Studierendenorganisation – rufen wir zusammen mit vielen anderen Organisationen aus Deutschland, aber auch aus anderen EU-Ländern, zu einer Großdemonstration in München gegen die Technische Universität München (TUM) auf. Am Freitag, den 7. November 2025, wird sie um 17 Uhr am Königsplatz starten.
Warum demonstriert ihr gegen die TUM?
Die TUM ist mitverantwortlich für den Genozid in Gaza. Unter allen Universitäten in Deutschland ist sie diejenige Universität, die am meisten und am engsten mit dem israelischen Staat, dem israelischen Militär und israelischen Institutionen zusammenarbeitet. Francesca Albanese, die UN-Sonderberichterstatterin für die besetzten Gebiete Palästinas, hat in ihrem Bericht an die UN dieses Jahr offengelegt, wie eng die TUM mit dem Genozid verbunden ist. Dem Bericht zufolge pflegt die TUM 22 Partnerschaften mit verschiedenen israelischen Institutionen.
Die Universität hilft zum Beispiel dabei, Technologie für Drohnen zu entwickeln, die benutzt werden, um Gaza zu bombardieren. Sie hilft auch bei der Planung von Infrastrukturprojekten auf besetztem, gestohlenem Land und trägt so zur Vertreibung und Apartheid bei. Generell ist die TMU eine Universität, die auch bei der steigenden Aufrüstung in Deutschland eine führende Rolle einnimmt.
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Was ist euer Ziel mit diesem Protest?
Das große Ziel ist natürlich, diese Komplizenschaft und Zusammenarbeit zu beenden. Wir wollen nicht, dass unsere Studiengebühren und unsere Arbeit genutzt werden, um einen Genozid zu unterstützen.
Uns ist aber natürlich bewusst, dass es relativ unwahrscheinlich ist, dieses Ziel mit einer einzigen Demonstration zu erreichen. So ist das unmittelbare Ziel zunächst, auf die Komplizenschaft der TUM aufmerksam zu machen. Deutsche Medien haben den eben genannten Bericht nämlich bisher komplett ignoriert.
Ein weiteres Ziel ist es, Menschen zu politisieren und längerfristig zum Kampf für eine Welt ohne Unterdrückung zu organisieren. Dafür ist es gut, dass die Demo am Anfang des Semesters stattfindet, so erreicht man hoffentlich auch viele neue Studierende.
Wie sieht es mit anderen Universitäten und ihrer Zusammenarbeit mit Israel aus?
Auch wenn die Komplizenschaft bei der TUM besonders intensiv ist und weil in Bayern die Zivilklausel abgeschafft wurde, arbeiten viele deutsche Universitäten mit israelischen Institutionen zusammen. Viele Unis haben Partnerschaftsprogramme mit israelischen Universitäten, wie zum Beispiel der Hebrew-Universität.
Bei Austauschprogrammen wohnen Studierende dann z.B. in Wohnhäusern, die auf besetztem Gebiet gebaut sind. Viele Universitäten in Europa und den USA werden außerdem von Unternehmen und Banken finanziert, die in enger Kooperation mit dem israelischen Militär und israelischen Unternehmen auf besetztem Land stehen. Zusätzlich haben deutsche Universitäten in den letzten Jahren palästina-solidarische Stimmen und Proteste stark unterdrückt und nicht selten die Polizei auf ihre Studierenden gehetzt, die dann zum Beispiel mit brutaler Gewalt Besetzungen geräumt haben.
Neben der Zusammenarbeit mit der Polizei reagieren viele Universitäten auch selbst mit Repression gegen Studierende. Was für eine Rolle spielt das für euch?
Für uns ist klar, dass die Universität ein Teil des herrschenden kapitalistischen Systems ist. Um das in der Kürze darzustellen: Hier sollen qualifizierte Arbeitskräfte ausgebildet und die vorherrschenden Ideen vermittelt werden, die dieses System stützen. Sichergestellt wird das zum Beispiel darüber, dass die Unis finanziell ohne den Staat gar nicht überleben könnten. Staatliche Ausbildungsprogramme und Vorschriften werden den Unis so vorgesetzt, dass sie die ohne massive Geldeinbuße gar nicht ablehnen können.
Gleichzeitig können sie zwar gewisse kritische Stimmen zulassen, um einen fortschrittlichen Schein zu bewahren, wie auch bei diversen kritischen Professor:innen an den Unis zu sehen ist. Gehen Positionen aber so weit, grundsätzliche Interessen des Staats zu hinterfragen und dagegen sogar aktiv zu werden, schreitet er mit voller Härte ein. Dann verlieren Menschen durchaus ihre Anstellung oder werden exmatrikuliert. Davon lassen wir uns aber nicht einschüchtern.
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Wie wollt ihr weitermachen nach der Demo?
Es ist besonders wichtig, sich auch langfristig an den Unis und Hochschulen zu organisieren und sich dort kontinuierlich gegen den Genozid einzusetzen. Dabei sind alle Aktionsformen legitim und zeigen Wirkung – so zum Beispiel die Hörsaal-Besetzungen und Camps, die in Solidarität mit Palästina stattgefunden haben.
Hier hat sich uns gezeigt, dass zum einen die Proteste aus der Uni weiter auf die Straße getragen wurden und zum anderen auch an der Uni selbst viele Leute politisiert haben. Ein Beispiel war ein Camp an der Freien Universität Berlin, an dem wir uns ebenfalls beteiligt haben. Als das Camp nach kurzer Zeit brutal geräumt wurde, haben sich enorm viele Studierende solidarisiert und von außen mächtig Stimmung gemacht. Das hat dann natürlich auch die Stimmung im Camp hochgehalten. Hier können wir also sehen, dass se solche militanteren Aktionen Potential haben, viele Leute abzuholen.
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Was wir auch noch betonen wollen, ist, den Genozid in Palästina nicht isoliert zu betrachten. Unserer Ansicht nach hängen die Entwicklungen in Palästina auch mit der allgemein verschärften Weltlage dar. Die Konkurrenz um Macht und Einflussgebiete spitzt sich zwischen den großen Ländern immer weiter zu. Auch Deutschland rüstet immer stärker auf. Dagegen aktiv zu werden, muss ebenfalls Teil unserer Politik sein.
Dieser Text ist in der Print-Ausgabe Nr. 103 vom Oktober 2025 unserer Zeitung erschienen. In Gänze ist die Ausgabe hier zu finden.

