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„Seitenwechsel“: Rechte Buchmesse in Halle

In Halle findet am Wochenende die Buchmesse „Seitenwechsel“ statt. Diese gibt sich zwar neutral, steht der neuen Rechten aber mehr als nahe.

Am 08. und 09. November – letzteres ist Jahrestag der Novemberprogrome 1938 und des Hitlerputsches 1923 – findet in Halle an der Saale die „Seitenwechsel“-Buchmesse statt. Bei dieser geht es nicht nur um den Verkauf von Büchern und Literatur der neuen Rechten, vielmehr dient sie als Vernetzungsplattform für rechte Theoretiker und Intellektuelle.

Zwar ist die neue Rechte mit ihren Verlagen regelmäßig auch auf den großen bürgerlichen Buchmessen unterwegs, dennoch muss sie auf ihren eigenen Messen weniger einen direkten antifaschistischen Gegenprotest befürchten.

Diesen gab es unter anderem 2017, als der neurechte Verleger Götz Kubitschek bei der Frankfurter Buchmesse versuchte, eine Buchlesung eines seiner Verlagsbücher durchzuführen. Prominente Gäste wie Björn Höcke (Thüringer AfD-Landeschef) mussten mitansehen, wie selbst die Polizei nichts gegen die Antifaschist:innen unternehmen konnte.

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Rassistische, antisemitische und völkische Bücher

Veranstaltet wird die Messe in Halle von der Dresdner AfD-Stadträtin Susanne Dagen. Sie selbst betreibt seit über 30 Jahren das BuchHaus Loschwitz und positioniert sich seit dem Beginn der PEGIDA-Demonstrationen in der rechten Ecke. Unter anderem betreibt sie die rechte Videoreihe „Aufgeblättert. Zugeschlagen – Mit Rechten lesen“, bei der schon Szenegrößen wie Martin Sellner oder Götz Kubitschek zu Gast waren, um intellektuell über Fragen der rechten Bewegung zu diskutieren.

Auch das den Freien Sachsen nahestehende Magazin „Aufgewacht“ beteiligt sich eigenen Angaben nach mit einem Stand und einer Lesung zu einer Biografie eines Antikommunisten. Dieser sprengte 1980 ein „Denkmal für die Befreiungstaten der Roten Armee“.

Das antifaschistische Bündnis Zeitenwechsel hat in einer Broschüre auf über 35 Seiten die Verbindungen der einzelnen Verlage zur neurechten Bewegung herausgearbeitet. Darunter finden sich viele verschiedene Verlage der neuen Rechten, wie der Antaios Verlag, der „Jungeuropa“-Verlag oder der Ahriman-Verlag. Bei letzterem werden regelmäßig rassistische, antisemitische und auch völkische Bücher veröffentlicht. Erst vor kurzem konnte Perspektive einen Rechtsstreit in erster Instanz gegen den Verlag gewinnen.

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Rechte Vernetzung

Mit dem Aufstieg der neuen Rechten und einem breiten Medienkonzept ist in den letzten Jahren auch die Anzahl an Veranstaltungen in diesem Bereich enorm angestiegen. Erst Mitte September hatte der neurechte Verlag Jungeuropa im sächsischen Freital zu einem Verlagstreffen aufgerufen. Auch wenn man versuchte, den Ort der rund 200 Teilnehmer:innen starken Veranstaltung geheim zu halten, konnte die antifaschistischen Rechercheplattform Pixelarchiv mehrere bekannte Gesichter der rechten Szene ausmachen:

Mehrere Abgeordnete der AfD, Mitglieder der Identitären Bewegung und dem III. Weg, sowie Faschist:innen von Burschenschaften, der ehemaligen Kameradschaft Skinheads Sächsische Schweiz und den Jungen Nationalisten waren vor Ort. Hier zeigt sich also sehr deutlich, wie solche Veranstaltungen Faschist:innen aus allen Ecken des rechten Spektrums zusammenbringen.

Ganz ungestört wird es in Halle jedoch nicht ablaufen. Ein breites Bündnis aus Parteien sowie Kulturschaffenden kritisiert die Buchmesse und ruft zu einem Gegenprotest auf. Dieser startet am Samstag unter dem Motto „Rechte Buchmesse stoppen“. Ab 9 Uhr wird es einen Demonstrationszug von der Damaschkestraße/Ecke Dieselstraße zur Messe geben, anschließend soll es auf dem gesamten Messegelände Informationspunkte geben, an denen über die Buchmesse aufgeklärt wird.

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