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    Bienensterben und Neonicotinoide – ein Kampf zwischen Ökologie und Ökonomie

    Bienen gehören weltweit zu den wichtigsten Pflanzenbestäubern. Jedoch sind sie heutzutage gefährdeter als je zuvor – mehr als die Hälfte der Wildbienenarten Deutschlands sind bestandsgefährdet. Die Gründe dafür sind vielfältig – allen voran stellen jedoch die Monokultur der heutigen Landwirtschaft und der Einsatz von Insektiziden eine Gefahr für viele Bienenvölker dar.

    „Neonicotinoide”, kurz „Neonics”, sind eine Art von Insektiziden. Diese werden den Pflanzensamen verabreicht und sind ein vorbeugender Schutz vor Schädlingen. Neonics wirken auf Insekten ähnlich wie Nikotin auf uns Menschen – nur, dass bereits sehr kleine Dosen auf Insekten tödlich wirken können.

    Die heutige Landwirtschaft kommt jedoch scheinbar kaum ohne Insektizide und Neonics aus. Das grundsätzliche Problem an diesen ist jedoch, dass sie nicht nur die „schädlichen Insekten“ angreifen, sondern auch die „hilfreichen“, wie beispielsweise Bienen. Und das akute Bienensterben kann nicht ernst genug genommen werden: Schätzungsweise 75 Prozent des weltweiten Bestands an Nahrungspflanzen werden durch Bienen bestäubt.

    Chemiekonzern klagt gegen Verbot

    Auch aus diesem Grund bestätigte 2021 der Europäische Gerichtshof (EuGH) das Verbot dreier Neonicotinioide: „Clothianidin”, „Imidacloprid” und „Thiamethoxam”. Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit hatte 2013 ein Gutachten veröffentlicht, das die Schädlichkeit der drei Neonics für Bienen bewies. Daraufhin hielt das EU-Parlament eine Abstimmung im April 2018 ab und verbot den Einsatz der Neonics im Freiland.

    Der Bayer-Konzern, Hersteller von zweien dieser Stoffe, klagte gegen das Verbot. Die Klage wurde vom Europäischen Gerichtshof jedoch im Mai 2021 abgewiesen. Letztlich verschlechtern diese drei Stoffe erwiesenermaßen den Orientierungssinn der Bienen sowie ihre Kommunikation untereinander und verlängern die Pausen zwischen ihren Flügen. Ein Verbot hat unter anderem deswegen auch der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) Deutschland für überfällig erklärt.

    Bislang keine zufriedenstellende Lösung in Sicht

    Noch erlaubte Neonics wie das „Acetamiprid” haben in absehbarer Zukunft kein Verbot zu befürchten, da manche Neonics der bislang wirkungsvollste Schutz vor Schädlingen bleiben. Fallen diese weg, so würde dies vermutlich verheerende Folgen für die Landwirtschaft haben. Auf der einen Seite werden Neonics für die Landwirtschaft also gebraucht, auf der anderen Seite sind Bienen mindestens genauso bedeutend – sie aber sterben durch Neonics. Einen vernünftigen Ausweg aus dem Dilemma gibt es bislang nicht.

    Hinzu kommt, dass sich die Wissenschaft auch nicht ganz einig ist, in welchem Grad die Neonics verantwortlich für das Bienensterben sind, denn die Bieneninstitute in Deutschland gehen davon aus, dass die „Varroamilbe” – ursprünglich aus Asien kommend und in Europa erstmals 1967 in Bulgarien nachgewiesen – hauptverantwortlich für das Bienensterben sei. Darüber hinaus wird ein Verbot von Neonics auch durch Profitinteressen seitens Bayer sowie weiteren Chemie- und Pharmakonzernen hinausgezögert, die durch den massenhaften Einsatz von Pestiziden in der Landwirtschaft große Gewinne einfahren. Doch so oder so sind sich fast alle Wissenschaftler:innen einig: Eine Landwirtschaft ohne Neonics wäre zweifellos besser für die Bienen.

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