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Bündnis: „AfD-Parteitag verhindern!” – Was ist für das Wochenende geplant?

Am Wochenende vom 29./30. Juni soll der Bundesparteitag der AfD in Essen stattfinden, seit einigen Wochen formiert sich dagegen Widerstand. Verschiedene Akteur:innen aus Essen rufen zu einer Großdemonstration auf. Das bundesweite Bündnis „Widersetzen“ plant Aktionen des zivilen Ungehorsams.

Die Bemühungen der Stadt Essen, den Parteitag der AfD doch noch mit einer Zusatzklausel im Mietvertrag zu verhindern, sind gescheitert. Nachdem sich die Partei zunächst geweigert hatte, die Klausel zu unterzeichnen, bekam sie im Anschluss zügig durch Gerichte recht. Der Bundesparteitag der AfD soll nun also wie geplant vom 28. bis 30. Juni in der Essener Messehalle der Gruga stattfinden.

Die AfD rechnet mit rund 1.800 Personen, die dafür Zutritt zur Messehalle benötigen, darunter etwa 600 Journalist:innen. Die Polizei geht von einer etwas niedrigeren Zahl aus: Sie rechnet in einer Pressekonferenz am 25. Juni mit 600 Pressevertreter:innen, 600 Delegierten und darüber hinaus einer nicht bezifferten Anzahl an Angestellten, Sicherheitskräften, Cateringpersonal und so weiter.

„Bass gegen Hass” und „Widersetzen”

Seit einigen Monaten regt sich in der Stadt und bundesweit Widerstand gegen den Parteitag. So haben sich verschiedene Bündnisse gegründet, die in Absprache miteinander Gegenproteste zum Parteitag planen.

Am Freitagabend werden die Proteste mit einer „Rave“-Demonstration starten, die um 19 Uhr am Hbf beginnt und unter dem Motto „Bass gegen Hass“ nach Rüttenscheid laufen wird – dem Stadtteil, in dem die Gruga liegt.

Für Samstag sind verschiedene Aktionen angekündigt: das Bündnis „Gemeinsam Laut“ und die seit längerem bestehende „Essener Allianz für Weltoffenheit, Solidarität, Demokratie und Rechtsstaat – gegen Intoleranz, Menschenfeindlichkeit und Gewalt“ planen gemeinsam eine große Demonstration, die um 10 Uhr am Hbf beginnt. Von dort aus soll Richtung Messe gelaufen werden. Auf dem Messeparkplatz P2, der leider außer Sichtweite der Grugahalle liegt, endet die Demonstration. Hier beginnt um 13 Uhr der sogenannte „Markt der Möglichkeiten”, gefolgt vom Bühnenprogramm um 14 Uhr und Konzerten ab 17 Uhr .

Über die breiten bürgerlichen Aktionen hinaus hat sich außerdem das Bündnis „Widersetzen“ formiert. Das Bündnis setzt sich aus verschiedenen Akteur:innen bundesweit zusammen und ruft zu zivilem Ungehorsam gegen den Parteitag auf, die Aktionen beginnen bereits um 6 Uhr dezentral in Essen.

Repression gegen „Camp gegen Rassismus”

Ab Freitag sollte eigentlich ein selbstorganisiertes „Camp gegen Rassismus” im Löwenthal in Essen-Werden stattfinden, das Platz für etwa 4.000 Personen bieten könnte. Nach wochenlangen Kooperationsgesprächen wurde jedoch von der Polizei eine Verlegung des Camps an die Bochumer Stadtgrenze angeordnet. Wie es mit dem Camp weitergeht, ist zur Zeit ungewiss.

Die zuvor wochenlang diskutierten Auflagen erinnern teilweise an diejenigen bei den Protestcamps zum G20-Gipfel. So stand eine zeitlang zur Debatte, ob es möglich sein darf, im Camp Essen auszugeben oder dort zu übernachten. Dem letzten Stand nach will die Polizei Übernachtungen nur denjenigen Menschen gestatten, die am Camp-Programm teilnehmen. Wie das kontrolliert werden soll, ist unklar.

Wie ist die Stimmung in der Stadt?

In einer Pressekonferenz am Mittwoch betonte die Polizei, dass es sich bei den Veranstaltungen am Wochenende um die größten Demonstrationen handle, welche die Stadt Essen je erlebt hat und vermutlich auch um den größten Polizeieinsatz. Wie viele Polizist:innen genau im Einsatz sein werden, wurde nicht gesagt. Durch das anstehende EM-Spiel in Dortmund am Abend des 29. Juni dürfte die Polizei allerdings vor einer besonderen Herausforderung stehen.

Auf der Pressekonferenz am 25. Juni gab die Essener Polizei an, mit über 100 gewaltbereiten Störer:innen zu rechnen, die ihres Wissens nach auch bereits Aktionstrainings durchgeführt hätten. Bei Straftaten würde sie konsequent durchgreifen, bei Sitzblockaden müsse man im Einzelfall prüfen, ob es sich bereits um eine Straftat oder noch um eine Versammlung handle. In den letzten Wochen hatten verschiedene Medien immer wieder versucht, die Proteste in „gut“ und „böse“ zu spalten.

Der Ausnahmezustand zeigt sich auch in der Regelung des ÖPNV: So wird am Samstag dem 29.6. zwischen 9 und 14 Uhr kein Bus den Hauptbahnhof anfahren, sondern alle werden umgeleitet. Die U-Bahn U11 Richtung Rüttenscheid fährt ebenfalls nur einen Teil der Strecke und endet schon am Rüttenscheider Stern. Dort werden die Bahnen mithilfe der Polizei geräumt und fahren leer weiter bis zur Messe, um dort zu wenden.

Wie es um die Rüttenscheider Ladenlokale steht, ist noch unklar. Während es in den vorigen Wochen teils massive Hetze in der Lokalpresse gab, in der unter anderem dazu geraten wurde, die Läden auf der Rüttenscheider Straße zu verbarrikadieren, sieht die Realität nun vermutlich anders aus: Der Wochenmarkt soll wie geplant stattfinden, auch wenn einige Wochenstände nicht teilnehmen werden. Die Händler:innen werden größtenteils schließen, während die Gastronomen öffnen wollen, so die „Interessensgemeinschaft Rüttenscheid”.

In jedem Fall wird die Polizei eine „Sperrzone“ errichten, die bereits ab Freitagabend den Verkehr in einem weiten Teil des Stadtteils Rüttenscheid regelt. Sie behält sich hier vor, sowohl alle Autos wie auch einen Großteil der Fußgänger:innen zu kontrollieren. Der Zugang zum Viertel soll je nach Gefahrenlage eingeschränkt werden. Einige Straßen wie die Alfred- und Norbertstraße werden einer Vollsperrung unterliegen.

Widersetzen gegen den AfD-Parteitag

Die Essener Polizei erwartet rund 78.000 Menschen zu den verschiedenen Versammlungen und Aktionen am Wochenende. Abschließend ließe sich das aber aufgrund verschiedener Variablen, unter anderem dem Wetter, nicht einschätzen. Mehrere tausend Menschen werden sich unter anderem an den Aktionen des zivilen Ungehorsams beteiligen, die durch das Bündnis „Widersetzen“ organisiert werden und bereits um 6 Uhr morgens beginnen. Es wird mit über 70 Bussen gerechnet.

Das Bündnis setzt sich aus verschiedenen bundesweiten Akteur:innen unterschiedlicher Spektren zusammen, unter anderem aus Teilen der Gewerkschaften insbesondere von ver.di, aus verschiedenen Parteijungenden wie den Jusos und den Grünen, aber auch aus Gruppen aus der Klimagerechtigkeitsbewegung wie „Ende Gelände” und „ausgekohlt”, klassischen linken Gruppen wie der „Interventionistischen Linken (IL)” und sozialistischen Organisationen wie z.B. der „Föderation Klassenkämpferischer Organisationen (FKO)”.

Ziel des Bündnisses ist es, „den Delegierten der AfD ihre Anreise so unbequem wie möglich zu machen.“ Und ihnen zu zeigen, „dass sie in Essen nicht willkommen sind.“ Um einen Überblick für alle Teilnehmenden zu gewährleisten, wird das Bündnis in den nächsten Tagen eine Aktionskarte zur Verfügung stellen, die sich zu Hause ausgedruckt werden kann.

Darüber hinaus wird es den ganzen Tag über von Perspektive Online einen Info-Ticker bei X und Telegram geben.

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